Tag 121 - Stonehenge (30.09.2024)
Von Lydeway Field nach Alderbury
Der Morgen begrüßt uns mit leichtem Regen, der uns nach einem Toilettengang bei James und Nicky im Haus schnell wieder ins Zelt treibt. Wir hören Nicky das Haus verlassen, bevor wir uns endgültig entschließen, aufzustehen. Drinnen treffen wir auf James, der uns ein Frühstück mit frischem Obst und Müsli anbietet, dazu gibt es köstliche Brombeeren aus dem eigenen Garten. Nicki schaut kurz vorbei und bietet uns wieder Tee an, bevor sie sich verabschiedet. Während wir unser Zelt abbauen, spielt Jumblo fröhlich um uns herum. Dann sehen wir den großen LKW, der heute auf dem Hof der Familie vorbei kommt, um einige Kühe abzuholen. James bezeichnete diesen Morgen gestern als “nicht normalen Morgen”. Jedes Jahr vor dem Winter verkauft er ein paar seiner Kühe, die geschlachtet werden. Für ihn ist dieser Moment besonders und schwer, denn die Kühe sind seine Freunde. Er trainiert die Kühe über lange Zeit, dass sie ihm am Ende so sehr vertrauen, dass sie ihm überall hin folgen. Heute morgen folgen einige ihm ein letztes Mal in den LKW… Anschließend kommt James zu uns und hilft uns beim Packen, füllt unsere Wasserflaschen auf und begleitet uns ein Stück des Weges. Der Boden ist aufgeweicht, und als Kyra einen Platten hat, müssen wir gleich zweimal flicken. Trotz dieser Verzögerung geht es weiter – über nasse Felder und durch immer tiefer werdende Pfützen. James schiebt uns an, denn mit seinen Gummistiefeln bekommt er keine nassen Füße. Michi kommt sicher durch die tiefe Pfütze, doch Kyra schafft es mit dem Schwung nicht ganz, fährt in ein Gebüsch und muss auftreten. Die Schuhe sind somit komplett nass. Dann ist es soweit und James muss sich verabschieden.
Die Felder hinter uns, folgen wir einem stetigen, aber nicht allzu steilen Anstieg. Doch plötzlich sehen wir eine rote Flagge – militärisches Sperrgebiet. Kalt erwischt bricht bei Kyra schlechte Laune aus. Erst der Platten, dann die nassen Füße, nun ein riesen Umweg, was für ein Morgen! Aber wir nehmen den Umweg, um die „Impact Zone“ zu vermeiden. Der Schotterweg führt uns nach wenigen Kilometern auf eine belebte Bundesstraße, auf der der Verkehr laut und unaufhörlich an uns vorbeirauscht. Nach ein paar Kilometern finden wir endlich einen schmalen Trampelpfad neben der Straße, der uns auf einen richtigen Fahrradweg führt. In der Ferne erkennen wir das „Royal Artillery Corps“ auf der anderen Seite des Sperrgebiets. Dies ist das Zuhause der Royal School of Artillery auf dem historischen Truppenübungsplatz Larkhill, wo seit über einem Jahrhundert britische Artilleristen ausgebildet werden. Der Lärm der Schüsse kann bisweilen so stark sein, dass in den umliegenden Häusern die Fenster zittern – James hatte uns das bereits am Morgen erzählt. Wir biegen auf einen holprigen Pfad ab, der uns direkt an ein Zeltlager führt. Hier, nicht weit von Stonehenge, haben sich Hippies, Neuheiden und allerlei schräge Gestalten niedergelassen. Zwischen den Wohnmobilen und Zelten können wir bereits die Umrisse der steinernen Riesen erkennen. Stonehenge erhebt sich imposant am Horizont – ein Anblick, der uns gleichzeitig ehrfürchtig und neugierig macht. Die Wärterin am Eingang, eine freundliche Frau, die von unserer Reise begeistert ist, rät uns, den „Touristenweg“ links zu nehmen, um einen guten Blick zu erhaschen, ohne ein Ticket kaufen zu müssen. „Spart euch das Geld“, meint sie lächelnd auf englisch. Gesagt, getan.
Wir schlängeln uns durch die Massen von Menschen, die mit Bussen angekommen sind, und finden eine ruhige Ecke. Gerade als wir ein Selfie machen wollen, blockiert ein deutscher Reisebus die Straße, alle steigen aus und schießen Fotos. Nachdem wir eine Lücke gefunden haben, genießen wir ein paar Scones und machen schließlich unser Selfie. Von Stonehenge aus fahren wir weiter über hügelige Straßen mit schönen Aussichten.
Die Zeit verfliegt, und nach einigen Anstiegen erreichen wir schließlich Salisbury. In der Stadt besorgen wir uns eine Gaskartusche für den Kocher und einen Snack bei Lidl. Obwohl das Premier Inn verlockend aussieht, bleiben wir standhaft und verlassen die Stadt, um nach einem Schlafplatz zu suchen. In einem Waldstück finden wir einen abgelegenen Platz, um unser Zelt aufzuschlagen. Es gibt Toast und den letzten Käse von Sara. Über uns funkeln die Sterne, und wir beenden den Tag in frostiger, aber friedlicher Stille. Gute Nacht!