Tag 164 - Buen Camino (12.11.2024)

Von Roncesvalles nach Guendulain

Insbesondere Kyra ist mehrmals in der Nacht wach. Erst zucken die Muskeln von der Anstrengung der Höhenmeter, dann ist irgendein Tier in der Wand und kratzt. Doch schließlich ist die Nacht vorbei und als Michi gerade auf Toilette ist klingelt Kyras Wecker zeitgleich mit dem von Sergio. Der Wind pfeift durchs angelehnte Fenster und die Herberge ist in Nebel gehüllt. Wir strecken uns noch einmal im Bett und schon packen wir zusammen. Um 7 Uhr gibt es Frühstück, deshalb beeilen wir drei uns. Zusammen gehen wir runter und setzen uns an den bereits gedeckten Tisch. Es gibt Orangensaft, Kaffee, Äpfel, Baguette, Wurst, Käse, Marmelade und einen sehr zuckrigen Kuchen. Sergio schenkt uns allen Orangensaft ein und Michi Kaffee. Kyra, die Kopfschmerzen hat, geht es mit dem heißen Kaffee gleich viel besser. Wir genießen das Frühstück und reden über den bevorstehenden Abschnitt. Eine weitere Person gesellt sich zu uns. Lilian kommt aus Valencia und freut sich ebenfalls über Kaffee und Brot. Sie spricht kein englisch und so übersetzt Sergio die wichtigstes Sachen. Wir verstehen uns gut, doch bereits nach wenigen Minuten sind wir die letzten im Speiseraum und fangen an uns heimlich ein Lungepaket zu machen. Wir wissen nicht so recht, ob das erlaubt ist, doch bevor die Sachen in den Müll kommen… Dann gehen wir nochmal hoch und putzen Zähne. Schon sind wir bereit zu starten. Wie schnell das nur ohne Zeltabbau und fertigem Frühstück geht. Daran könnten wir uns glatt gewöhnen. In der Zwischenzeit ist der Nebel verschwunden und der Wetterbericht sagt einen Sonne-Wolken-Mix in Pamplona hervor, unserem heutigen Ziel. Nicht nur wir, auch einige Pilger, versuchen heute bis Pamplona zu kommen. Zu Fuß sind es circa 40 km und mit dem Rad über den Eurovelo 3 70 km. Unten steht bereits Lilian und wartet auf Sergio, der gerade noch die letzten Sachen zusammen packt. Wir holen unsere Drahtesel, sortieren die Sachen wieder ein und sind kurz nachdem Sergio kommt ebenfalls startklar. Lilian macht sich bereits auf den Weg, während Michi von Sergio noch ein Foto vor einem riesigen Schild mit der Kilometeranzahl nach Santiago macht. Anschließend macht Sergio von uns ein Foto. Wir umarmen uns und wünschen uns nur das Beste. Als letzte Worte rufen wir: “Buen Camino!” und fahren bzw. gehen los. Der Weg führt zunächst wunderschön durch eine spätherbstliche Stimmung. Der Weg Ist von Blättern gesäumt und der Nebel verzieht sich immer weiter. Nach kurzer Zeit sehen wir Lilian nochmal und rufen ihr beim Überholen ebenfalls “Buen Camino” zu, was sie mit den gleichen Worten bekräftigt. Dann sind wir allein und unsere Route verlässt den Pilgerweg der zu Fuß Pilger. Wir folgen dem Eurovelo 3, welcher eine ziemlich große Kurve in den Süden macht. Dies ist mit Nordwind zunächst angenehm. Es geht bergab, doch schon bald haben wir ein kleines Tal zu durchqueren und müssen auf Schotterweg bergauf fahren. Die Steigung ist jedoch sehr angenehm. Anschließend geht es bergab und wir genießen die Aussicht auf die uns umgebenen Berge. Die Sonne bericht erstmals durch die Wolken und die Stimmung ist unglaublich. Dann hören wir eine Glocke und vor uns steht plötzlich ein Pony auf dem Weg. Da es neben dem Weg steil hinauf bzw hinab geht, weiß das Wildpony nicht so recht wohin. Es dreht sich im Kreis und verhält sich aufgeregt. Wir halten lieber Abstand und gehen, als das Pony sich nicht weg bewegt, langsam auf dieses zu. Es nimmt ebenfalls Bewegung Auf und läuft vor uns den Weg entlan. Sobald es uns jedoch nicht mehr sieht, bleibt es stehen.

