Fahrrad-Weltreise - Von Ferragudo nach Nautic drive-praia dos tomates

Einmal alles neu

03.01.2025 - Tag 216

Die Sonne scheint durch die kleinen Schlitze der Rollläden vor unseren Fenstern. Es ist halb 8 Uhr und der letzte Morgen in unserer Ferienwohnung bricht an. Wir können kaum glauben, dass 14 volle Tage bereits rum sind. Die Zeit ist verflogen. Viel schneller als ein zweiwöchiger Urlaub, viel schneller als zwei Wochen arbeiten und viel schneller als zwei Wochen auf Fahrradweltreise. Wir haben längst nicht so viel geschafft, wie wir wollten, aber die wichtigsten Dinge sind abgearbeitet. Und wir konnten die Zeit ein wenig genießen und haben tolle Dinge, insbesondere nette Abende mit langen Gesprächen unter Freunden, erlebt. Natürlich kommt es auch mal kurz zu Spannungen, wenn man auf so engem Raum zusammen ist, aber das gehört dazu und ist normal. Wir kuscheln uns nochmal kurz aneinander und stehen schließlich auf. Michi hüpft noch ein letztes Mal in die Badewanne, während Kyra die Spülmaschine ausräumt und den Tisch deckt. Auch Tim und Angela nutzen nochmal die heiße Dusche, bevor es die nächsten Tage kein fließendes Wasser gibt. “Guten Morgen”, begrüßen wir uns und Tim beginnt sogleich damit, Omeletts zu braten. Dann kommt auch Michi in die Küche und wir frühstücken ausgiebig. Wir geben uns viel Mühe die Reste aufzubrauchen. Aus diesem Grund gibt es Kakao und Eis zum Nachtisch. Die letzten Reste teilen wir zum Mitnehmen auf. “Wer die Ananasscheiben trägt, muss den Schokoaufstrich nicht einpacken”, lacht Kyra, während sie das große Glas einpackt. Ab dem Moment herrscht richtige Aufbruchstimmung. Wir laufen alle vier wie wild durch die Wohnung. Letzte Taschen werden gepackt, Zähne geputzt und die Wohnung in Ordnung gebracht. Als erstes verlassen Tim und Angela die Wohnung. Während wir unsere Taschen in den Aufzug stellen, bringen die beiden bereits den Müll weg. Dann wird es Zeit für den Abschied, doch dieser ist nicht auf Dauer. Bereits heute Abend oder morgen wollen wir uns wiedersehen und ein paar Tage zusammen radeln. Während die beiden losfahren, rennt Michi nochmal nach oben, denn der gebrochene Pfannenwender ist noch in der Spülmaschine. Diesen möchte er schnell kleben. Dann fahren auch wir los. Bevor wir Strecke machen können, müssen unsere Drahtesel gepflegt werden. Die letzten paar tausend Kilometer auf unserer Fahrradweltreise haben vieles verschlissen und deshalb brauchen wir gefühlt alles neu. Einige Verschleißteile konnten wir bei Decathlon bestellen und diese sind zum Glück heute angekommen. Ein Kettenblatt fehlt uns jedoch, welches wir nun zuerst in Fahrradläden suchen wollen. Während wir durch die uns bereits bekannten Wege rollen, scheint die Sonne kräftig. Am Himmel sind kaum Wolken zu sehen. Schnell erreichen wir das erste Geschäft, doch diese verleihen leider nur Räder und führen keine Reparaturen durch. Wir bekommen den Tipp, dass in der Straße nebenan ein Fahrradgeschäft wäre. Also fahren wir die paar Meter weiter. Der Inhaber von “metrobikes” kommt uns bereits entgegen, als Kyra gerade an der Tür klingeln wollte, da sich das Geschäft in der Garage eines Privathauses befindet. Sergio, der Inhaber kann uns leider ebenso nicht weiterhelfen, doch er ist an unserer Tour interessiert und so verquatschen wir uns kurz. Er erzählt uns, dass er dieses Jahr ein Fahrradcafé eröffnen möchte und dass ihn viele Radreisende aufsuchen. Wir bestätigen irgendwann nochmal nach Portugal zu kommen, um bei ihm ein Kaffee zu trinken und die von ihm genannten schönen Orte der Algarve zu besuchen. Bevor wir wieder aufbrechen, darf Sergio unsere Portugal Flagge kleben. Dann gibt er uns noch einen Tipp, wo wir vielleicht die benötigten Ersatzteile finden. Wir sollen es bei “onebike” in Portimão versuchen. Das Geschäft liegt nicht weit von Decathlon entfernt und so machen wir uns zunächst auf den Weg dorthin. Zum Glück werden wir direkt fündig Bei “onebike” und kaufen gleich 3 kleine Kettenblätter, um eins auf Reserve zu haben. Anschließend geht es weiter zu Decathlon.

