Tag 127 - Chaussée de Jules César (06.10.2024)

Von La Bellière nach Jouy-le-Moutier

Noch vor dem Sonnenaufgang grast etwas neben uns, und Kyra weckt Michi mit der Frage: „Hörst du das? Ist das eine Kuh?“ Michi bejaht schläfrig, doch beide schlafen wieder ein. Ein paar Regentropfen fallen vom Himmel, obwohl es eigentlich nicht regnen sollte. Zum Glück liegen wir unter Bäumen und bleiben nahezu trocken – sogar das Außenzelt ist trocken, eine seltene Überraschung. Liegt es am leichten Wind oder der Rettungsdecke unter uns? Wir bleiben liegen, bis die Sonne langsam aufgeht. Doch als wir ein undefinierbares Geräusch vom Feld neben uns hören, stehen wir rasch auf und bauen unser Zelt ab. Nun sind wir auf der Suche nach einer Bank, um zu frühstücken. In der Nähe gibt es leider keine französische Bäckerei. Die erste Bank ist direkt um die Ecke, aber wir wollen vorher noch ein paar Kilometer schaffen. Bei leichtem Regen geht es sanft auf und ab. Bald finden wir eine Bank-Tisch-Kombination unter einem majestätischen Baum, perfekt geschützt vor dem mittlerweile stärkeren Regen. Die Atmosphäre ist traumhaft – wir beobachten das Erwachen des alten Dorfes Ménerval, während die herbstlichen Farben die Landschaft in warmes Licht tauchen. Eine Frau spaziert vorbei, wünscht uns einen schönen Morgen, macht ein Foto und kehrt um. Wir packen unser Frühstück aus und ziehen Regensachen an, bevor wir weiterfahren. Die Route führt uns entlang des Radwegs V16, bergab nach Gournay-en-Bray.

Komoot schlägt uns eine Abkürzung über die „Route de Paris“ vor, die wir annehmen. Unterwegs zählen wir fünf Fleischereien, doch ein Bäcker lässt auf sich warten – bis wir endlich einen entdecken und uns mit Croissants und weiteren Leckereien eindecken. An einer Parkbank genießen wir das süße Frühstück. Zurück auf dem Fahrradweg, geht es etwa drei Kilometer moderat bergauf, bevor wir durch Felder und sanft hinunter in die Stadt Gisors rollen. Eine weitere Komoot-Abkürzung führt uns überraschend auf eine große Bundesstraße, und wir müssen den steilen Hügel „Mont de Magny“ erklimmen. Vom schnellen Verkehr mitgerissen, fahren wir in hoher Geschwindigkeit durch mehrere Kreisverkehre. Bei Lierville verlassen wir die Hauptstraße kurz und gönnen uns eine Mittagspause mit Baguette, Käse, Wurst, sowie Gurken und Tomaten vom Vortag. Wir sitzen auf weißen Straßenbegrenzungen, während wir uns stärken. Weiter geht es über eine kleinere, aber nicht weniger befahrene Straße bis nach Commeny, wo wir plötzlich auf der alten „Chaussée de Jules César“ fahren. Der Weg besteht nur noch aus Wiese, die in einen Schotterpfad übergeht, während es erneut regnet. Eine Infotafel erklärt uns auf Französisch den Aufbau der alten Straße. Wir folgen dem matschigen Weg, bevor es steil bergab geht. Emil, der Elias folgt, wird vom Schmutz völlig eingesaut – ebenso Kyra. Doch bald sind wir zurück auf einem Radweg, der uns weiter in Richtung Paris führt.

Kurz vor unserem Tagesziel geht es nochmal bergauf, und wir verfahren uns in einem Kreisverkehr. Doch bald finden wir den richtigen Weg, als Emil plötzlich einen Platten hat. Kyra rutscht fast in einer scharfen Kurve aus, aber Drahtesel und Reiterin fangen sich im letzten Moment. Den Platten flicken wir morgen, denn nur wenige Meter trennen uns von Caroline und Denys’ Haus. Denys erwartet uns bereits an der Straße, da er unseren Standort live verfolgt hatte. Er begrüßt uns herzlich und führt uns ins Haus. Denys spricht sehr gut Deutsch, da er in einem internationalen Unternehmen arbeitet, und seine Frau Caroline empfängt uns ebenso freundlich. Wir bekommen ein wunderschönes Zimmer unterm Dach mit eigenem Bad – Luxus! Nach einer heißen Dusche gehen wir hinunter in die Küche, wo ein köstliches Essen auf uns wartet: Kartoffeln mit französischem Käse. Zum Nachtisch gibt es selbstgebackenen Apfelkuchen, so lecker, dass wir zu viert den ganzen Kuchen aufessen. Nach einem langen und gemütlichen Gespräch verabreden wir uns für den nächsten Morgen zum Frühstück. Denys hat versprochen, uns frische Croissants zu besorgen, da er von unserer Liebe zu ihnen erfahren hat. Satt und dankbar kuscheln wir uns ins Bett. Gute Nacht!