Tag 27 - Hull! Pumpenkontrolle (28.06.2024)
Von Great Limber nach Beverly
Wir wachen zeitig auf. Die Vögel singen und Kyra will gar nicht aus dem Schlafsack kommen. Es ist kalt und windig, aber trocken. Nunja verglichen mit den letzten Tagen ist es kalt. Tatsächlich haben wir ca. 17 °C. Beim Einpacken fliegt das Zelt fast weg und anschließend das Tarp. Wir entscheiden uns, etwas windgeschützt, den Weg zurück zu frühstücken. Mhmm, warme Milch mit Cranberries, Bananen und etwas Getreide, zu Streifen gepresst. Verfeinert mit Zimt ist es köstlich. Dazu gibt es Kaffee. So sitzen wir entspannt, grüßen noch nette Hundebesitzer und Spaziergänger und genießen den Ausblick über das Land. Dann geht es weiter gegen den Wind und auf Rasen.
Hügel rauf und runter und rauf und runter und… “ein Selbstbedienungscafè!”, ruft Kyra voller Freude. Wir sind zwar gerade erst los, aber liegen gut in der Zeit, also nichts wie rein. Lokales Eis, Chips, Eier und Honig. Michi entscheidet sich für Eis und Kyra für Chips, dazu kaufen wir noch Eier für Pfannkuchen. Zusammen kostet alles 6 Pfund, was wir in das Kassenbuch eintragen und bezahlen. Zudem hinterlassen wir noch einen netten Gruß, bevor wir uns draußen hinsetzen und das Eis genießen. Es schmeckt köstlich! Natürlich können wir uns nicht zurückhalten und probieren gleich darauf auch die Chips. Ebenfalls großartig! Nachdem wir fertig geschlemmt haben, steigen wir auf Emil und Elias und fahren weiter, nun auf befestigter Straße.
Wie auf einer Achterbahn geht es runter und wieder hoch. Wir schaffen es häufig mit Schwung ohne viel zu treten erneut auf die andere Seite und können so unsere Kräfte ein wenig schonen. Zwischendurch kreuzen wir kleine Ort oder kleinere bis größere Straßen. Als wir auf einer Anhöhe stehen, sagt Kyra: “Ich halte Ausschau nach der Brücke, die müsste doch jetzt eigentlich langsam vor uns… Da!” Direkt vor uns, nur ein paar Kilometer entfernt, sehen wir die Humber Bridge, welche über den Humber führt. Die Brücke war nach ihrem Bau die längste Hängebrücke der Welt. Noch heute zählt sie mit einer Mittelspannweite von 1410m zu einer der längsten Hängebrücken der Welt. Entspannt lassen wir Emil und Elias rollen und düsen mit hoher Geschwindigkeit in die Stadt Barton-upon-Humber. Schnell ist die Brücke erreicht. Es gibt auf beiden Seiten einen Fuß- und Radweg über die Brücke, doch genau die Ostseite, für welche sich Komoot entscheidet, ist gesperrt. Also wieder die kleine Anfahrt, die uns zur Brücke führen sollte, zurück auf die andere Seite und erneut hoch. Zum Glück ist die Steigung angenehm und so fahren wir an einem Restaurant vorbei die Brücke empor. Das Restaurant sieht so gut aus, dass unsere Mägen anfangen zu knurren. “Wollen wir auf der anderen Seite Mittagspause machen und etwas essen?” fragt Michi. “Klar!” antwortet Kyra zufrieden. Auf der Brücke kommen uns Kinder entgegen, die die LKWs anfeuern zu hupen. Immer wieder hören wir ein lautes “Tuuuuut” und als wir uns nähern, klingeln wir, woraufhin die Kids voller Freude lachen.
