Fahrrad-Weltreisetag 198 - Schloss mit lustig (16.12.2024)

Von Porto Covo nach Cabo Sardão

Die Wellen schlagen fest gegen die Felsen der Küste und der Wind rauscht. Wir liegen in unserem kleinen geliebten Zelt und beobachten, wie es langsam heller wird. “Guten Morgen!” sagt Michi schon voller Tatendrang. Während Kyra ziemlich kalt ist und sich nochmal tief in den Schlafsack eingekuschelt, springt Michi aus dem Zelt auf die Toilette. “Lass uns lieber abbauen, man sieht das Zelt von der Straße”, sagt er und beginnt den Schlafsack einzupacken. Kyra liegt weiter still da, doch dann kann auch sie sich langsam aufraffen. Als wir fertig sind ist es gerade 8 Uhr. So schnell waren wir schon lange nicht mehr. Doch unsere Finger danken es uns gleich zurück. Sie tun weh von den kalten Zeltstangen und Heringen. Zudem kommt der Wind aus Osten, wodurch es wesentlich kälter wirkt. In unsere Steppjacken eingehüllt treten wir in die Pedale und fahren die ersten Meter. Dabei stellen wir fest, dass das Wohnmobil von gestern Abend wieder zurück auf dem Parkplatz an den Klippen steht. Wir sind leicht irritiert, warum dieses über Nacht umgeparkt hatte, aber vielleicht war der Wind im inneren zum Schlafen zu laut? Egal, wir fahren darauf zu und gucken, Ob Die Person im Inneren Lust auf ein kurzes Gespräch hat und wir vielleicht im Windschatten des Campers frühstücken können. Kyra nimmt Augenkontakt mit der Person hinterm Steuer auf und die beiden winken sich. Der Mann steht auf, als er merkt, dass wir stehen bleiben, öffnet seine Tür und kommt hinaus. Er scheint sich sichtbar über eine Kommunikation zu freuen und beginnt gleich zu erzählen. Er erzählt uns von seinem Leben. “Man muss in einem Land mindestens 1 Jahr leben, bevor man sich dort etwas kauft.” sagt er mit italienischem Akzent. Er hat jedoch bereits nach 7 Monaten in Portugal eim Haus mit Grund gekauft, was nach seinen weiteren Aussagen ein Fehler war. “Es war zu früh! Jetzt verkaufe ich es wieder. Ich habe Schon einen Vorvertrag, aber ihr könnt das haben”, sagt er weiter. Wir sind etwas irritiert, aber schauen uns belustigt überrascht an. Ein Haus in Portugal? Eigentlich wollen wir doch Rad fahren. Der Mann spricht weiter ohne groß unsere Reaktion abzuwarten. Er erzählt uns von seinen bisherigen Jobs als Detektiv und beim Kinderschutzbund. Zudem hat er in der ersten Liga Fußball gespielt. Auch sei er Biologe und wollte einmal Priester werden. Zudem wartet der Spiegel noch auf seinen Bestseller, doch er hat bisher keine Zeit gefunden ihn fertig zu stelle. Wir sind zunächst beeindruckt und hören ihm zu, stellen jedoch schnell Unklarheiten fest. Anschließend wird das Gespräch wirrer. Er berichtet uns von Straftaten und Verurteilungen. Alles ist jedoch nur passiert, weil “die da oben” ihn klein halten wollen. Der Staat oder die EU wolle uns die Freiheit rauben. Er erzählt noch viele Details aus seinem Privatleben, seinen Kindern und Frauen. Uns wird im kalten Wind währenddessen langsam unangenehm. Kyra fängt an ihre Finger zu reiben und Michi hat zitternden Oberschenkel, doch unser Gegenüber scheint dies sowie unsere Signale das Gespräch beenden zu wollen, nicht wahrzunehmen. Er erzählt weiter. Dann ziehen wir die Reißleine, unterbrechen ihn und machen uns auf den Weg. Er wünscht uns noch alles Gute, was wir erwidern. Als wir den Parkplatz gerade verlassen, hupt er uns hinterher und weist uns auf ein verlorenes Handtuch hin. Michi dreht um und nimmt dieses mit. Nun ist es bereits fast 10 Uhr und wir starten mit knurrenden Mägen.

