Profile von Radreisenden

Tiko

Mit 19 Jahren alleine durch Europa

Tiko fuhr mit 19 Jahren alleine ab Berlin einmal quer durch Deutschland. Seine Route führt ihn über die Niederlande durch Amsterdam, Richtung Belgien über Brüssel nach Luxemburg. Von dort ging es nach Paris über Mont Sant Michel nach Bordeaux nach Spanien und Portugal. Wir trafen uns im Süden Portugals, in einem kleinen Ort in der Nähe von Zambujeira do Mar. Wir haben Tiko 10 Fragen gestellt:

Wie hast du deine letzte Reise finanziert und woher nimmst du die Zeit?

„Ich hab eine Dreijährige Ausbildung zum Ergotherapeuten gemacht. Bereits während des Unterrichts zu meiner Ausbildung habe ich mir Karten zu Europa ganz genau angeschaut. Mir wurde bewusst, wie wenig ich eigentlich von Europa kenne und habe mir gleich ein paar Punkte markiert. Schnell wurde mir klar, dass ich nach meiner Ausbildung eine Europareise machen möchte. Radreisen habe ich schon als kleines Kind mit meiner Familie unternommen. Es ist eine relativ günstige Möglichkeit zu reisen und somit super für junge Familien. Mit sechs Jahren fuhr ich zum ersten Mal mit meiner Familie auf Radreise an die Ostsee. Somit bin ich direkt nach der bestandenen Prüfung gestartet. Ich habe mir einfach die Zeit genommen und freigehalten. Mein Plan war es nach einem Jahr Europatour mit der Arbeit als Ergotherapeut zu beginnen. Damit ich mir ein Jahr Auszeit finanzieren kann, habe ich bereits während der Ausbildung jeden Monat einen Betrag von meinem Lohn zur Seite gelegt. So habe ich mir eine ordentliche Summe angespart, die für ein Jahr reichen sollte. Meine Reise war Low Budget. Im Durchschnitt habe ich neun Euro am Tag für Essen ausgegeben. Dennoch hatte ich einen PayPal-Spenden-Link.“

Wie sieht dein typischer Alltag auf Radreise aus?

„Meistens stehe ich gegen 7:00 Uhr auf. Meine Sachen räume ich als erstes zusammen. Abschließend trockne ich mein Zelt und baue es ab. Danach gibt es Frühstück. Bevor es schließlich los geht, checke ich noch einmal die Route des Tages und suche mir bestenfalls bereits einen Schlafplatz heraus. Dann fahre ich los. Jeden Tag gehe ich einmal einkaufen, meistens hab ich etwas später noch eine zweite Pause gemacht. Und den Rest des Tages bin ich gefahren. Normalerweise habe ich nirgendswo halt gemacht, um etwas zu erkunden oder sonstiges zu unternehmen. Zumindestens habe ich Städte vermieden. Abends am Schlafplatz angekommen, habe ich als erstes Wasser auf den Kocher aufgesetzt. Währenddessen wurde mein Schlaf-Setup aufgebat. Meistens hab ich auch dann zugleich telefoniert oder geNetflixt.“

"Auf meinem Lieblingsort."
Tiko Trojak

Reist du nah an den Menschen?

„Dadurch dass ich den ganzen Tag auf dem Rad sitze und nicht absteige, hab ich wenig Kontakt mit Menschen gehabt. Doch einen Kontakt hatte ich in Belgien. Ich baute mein Zelt auf dem Berg auf, und es fuhr ein Auto vor. Ich dachte ‚Oh nein, ein Bauer, der mich wegschicken wird‘. Doch es war ein Zivilist, der einfach nur schauen wollte, wie man von dort aus Paragleiden kann. Wir kamen ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass er auch schon auf Radreisen war: Von Belgien bis nach Asien. Er lud mich zu sich nach Hause ein, wo seine Familie bereits wartete. Dort hatte ich auch meine erste Dusche nach elf Tagen. Ich durfte sogar einen Ruhetag einlegen und bin mit der Familie gemeinsam die Gegend erkunden gegangen. Rad reisen lernt mich, einen Gang runter zu schalten. Ich hab gern Druck unter den Pedalen und schrubbe Kilometer. Das ist aber nicht der Sinn einer Reise, was ich erst zu spät gemerkt hab. Einfach entspannt machen. Mehr Pausen machen und mehr genießen.“

Was ist dein Lieblingsessen auf Radreise?