Erst wenn wir wieder in der Nähe sind, nimmt es Geschwindigkeit auf und läuft weiter. Das Spielchen treiben wir eine ganze Weile, bis es bei einer Abzweigung zum Glück verschwindet. Was für ein tolles Tier! Unsere Fahrt ist nun wieder frei. Nach einer kurzen Weile beginnt der Schotterweg mehrmals steil bergauf und bergab zu gehen. Wir fahren durch ein kleines Bergdorf Und gelangen schließlich mit einer rasanten Abfahrt zur Autostraße. Hier geht es weiter bergab, bis wir bei einem Stausee Urrobi die Straße wieder verlassen und auf der anderen Seite des Sees entlang fahren. Ein kurzes Stück geht es flach daher, bevor wir zurück auf der andern Seite erneut einen Berg erklimmen. Über eine Lose Schotterstraße geht es hinauf. Es ist unglaublich anstrengend und oben angekommen machen wir zunächst eine Pause. Fridolin, unsere Drohne darf trotz starkem Wind eine Runde fliegen und wir genießen unser Lunchpaket, wobei wir unser zweites Stück Kucheb und Äpfel für später über lassen. Der kalte Wind treibt uns schnell zurück auf die Drahtesel, die uns nun sicher den Schotterweg hinunter führen. Der Weg ist aus unserer Sicht, aufgrund der Bodenbeschaffenheit, nur für geübte Fahrer und keineswegs für Familien geeignet. Der Fahrradweg führt nun neben einer Hauptstraße entlang und in unsere erste Stadt in Spanien: Aoiz. Schnell verlassen wir diese wieder. Wir fahren an alter Industrie entlang und befinden uns plötzlich an der Straße NA-150, der wir nun für mehrere Kilometer folgen. Dabei haben wir starken Gegenwind. Während wir uns mit zwei Rennradfahrern durch den Wind und über eine Brücke kämpfen , sind Polizisten am blitzen. Direkt vor uns wird ein Auto herausgezogen. Zudem können wir bereits einen Fahrradweg nehmen der Straße erahnen, doch dieser wird erst gebaut. Nach einigen Kilometern biegen wir schließlich links ab, radeln einen Hügel hinauf und befinden uns in einem Vorort von Pamplona. Es wird städtischer und Zeit für eine zweite kleine Pause. Erstaunt stellen wir fest, dass wir auch bereits über 60 km geradelt sind. Wir essen den restlichen Kuchen, ein Apfel und Kekse. Somit sind wir gut für die letzten Kilometer nach Pamplona gestärkt.

Die letzten Kilometer sind auch schnell gemeistert, nachdem Michi durch Dornen fährt und ein ander Mal fast vom Weg abkommt. Die Stadt empfängt uns mit einem Lidl, den wir sofort nutzen. Dann machen wir uns auf zur Kathedrale. Leider hat diese bereits geschlossen , doch wir können uns einen Stempel für unseren Pilgerausweis abholen. Nun haben wir bereits 3 Stempel gesammelt. Kurz überlegen wir, ob wir für 11 €/Person erneut eine Herberge nutzen sollen, doch da es die Nacht nicht regnen soll, sparen wie uns das Geld für ein andermal und radeln weiter aus der Stadt hinaus. Der Weg ist erstaunlich gut ausgeschildert. Überall entdecken wir die Jakobsmuschel und folgen dieser. Als wir die Stadt verlassen haben trennt sich schließlich der Eurovelo 3 und 1 (der Eurovelo 1 ist in Pamplona von der Küste dazu gekommen) Vom Pilgerweg für zu Fuß und per Rad.

Ganz spontan entscheiden wir nicht dem Eurovelo sondern der offiziellen Pilgerroute zu folgen, da wir in der Nähe morgen zum Pilgerdenkmal möchten, doch zunächst ist Schlafplatzsuche angesagt. Wir schauen uns ein wenig um und entdecken schließlich eine kleine Rasenfläche direkt am Wegesrand. Als wir das Zelt gerade aufbauen, kommen zwei Jogger an uns vorbei, die nicht so erfreut gucken. Der kurz darauf folgende Bauer mit seinem Traktor winkt uns hingegen zu und weitere Jogger grüßen. Zum Abendessen gibt es Spaghetti, die Muchi in der Kälte draußen kocht und wir anschließend im Zelt verspeisen. Nun heißt es nur noch Blog schreiben und schlafen. Buen Camino und gute Nacht!