Kyra bleibt draußen bei den Drahteseln und Michi holt unsere Bestellung ab. Als er diese gebracht bekommt, muss er tief durchatmen. Es wurden die falschen Sachen bestellt… Die Kassetten sollten passen, die mittleren Kettenblätter jedoch nicht und diese sind bei Emil und Elias so heruntergefahren, dass wir ohne neue nicht weiterkommen. Zum Glück bekommen wir unser Geld wieder und erreichen kurz vor Mittagspause das Radgeschäft “onebike” erneut. Die passenden Kettenblätter sind zwar nicht da, aber zwei die er hat, sollten funktionieren. Wir vertrauen auf sie Aussage und haben auch keine andere Möglichkeit. Der Inhaber ist unglaublich freundlich und sagt: “If You need help, I’m here” und das obwohl er nun Mittagspause hat. Wir bedanken uns und breiten uns um die Ecke vom Laden aus. Während Michi bereits beginnt, geht Kyra schnell einkaufen. Dann naschen wir Brötchen und arbeiten weiter. Erstaunlich routiniert Wechseln wir die Kassetten, Kettenblätter, Ketten, Bremsbeläge und Kyras Schläuche. Dabei putzen wir alle bleibenden Teile schön sauber. Um 15 Uhr wird der Laden wieder geöffnet und der Inhaber informiert sich, ob alles klappt. Er verspricht uns am Ende einmal drüberzuschauen und die Gänge einzustellen. Das freut uns sehr, denn dieses Geduldsspiel mögen wir nicht gerne. Als es bereits langsam dunkel wird, sind wir mit allem fertig. Elias hat eine Problemstelle und Emil sogar drei übrig. Nach kurzem Warten erfüllt der Inhaber sein Versprechen und zunächst wird Elias fertig eingestellt. Dabei fällt auch die bekannte Problemstelle auf, welche durch einen neuen Schaltzug Schnell gelöst ist. Emil folgt sofort. Er wird passend eingestellt, bekommt noch eine Schraube in den Gepäckträger und die Bremse wird auseinander sowie wieder zusammen gebaut. Beide Drahtesel funktionieren bestens und sind startklar. Nach einem gemeinsamen Foto und Pipipause, kann es nun losgehen.

Tim und Angela sind circa 75 km von uns entfernt und Virginie und Ralf 45 km. Zwei gute Orte, an denen wir heute Nacht schlafen können. Wie weit wir kommen hängt wie so häufig auf einer Radreise von verschiedenen Faktoren ab. Voller Motivation schwingen wir uns gegen 20 Minuten vor 19 Uhr in den Sattel. Es ist dunkel und die Lichter der Stadt funkeln. Ein letztes Mal fahren wir mit dem Fahrrad durch Ferragudo und Michi hat sich an den Weg bereits so gewöhnt, dass er sich fast schon zu Hause fühlt. Der Asphalt unter uns wechselt zu Schotter und die große Befürchtung, dass uns im Dunkeln ein Hund begegnet, wird bereits nach wenigen Kilometern wahr. Ein großer Schäferhund rennt bellend hinter uns her. Kurz hinter Kyra sprintet er den Schotterweg entlang. “Soll ich anhalten?”, ruft Kyra, doch in diesem Moment verschwindet er auf dem von ihm beschützten Grundstück und wir hören nur noch einige Meter weiter das Bellen in der Ferne. Erleichtert rollen wir weiter bzw., weil die Reifen auf dem Schotter durchdrehen, müssen wir kurz schieben. Wir nutzen dabei die Stirnlampe als zusätzliche Lichtquelle, welche wir erst ausmachen, als wir die nächste Stadt erreichen. Wir folgen dem Eurovelo, doch als dieser einen Schlenker ins dunkle Nichts macht, entscheiden wir spontan, auf der Hauptstraße zu bleiben. In der Dunkelheit können wir unsere Umgebung sowieso nicht wahrnehmen und auf den Schotterwegen im Dunkeln ist es unsicherer, als auf der kaum befahrenen Hauptstraße. Dieser folgen wir bis Armação de Pêra, wo wir einen Lidl entdecken und schnell etwas zum Abendbrot einkaufen. Das Ausgesuchte wird noch vor Ort verspeist, bevor es weitergeht. Die Hauptstraße führt uns einen höheren und viele kleine Hügel rauf und runter, doch alles ist super beleuchtet und gut zu fahren. Dadurch können wir richtig Strecke machen. Doch wir werden müde und wollen bald ankommen. Aus diesem Grund entscheiden wir uns bereits bei Virginie und Ralf zu übernachten. Die Müdigkeit ist kurze Zeit vergessen, denn ein Sprinter fährt so nah an Kyra vorbei, dass wir einen halben Herzinfarkt haben. “Da war kein cm mehr zu deiner Tasse”, ruft Michi von hinten. Der Schock ist zum Glück jedoch genauso schnell vergessen, wie wir Ralf und Virginie erreichen. Die letzten Meter geht es über eine Schotterstraße mit tausend Schlaglöchern, doch dann winkt eine Person aus einem Camper und wir haben es geschafft. Unglaublich müde bauen wir noch unser Zelt auf und genießen einen heißen Tee, den Virginie uns fertig gemacht hat. Kurz quatschen wir noch, doch dann kriechen wir ins Zelt und uns fallen müde die Augen zu. Gute Nacht!