Von Rückenschmerzen und Schaltungen - Tag 1

Die Nacht war kurz und zu allem Übel haben wie am Vorabend noch Halsschmerzen bekommen, aber es war alles gepackt und die Wohnung geputzt. Der Wecker klingelt noch lange nicht und doch stört eine leise, kratzige Stimme die Stille: „Kyraaa… Kyraaa… hast du auch so Halsschmerzen? Soll ich Tee machen?“ Ein Nicken unter hochgezogener Decke sagt mehr als jedes Krächzen. In Gedanken steht Michi auf, wirft sich galant ein T-Shirt über und setzt Wasser auf. Doch, wie der Titel erahnen lässt, weit gefehlt. Der Rücken sticht so, dass er ins Bett zurück rollt…– wie auch immer – verlegen oder verrissen, egal. Irgendwie ins Bad duschen und Tee aufsetzen. Nach 45 Minuten ist der erste Schock vorbei und wir sitzen schweigend mit Tee am Küchentisch. Vor uns liegen zwei Corona-Schnelltests. NEGATIV! Die Reise kann beginnen. „Schnell“ werden die Wasserflaschen gefüllt und unsere Taschen an die Straße gestellt. Emil und Elias bekommen erneut eine Gewebeband-Kur an den Gepäckträgern, wir hängen die Taschen an und fahren los.

Die Emder Zeitung lichtet uns nochmal bei den drei Delftspuckern ab (danke für das schöne Foto!) und wir verlassen Emden. Zur Entlastung Michis Rückens hängen wir uns nochmal an das Stadtschild. Es ist fast so, als würden wir zu einem unserer Tagesausflüge aufbrechen, nur mit etwas mehr Gepäck. Der Kopf begreift es noch nicht und der Körper will es scheinbar nicht, aber wir sind nun die längste Zeit von Emden weg, seit wir das Studium begonnen haben. Das ist schon verrückt, oder? Zum Glück half uns auf den ersten km eine Motivation, die immer zieht – das Wetter! So unglaublich schön und gnädig. Ein Sonne-Wolken-Mix, der einem ein Lächeln ins Gesicht zaubert und Wind, der uns anzuschieben versucht.

So geht es vorbei an alten Windmühlen und modernen Windrädern. Doch schnell wird klar „meine Schaltung will nicht mehr richtig“. Emil lahmt… Mal geht der Gang, mal nicht, mal ein anderer. Es scheint verhext und um es am ersten Tag in Eigenregie am Ende nicht zu verschlimmbessern, suchen wir eine Werkstatt. Es ist Samstag und diese ist bereits geschlossen. Da kommt ein Herr freundlich lächelnd mit Fahrrad-T-Shirt von der anderen Straßenseite. „Was braucht ihr denn?“ Im Nu wird Emil mit viel Feingefühl geholfen. Die Schaltvorgänge erneut butterweich und gratis dazu gab es Tipps sowie ein großes Lob an Emil und Elias – er hätte sie nicht anders gebaut. Bezahlt wurde mit einer Tafel der Schokofahrt. Wir sind so beschwingt, dass wir gleich 500 m weiter in den Urwaldhof auf je ein Kaltgetränk einkehren. Ein Radler, pardon Alsterwasser war, wie auch die Spezi, bei dieser Wärme herrlich erfrischend. 

Weiter geht es durch die Getreidefelder und der Fahrtwind kühlt uns angenehm trotz der Anstrengung. War ja klar… Sonnenbrand, trotz der Creme. Darum sollte man immer nachschmieren, zumindest anfangs. Anfängerfehler, ärgerlich, aber hält uns nicht auf! So fliegen wir etwas errötet am Jadebusen vorbei. Bei einer Bude werden noch schnell ein Fischbrötchen und Kuchen verspeist. Urlaub halt, genießen, solange man es kann. 

Die letzten Kilometer nach Nordenham ziehen sich und so langsam wäre es Zeit anzukommen. Dann ist es soweit. Kyras Großtante steht freundlich grüßend an der Straße und serviert uns sogleich ein traumhaftes Abendessen. Es gibt Puten-Gyros mit Nudeln und ordentlich Soße, dazu Salat, alkoholfreies Bier und Salbei-Tee des Halswehs wegen. Auch zwei große Kugeln Eis, ganz klassisch Vanille und Schokolade dürfen nicht fehlen. Doch nun freuen wir uns nur noch auf die Dusche und ein schönes Bett! Gute Nacht!