„Also wenn ich jetzt was kann, dann ist es Nudeln kochen. Bei mir gab es von den 68 Tagen 60 Tage Nudeln mit Tomatensoße oder Ketchup. Also: Wenn jemand Rezept-Ideen braucht, dann bin ich das! Tatsächlich dachte ich vor der Reise, dass ich mir am Abend einfach Nudeln in eine Brotbox abfüllen werde, die ich am nächsten Tag zum Mittagessen genießen kann. Die Brotbox hab ich am Ende nicht einmal benutzt. Somit war es mein kuriosester Gegenstand. Ich hab schon einige Erfahrungen gesammelt und konnte dadurch gut abschätzen, was ich brauch und nicht brauch. Ich wollte sehr leicht unterwegs sein.“

Was war dein schönstes Erlebnis?

„Ich hab einige schöne Schlafplätze gehabt, die alle irgendwie atemberaubend waren. Doch ich glaub einer meiner schönsten oder der schönste Momente und Erlebnisse war, als ich relativ am Ende meiner Tour drei Tage mit jemand anderem unterwegs war. Ich konnte alles sofort mit jemandem teilen und sogar eine Rückmeldung bekommen bzw. eine Reaktion. Diese Erfahrungen mache ich nicht, wenn ich alleine bin und meine Erlebnisse nur über Instagram teilen kann. Wir hatten zusammen einen wunderschönen Abend in Ruinen am Wasser. Dort haben wir unser Zelt aufgeschlagen. Die Natur schenkte uns einen atemberaubenden Sonnenuntergang. Der andere Radreisende spielte Ukulele und wir sahen am Abend sowie am Morgen Delfine im Wasser springen. Der Morgen war ebenfalls wunderschön, als der ganze Himmel feuerrot war.“

Tut dir manchmal etwas weh?

„Ich hab schon einige Zeit davor auf dem Rad verbracht. Doch irgendwie muss mir durchs Gepäck die Höhe von meinem Sattel verrutscht sein, weshalb ich lange Zeit Knieschmerzen hatte. Mein anderes Problem war, dass ich schon mit Husten und nicht mit kompletter Gesundheit in die Tour gestartet bin, was sich im Laufe der Zeit immer verschlechterte. Der Husten ließ zwar nach, aber dafür war mein Ohr komplett dicht. Ich hörte auf dem linken Ohr am Ende nichts mehr und musste somit zweimal einen Ohrenarzt aufsuchen. Dies war wahrscheinlich auch ein Grund, weshalb ich die Tour leider vorzeitig beendet habe. Aber da gehören viele andere Gründe dazu, die ich alle gar nicht aufzählen kann und selber gar nicht weiß.“

Was war deine schlimmste Panne? Hast du Versicherungen?

„Das einzige was ich hatte, sind vier Platten. Ich bin zweimal gestürzt und habe dadurch ein paar Kratzer bei einigen Stellen am Rad. Ich hatte Ersatzspeichen dabei und einiges, um das Rad zu reparieren. Ich weiß, wie ich mein Rad repariere. Ich kann es fast komplett alleine auseinander bauen. Ich hab eine Auslandskrankenversicherung von Hanse Merkur die mich für ein Jahr ein bisschen mehr als 800 € gekostet hat. Man muss drauf achten, dass viele Auslandskrankenversicherung nur für 53 Tage Reise am Stück sind. Zudem habe ich mich viel mit Fahrrad-Versicherungen auseinandergesetzt. Doch das war leider sehr frustrierend. Man kann zwar das Fahrrad bis 12.000 € versichern, da zählt aber nur das Fahrrad. Und 1.000 € muss man für Gepäck extra bezahlen. Wenn das Fahrrad 4.000 € kostet und das Gepäck nochmal mehr, dnn ist egal welche Fahrrad-Versicherung man nimmt, keine wird den Schaden im Ernstfall komplett bezahlen.“

Hast du manchmal Ängste oder Sorgen?

„Wovor sollte man Ängste und Sorgen haben? Also beim Schlafen irgendwo in der Wildnis oder in der Stadt braucht man keine Angst haben. Ich gehe davon aus, dass alle Menschen grundsätzlich lieb sind.“

Was unterscheidet dich von anderen Radreisenden?

„Immer Druck unter den Pedalen haben wollen. Alles für die Kilometer!“

Was empfliehst du anderen Personen, die das Radreisen einmal ausprobieren?

„Du kannst entspannt sein! Es geht nicht um die Strecke, sondern um das, was du auf dem Fahrrad erlebst. Wie ist das Ziel nicht die Kilometer!“

Folge Tiko auf seinen Radreisen: