Tag 49 - Himbeeren (20.07.2024)
Von Udny Station nach Whitehills
Platsch… Patsch, patsch, patsch. Schmatzen, Schnauben. „Baffboaff! Baff!” Es ist kurz nach Mitternacht und wir sind hellwach. Ein Reh ist mehr als erstaunt und empört, dass wir seinen Platz mitnutzen. Noch einmal bellt es. “Das ist ein Reh. Wir bleiben hier und gehen nicht weg!”, schreit Michi durch den Zeltstoff in die finstere Nacht hinaus. Es eilt davon und wir sind sehr froh, dass es sich nicht für die Richtung der Esel entscheidet. Erneut schlafen wir ein und erwachen gegen 7 Uhr. Eine Hundehalterin wünscht uns einen guten Morgen. Wor grüsen zurück. Der Hund ist nicht sonderlich erfreut über das Zelt auf seiner Route und bellt es so lange an, bis wir unsere Köpfe herausstrecken. Dann packen wir zusammen und folgen der alten Eisenbahnlinie. Rasant geht es vorbei am alten Bahnhof in Udny Station und Ellon entgegen. Ein Jogger läuft unglaublich schnell die Bahntrasse entlang. Beeindruckt und anerkennend recken wir den Daumen, als wir ihn überholen können. Auf einmal steht der halbe Weg immer wieder unter Wasser. Zwei Frauen wandern uns entgegen und lassen uns zum Glück den Schwung mitnehmen, um durch das Geröll und die tiefen Pfützen zu manövrieren. “Mein Bauch hat Huuuunger!”, sagt Kyra mit einer gespielt wehleidigen Stimme. Michi ergeht es ebenso und stimm mit “meiner auuuuch” mit ein.
Also fackeln wir nicht lange und schnappen uns die erstbeste Parkbank mit Tisch in Ellon. Ein Müsli, einen Kaffee, eine kleine Operation (Nagelbettentzündung bei Michi) und ein paar nette Gespräche sowie etwas im Blog schreiben später machen wir uns erneut auf. Michi telefoniert mit einem alten Schulfreund, während es aus Ellon hinaus zurück auf den Schotter der Bahntrasse geht. Er wandert gerne und ist ebenso gerade mit seiner Freundin in der Vorbereitung eines Abenteuers. Wir freuen uns auf alle Fälle schon wieder auf schöne Bilder aus den Bergen (@gipfel_gespann). Während Michi quatscht und quatscht nutzt Kyra die Zeit, um die Umgebung etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Siehe da, der Weg ist gesäumt von wilden Himbeeren. Also anhalten und, da fast alle reif sind, nach Herzenslust schlemmen. Michi bekommt auch ein paar ab. Als die Hänge abgegrast sind, geht es weiter uuuund nochmal stehen Büsche voll saftig roter Himbeeren links und rechts. Während Michis Gespräch so langsam in den letzten Zügen ist, vertieft sich Kyra in eine Unterhaltung mit einem anderen Radfahrer. Ken aus Aberdeen ist begeistert von der Tour. Er fährt selbst viel Rad und ist beruflich auch in Lappland, Finnland, unterwegs. So hat man sofort einige Themen zu besprechen. Auch Michi steht nun mit dabei und zeigt die geplante Route auf dem Smartphone. Wie es leider immer bei guten Gesprächen ist, verfliegt die Zeit förmlich und Ken muss weiter auf seiner Rundtour. Wir müssen ebenso los, wollen wir heute doch noch an die 80 km fahren. Also auf den Sattel, noch eine Himbeere und dann trennen sich unsere Wege. Doch Emil hat keine Lust mehr und legt sich in die Brennnesseln, sodass Kyra und die Himbeeren im Becher herunterpurzeln. Zum Glück ist alles gut gegangen. Der Esel wird aufgerichtet und ein paar Meter weiter putzen wor beide Esel etwas und ölen nach. In Maud verlassen wir die Bahntrasse nach Westen, um erneut dem EuroVelo bzw. der NCN 1 zu folgen.
Hügel und Schafweiden begleiten uns und immer wieder ereilen uns Regenwolken. Doch die Schauer sind zumeist nur von kurzer Dauer. Dafür, dass es den ganzen Tag regnen sollte, ist es super. So folgen wir dem Fluss Deveron in Richtung Küste. Heute wollen wir endlich im Meer baden. Wir fantasieren von Sonnenschein und Sandstränden. Doch es sieht definitiv nach mehr Regen aus. Alsbald sausen wir hinab nach Banff.
Schnell noch zu Co-Op und dann Pippi sowie Wasser auffüllen. Wir verspeisen ein Stieleis im Regen vor den alten öffentlichen Toiletten von Banff. So schön Wildblumen auf einer üppigen Rasenfläche davor bunt erblühen, so sehr müssen wir auf unser Eis aufpassen. Gierige Blicke der kreischenden Möwen sagen nur eins. “Meins, meins, meins!” Doch zwei von ihnen interessieren sich aus einem anderen Grund für uns. Ihr Junges sitzt unweit von uns im grauen Federkleid auf dem nassen Rasen. Noch unfähig zu fliegen pickt es auf der Suche nach Nahrung im Moos neben dem undichten Ablauf einer Dachrinne. Wir streifen uns die Regenjacken über und rollen in Richtung Strand. Tadaa, wir sind auf dem EuroVelo 1. Die ersten Flächen sind belegt, doch nach einem Caravan-Park klappt es. Schnell sind im stärker werdenden Regen das Zelt aufgebaut, die Esel angeschlossen und das Schwimmen im Meer vergessen. Bevor wir ins Zelt hechten, sprechen wir noch mit einer Familie über die Reise. Doch dann wird es uns allen zu nass und langsam auch dunkel. Mit einem “Zrrrrrt!”, schließt sich unsere “Haustür” und wir hängen die nasse Kleidung überall hin, wo Platz ist. Dann heißt es noch ein letztes Mal raus Pippi machen und gute Nacht.