Kein Kilometer weiter finden wir eine Bank und beginnen zu frühstücken. Wie gewohnt gibt es Müsli. Wir genießen das Essen, die Stimmung um uns herum und lassen nochmal das Gespräch Revue passieren. Dann geht es weiter. Wir fahren durch Porto Covo und sind von dem Anblick der Stadt begeistert. Die Häuser sind weiß gestrichen, nur das letzte Stück am Boden besteht aus einem blauen Streifen. Die Dächer haben alle hellrote Ziegel. Das Gesamtkonzept ist stimmig. Selbst die Steinblumenkasten haben denselben Anstrich. Doch so schnell wir die Stadt erreicht haben, so schnell verlassen wir diese wieder über eine rasante Abfahrt. Unten angekommen fahren wir über Kies und durch Wasser auf die andere Seite der Bucht. Dort geht der Weg ebenso steil wieder hinauf. Tief atmend kommen wir oben an, fahren um die Kurve und werden mit “Hiii, bikepacker!”, freudestrahlend aus einem deutschen Camper begrüßt. Wir bleiben stehen, winken und lachen zurück. “Halloooo”, rufen wir. Tom wohnt seit 5 Jahren im Camper. Er hat schon viele Reisestile ausprobiert. Von Motorradfahren, über Wandern, bootfahren bis radeln, doch im Winter bleibt er lieber im Camper, auch wenn seine Heizung aktuell kaputt ist. Zum Glück haben sollen es heute 20°C und Sonnenschein werden. Aktuell ist uns jedoch noch etwas frisch, da der Wind und das lange stehen unsere Extremitäten gekühlt hat. Finger und Füße wollen auch trotz Anstieg nicht wieder warm werden. Tom lädt uns jedoch auf einen Kaffee in seinem Camper ein und mit den warmen Sonnenstrahlen auf seinem Dach, wird uns immer wärmer. Michi ist so warm, dass er im T-Shirt da sitzt und Kyra steht die Röteln Im Gesicht. “Jetzt ist es richtig angenehm”, sagt sie glücklich mit der dampfenden Tasse Kaffee in der Hand. Wir reden über unsere Erlebnisse, Reisen und Blogs. Tom verdient sein Geld mit Internetseiten und gibt uns einige Tipps, die wir umsetzen könnten. Wir hören gespannt zu und sind ihm dankbar. Immer wieder werden wir jedoch von diesem “Arbeitsthema” abgelenkt, da wir so viel zu bereden haben. Als Michi zur Sicherheit kurz draußen war, um die Fahrräder abzuschließen, fällt ihm auf, dass unser Schloss fehlt. Es ist leider nirgends aufzufinden und somit die Sorge groß es irgendwo liegengelassen zu haben. Bereits das große blaue Handtuch war heute Morgen vom Fahrrad gefallen und wir haben es nur mitbekommen, da der Mann aus dem Wohnmobil an unserem Schlafplatz uns darauf gewiesen hatte. Zum Glück sind wir heute jedoch erst 5 km gefahren und der Weg sollte schnell gemacht sein. Damit wir uns jedoch etwas ausruhen können, bietet Tom an schnell zu fahren. Zögerlich mit einem kleinen schlechten Gewissen nehmen wir das Angebot an. Während Tom und Michi auf Schloßsuche gehen, sitzt Kyra hinter Toms Solarpanel in der Sonne auf einem Stuhl und arbeitet am Blog. Die Sonne ist so kräftig, dass die Röteln im Gesicht nicht vergeht. Für Passanten muss der Anblick zudem entweder irritierend oder belustigend wirken, denn es stehen nur die zwei Drahtesel neben dem genauso großen PV-Modul. Wie wir dieses und Klappstuhl wohl auf unseren Drahteseln transportieren, könnte man sich fragen. Kyra schreibt gerade die letzten Worte des Tages, da kommen Tom und Michi mit leeren Händen zurück. Doch noch möchte Michi die Suche Nicht aufgeben und fährt noch einmal mit dem Fahrrad los. Doch um uns herum laufen zwei hungrige Katzenbabys und einige ausgewachsene Katzen, die sehr dünn und hungrig aussehen. Heute morgen hatten wir versehentlich eine neue Milch geöffnet, obwohl die alte noch angebrochen war. In dieser Wärme hält die offene Milch nicht lange und somit sind die Katzen eine super Hilfe beim Austrinken. Tom und Kyra reden währenddessen weiter. Es kommen auch persönliche Themen, wie Beziehungen während Reisen und Geld zur Sprache. Leider bleibt jedoch jede Suche erfolglos und somit müssen wir das Schloss als verloren gegangen einordnen. Schade! In der Zwischenzeit ist es bereits Mittag und die Sonne scheint weiterhin stark. Wir bekommen Hunger und entscheiden spontan, erst etwas zu essen, bevor wir uns weiter auf den Weg machen. Bei Tom im Wohnmobil kochen wir Nudeln mit Tomatensoße. In letzter Zeit mit Reis unser einziges warmes Essen, da wir aktuell nicht die Lust und Kreativität haben groß zu kochen. Erschwerend kommt die frühe Dunkelheit hinzu. Den Tag mit Sonnenschein möchten wir meistens fürs Radfahren und nicht zum Kochen aufwenden, abends im Vorzelt ist aufwendiges Kochen dann zu angenehm. Die Nudeln genießen wir draußen in der Sonne, doch das Genießen fällt uns dabei gar nicht so leicht. Die hungrigen Kätzchen klettern unsere Räder hoch und versuchen, an den Topf mit dem gut riechenden Essen zu gelangen. Immer wieder müssen wir diese von den Rädern schubsen. Als wir fertig sind, ist es dann so weit. Nach circa 5 Stunden verabschieden wir uns von Tom und rollen los. In einer Stunde wird es bereits dunkel, doch wir müssen noch ein paar Kilometer fahren, denn es bleiben nur noch wenige Tage, um zu unserer Unterkunft zu Weihnachten und Silvester zu kommen. Doch wir kommen nicht weit. Bereits nach wenigen Minuten bekommt Kyra einen Anruf von Tom: “Ich wollte mich nur kurz bedanken. Ich mag orange Pullis. Aber es wäre ja nicht nötig gewesen, dass Michi seinen Pulli hier lässt.” Oh man! Was ist denn nur heute mit uns los? Erst das Handtuch, dann das Schloss und nun der Pulli? Michi dreht schnell um und holt den Pulli bei Tom ab.

