Tag 28 - Küste, die begeistert! (29.06.2024)

Von Beverley nach Buckton

Am Abend sagte Kyra noch zu Michi: “Du wachst bestimmt eh vor 7 Uhr auf” und nun ist es bereits nach 8 Uhr. Draußen regnet es und die Kühe auf der Weidefläche neben dem Campingplatz muhen laut. Wir wachen langsam auf und haben den Schlaf anscheinend sichtlich gebraucht. Durch den Regen demotiviert, bleiben wir noch etwas im Zelt liegen und genießen die Zeit. Der Regen prasselt laut und weckt bei uns ein beruhigendes Gefühl, zumindest, wenn alle Sachen im Trockenen hinterlegt sind. Dafür hatte Kyra in der Nacht zum Glück gesorgt. Für eine gute Belüftung lassen wir die Zelteingänge nachts offen, was uns diese Nacht fast zum Verhängnis hätte werden können. Kyra war von den ersten Tropfen aufgewacht und hat alle Sachen, wie z.B. Schuhe, in Sicherheit gestellt, bevor sie selbst schnell auf Toilette gerannt ist. Nur unsere Wäsche hing über Nacht draußen, aber diese war ja sowieso nass. Von der Nordkap-Tour haben wir mit nasser Wäsche viel Erfahrung und wissen, dass diese am besten im Wind auf dem Fahrrad trocknet oder wenn es doof läuft, am warmen Körper. In einer Regenpause ziehen wir uns an, packen alles zusammen und verlassen das Zelt. Leider fängt es immer wieder an zu regnen und somit packen wir das Zelt im Regen ein. “Gut, dass wir diesmal ein zweites Paar wasserdichte Schuhe dabei haben!” stellt Kyra fest “die Klicker-Schuhe wären bei dem nassen Rasen und leichten Regen bereits komplett durchnässt”. Michi stimmt freudig zu, während wir mit den Drahteseln zum Waschhaus rollen, um unser Wasser aufzufüllen.

Zähne wollen wir später, nach dem Frühstück, putzen, da der Mann vom Campingplatz zu uns sagte, dass in Beverley samstags Markt ist. Beverley ist nur 2 Kilometer entfernt und somit schnell erreicht. Die Stadt gefällt uns auf anhieb: “So habe ich mir englische Städte vorgestellt”, sagt Kyra vergnügt. Auf dem Markt ist allerhand los und während Michi auf Emil und Elias aufpasst, geht Kyra auf Erkundungs-Tour. Bei einem Stand mit Fleischpasteten ruft sie Michi an, um abzuklären welche sie mitbringen soll. In jedem Land möchten wir die regionalen und traditionellen Speisen ausprobieren. Kyra kauft drei Meat Pies und kommt zudem mit Erdbeeren und Pfirsichen zurück. Sogleich probieren wir und sind so gar nicht begeistert. Kyra schmecken die Meat Pies gar nicht und auch Michi hat bei der Fettmenge Probleme. “Da muss ich an Sweeney Todd denken”, schüttelt sich Kyra. Wir schaffen die Meat Pies nicht auf und packen diese für später ein. Die Erdbeeren werden hingegen schnell verputzt, genauso wie ein noch nicht reifer Pfirsich.

“Ein Kaffee wäre noch toll”, meint Michi und somit schieben wir die Drahtesel in die Richtung, aus welcher Personen mit Kaffeebechern kommen. Nicht weit die Straße runter werden wir fündig. Bei Gemini und Chocolate gibt es Eis, Kaffee und Schokolade, die perfekte Mischung! Der Laden sieht sehr einladend aus und wir werden freundlich begrüßt. Wir bestellen zwei Affogato, während uns der Freund der Kellnerin anspricht. Er war für ein Jahr in München als Erasmus-Student und freut sich sehr mit uns deutsch zu reden. In München hat er Germanistik studiert und möchte Dolmetscher werden. Leider hat er bisher keinen Job in dem Bereich gefunden, aber er ist hoffnungsvoll. “An Sprache fasziniert mich so, dass man mit einer Fremdsprache eine zweite Persönlichkeit formen kann. Das gefällt mir”, erklärt er uns. Nach kurzer Zeit muss er jedoch weiter und wir haben unseren sehr leckeren Affogato aufgegessen. “Ich bestelle mir noch eine heiße Schokolade!” sagt Michi überzeugt. Kyra geht währenddessen in die gegenüberliegende Kirche, da uns der Hinweis gegeben wurde, dass hier der Hase von Alice im Wunderland versteckt ist. Sie geht den beschriebenen Weg und entdeckt ihn! Tatäschlich findet sie den, wie ein Pilgerer gekleideten, Hasen. Auf einem Schild steht, dass genau dieser Hase Lewis Carroll zu dem Weißen Hasen in Alice im Wunderland inspiriert haben soll. Wie spannend! Als Kyra zurückkommt, trinkt Michi gerade genüsslich seine 100 % heiße Schokolade und hat für Kyra noch 3 kleine Schokolade-Pralinen bestellt. Eine naschen wir sofort und die anderen beiden bewahren wir uns für später. Lecker! Nach einigen köstlichen Momenten fahren wir weiter. Wir möchten heute die Küste erreichen.