Auf den knapp 2 km über die Brücke treffen wir noch zahlreiche andere Fußgänger*innen, die die Aussicht sichtlich genießen. Nur der Wind, der scheint für einige recht unangenehm. Als das Ende der Brücke näher kommt, werden die Autos aufgefordert Maut zu bezahlen und wir dürfen entspannt vorbei rollen. Am Ende der Brücke und im Humber Bridge Country Park angekommen finden wir eine Bank, die wir sogleich ansteuern. Es soll Reis mit gemischten Bohnen zum Mittagessen geben. Kyra schneidet die Tomaten und Michi kocht den Reis. Auf Radtouren schmeckt einfach alles himmlisch. Wir genießen unser Essen und quatschen über alles mögliche. Als wir gerade abgespült haben und die Sachen verstauen möchten, sieht Kyra die Milch. “Sollen wir noch Pudding zum Nachtisch machen?” fragt sie. “Klar, warum nicht?” meint Michi und versucht sofort, den Kocher wieder anzumachen, doch… Irgendetwas stimmt nicht. Es scheint nicht genug Benzin anzukommen. Michi versucht alles, doch keine Chance. Er baut den gesamten Kocher außer einander, reinigt alle Einzelteile, baut den Kocher wieder zusammen und… Nichts! “Das gibt’s doch nicht!” sagt er laut. Wir führen das ganze Spiel von vorne durch und am Ende basteln, reinigen und reparieren wir ganze 4 Stunden. In der Zwischenzeit werden wir mehrmals angesprochen. Roy zum Beispiel ist heute, aufgrund seines Alters, mit dem E-Bike unterwegs. Er fährt anscheinend fast täglich und das viele Meilen. Er ist begeistert und setzt sich kurze Zeit zu uns. Viele andere fragen lediglich, wo wir hinfahren und woher wir kommen, doch alle sind begeistert und sehr freundlich zu uns. Als wir noch immer mit dem Kocher hantieren, kommt plötzlich die Security auf uns zu: “Is everything alright?” fragt der Mann. Er hat uns auf Kamera gesehen und sich gewundert, dass wir bereits seit ein paar Stunden hier sitzen. Wir erklären ihm unser Problem und er erwidert, wir können so lange hier bleiben, wie wir möchten. Wir bedanken uns und er fährt ein paar Meter weiter. Dort kommt ein zweites Security-Auto hinzu und die beiden unterhalten sich von Autofenster zu Autofenster. Zwischendurch schauen sie sich immer zu uns um. Etwas gruselig, wenn man so beobachtet wird… Doch wir haben keine Zeit uns groß damit zu beschäftigen, denn wir haben es geschafft! Der Kocher, auch von uns “Drache” genannt, läuft wieder.
Zwar mit Gas und nicht Benzin, aber immerhin. Nun freuen wir uns richtig auf den Pudding, doch zunächst kocht die Milch über und dann wird der Pudding nicht fest. Was ist nur heute los? Als trinken wir das Milch-Pudding-Gemisch und packen alles ein. Kurz bevor wir los wollen kommen zwei andere Radreisende die Brücke herunter geschossen. Josh und Andrew sind das erste Mal unterwegs. Sie wollen nun noch circa 2 h zur Küste fahren und dort ihre erste Wildcamp-Nacht verbringen. Wir tauschen uns kurz übers Wildcampen aus und machen den beiden Mut. Da wir erst noch ein Stück in den Norden fahren, trennen sich unsere Wege und wir schwingen uns nach über 5 Stunden endlich wieder auf die Drahtesel. Wir kommen nicht weit, denn vor uns taucht ein Supermarkt auf, dem wir noch einen Besuch abstatten. Hull ist größer als gedacht und so fahren wir eine ganze Weile durch die Stadt. Es wird immer später. “Mist, nach Hull kommt eigentlich direkt Beverley“, stellt Michi mit Blick auf sein Handy fest.
Und tatsächlich tun wir uns schwer einen Schlafplatz zu finden. Ein Umweg auf einem Wanderweg bringt uns auch nicht weiter. Die auf Google Maps gesehene Stelle sieht heute ganz anders aus und in der Nähe sind Bauernhöfe. Somit entscheiden wir uns ganz spontan, auf einen Campingplatz zu gehen. Ein kurzer Anruf durch Kyra sichert uns einen Zeltplatz und binnen weniger Minuten erreichen wir ihn bereits. Ein freundlicher Mann, circa in unserem Alter, begrüßt uns. Nach einem kurzen Gespräch bekommen wir sogar etwas Rabatt und freuen uns über die angepriesene heiße Dusche. Zunächst gibt es Reste-Essen im wunderschönen Sonnenuntergang und anschließend ist Michi für eine ganze Weile verschwunden, während Kyra sich duscht, abwäscht und Wäsche macht. Als sie wiederkommt liegt Michi im Zelt: “So lange warst du duschen?!” stellt sie verdutzt fest. “Ja!” lacht Michi aus dem Zelt “und ich habe entschieden nun zu schlafen. Der Blog ist morgen dran.” Nun lacht auch Kyra. Sie hängt noch schnell die Wäsche auf und kommt, als es bereits dunkel ist, ins Zelt gekrochen. Einen Wecker stellen wir ausnahmsweise nicht, denn auf dem Campingplatz können wir ohne Sorgen entdeckt zu werden ausschlafen und das wollen wir nutzen. Gute Nacht!