Nur wenige Minuten später ist er bei Kyra zurück und wir können endlich wirklich starten. Es geht zunächst über einen Schotterweg, bis wir die Straße erreichen. Viele Autos überholen uns knapp, doch das sind wir bereits aus Portugal gewohnt. Plötzlich hupt es wild hinter uns. Ein bekanntes Wohnmobil fährt vorbei und Tom winkt aus dem Fenster heraus. Er hält etwas in der Hand. Vielleicht ein Handy? “Ich glaube, er macht ein Foto von uns”, überlegt Kyra. Doch als wir vorbeifahren sehen wir, dass er unsere kleine Powerbank in der Hand hält. Wie peinlich. Wir haben nicht nur den orangen Pulli vergessen, sondern auch unsere kleinste Powerbank, die wir bei Tom laden durften. “Das ist mir so unangenehm”, sagt Michi. Heute ist echt nicht unser Tag. Noch einmal quatschen wir ganz kurz und dann trennen sich unsere Wege. Wir gelangen auf die Hauptstraße und nutzen die Brücke bei Vila Nova de Milfontes über den Rio Mira. Für einige Kilometer folgen wir der Hauptstraße. Es geht immer weiter geradeaus. Aufgrund zwei nicht vorhandenen Ansagen von Komoot verpassen wir zweimal die Abfahrt. Doch zum Glück ist das kein Problem, denn die Hauptstraße ist sogar eine angenehme Abkürzung ohne Steigung. Während wir dahin fahren und der Verkehr bereits merklich abgenommen hat, sehen wir vor uns einige Störche über die Straße fliegen. “WOW! der Flügel war nur 1m von deinem Kopf entfernt”, sagt Kyra überrascht zu Michi. Dann verlassen wir die Hauptstraße, durchqueren den Ort Almograve und nähern uns Cavaleiro. Bereits von Weitem können wir den den Leuchtturm “Farol do Cabo Sardao” sehen. Das Licht lässt alle paar Sekunden den gesamten Ort aufhellen. Auf der Straße kommen uns nun mehr Fußgänger als Autos entgegen. Einige Menschen scheinen gerade vom Einkaufen zu kommen und gehen durch die Dunkelheit am Straßenrand. In Portugal gibt es für gewöhnlich in kleinen Orten und auf dem Land keinen Bürgersteig oder Fahrradweg. Nur in touristischen Orten oder größeren Städten sind gute Wege anzutreffen. Für uns noch immer ein ungewöhnlicher Anblick, insbesondere nachts. Als wir den Ort erreichen finden wir einen Minimarkt, wo Kyra aufgrund der hohen Preise nur ein paar Kleinigkeiten für den Abend im Zelt kauft. Schnell schwingen wir uns wieder auf die Drahtesel, um die letzten Kilometer in Richtung Küste mit Leuchtturm zu fahren. Hier wollen wir uns etwas versteckt einen Schlafplatz suchen. Als wir den Leuchtturm erreichen biegen wir links ab. Zunächst laufen wir ein bisschen hin und her, da wir nur Schotter als Untergrund finden. Doch als wir uns glücklicherweise dazu entschieden, noch ein paar Meter weiter zu fahren, finden wir eine kleine dünn bewachsene Rasenfläche. Wir bauen das Zelt auf, verschwinden in dieses und naschen noch ein paar Kleinigkeiten. Dabei erhellt der Leuchtturm weiterhin alle paar Sekunden die Gegend. Schließlich geht der Mond auf und erstrahlt die Nacht. Wir schlafen entspannt ein. Gute Nacht!