Wir verlassen Beverley und finden uns sogleich inmitten der Natur wieder. Nur kleine Orte, wie Cherry Burton, welches uns sehr gut gefällt, liegen auf unserer Strecke. Wären wir gestern noch ein kleines Stück weitergefahren, hätten wir prima etwas zum Wildcampen gefunden, aber der Tag hat nunmal nur 24 Stunden. Gerade wird durch ein Straßenschild auf Enten hingewiesen, da fahren wir an einem kleinen Teich vorbei. Elias springen drei Entenküken vors Fahrrad, doch zum Glück bremst er schnell ab. Überall sind Gänse, Enten und deren Küken. Und da in der Mitte des Teichs, schwimmt ein Krokodil? Da hat sich anscheinend jemand einen Spaß erlaubt. Auch heute sehen wir allerhand Rennradfahrer*innen, die uns entweder überholen oder uns entgegen kommen. Ein Mann sehen wir gleich mehrmals. Beim dritten Mal fährt er von hinten an uns heran und erzählt, dass er sich verfahren hat, obwohl er gerade einmal 6 Meilen von zu Hause entfernt ist. Er stellt sich als Colin vor und ist 79 Jahre alt. Respekt! Mit seinem Fahrrad ist er so schnell unterwegs, dass wir fast Probleme haben dran zu bleiben. Gemeinsam fahren wir einige Kilometer, bevor er sich verabschiedet und noch eine Fish and Chips Bude in Bridlington empfiehlt.

Für uns geht es nun einen Hügel hinauf. Kurz bevor wir oben ankommen, feuert uns eine Hundebesitzerin noch an mit “You are almost there” und tatsächlich wir haben es geschafft! In der Ferne sehen wir die Küste und das blaue Meer. Es raubt uns fast den Atem, so schön! Nach weiteren kleinen auf und ab fahren wir mit hoher Geschwindigkeit hinunter nach Bridlington. Dort angekommen durchqueren wir die Stadt und suchen die uns empfohlene Bude. Zunächst treffen wir jedoch auf vier Rennradfahrer, die uns kurz vorher überholt hatten. Dave, David, Steve und Phil sind einmal durch England gefahren, von Küste zu Küste (West-Ost). Hierfür haben sie 3 Tage gebraucht und freuen sich jetzt auf die warme Dusche in ihrer gebuchten Unterkunft. Doch zuvor macht Michi noch ein Foto für sie vor dem entsprechenden Schild, welches deren Tour darstellt. Für uns geht die Fish and Chips suche weiter. Als wir den Laden gefunden haben, schließt dieser gerade. Mist! Somit suchen wir uns ein nettes Fleckchen mit Blick auf das Meer und essen unsere Reste auf.

Inzwischen ist es bereits so spät geworden, dass unsere Schlafplatzsuche beginnen kann. Auf dem Handy machen wir einen Wanderweg aus, der direkt an die Steilküste führen soll. Vielleicht finden wir dort etwas? Wir nehmen die letzten 10 km in Angriff und rollen auf den entsprechenden Weg. Durch ein Gatter und etwas holprig fahren wir erneut der Küste entgegen. Was für ein Blick! Wir holen die Kamera heraus und finden sofort wonach wir suchen: Papageientaucher! Wunderschön! Wir sind direkt total begeistert. Manchmal kann Radreisen anstrengend sein und an den Nerven reiben, aber in solchen Momenten, fühlt man sich vom Leben einfach nur verwöhnt. Was ein Glück wir haben! Da Regen aufzieht packen wir die Kamera jedoch leider wieder schnell weg und suchen eine geeignete Stelle zum Schlafen. Den Wanderweg etwas weiter werden wir fündig und bauen das Zelt auf. Bei Regen verschwinden wir in dieses und übertragen Bilder. Während Deutschland mit 2:0 ins Viertelfinale einzieht, werden diese Zeilen im trockenen Zelt geschrieben. Gute Nacht!