Tag 48 - Überraschender schottischer Sonnenschein (19.07.2024)

Von Dunnottar Castle nach Udny Station

Der Himmel ist orange gefärbt und lange dichte Wolken hängen am Himmel. In der Ferne schweben die Möwen um die Burg und Austernfischer schreien. Wir blicken aus dem Zelt in Richtung Sonne und werden von einem wunderschönen Sonnenaufgang geblendet. Michi zieht sich an und weckt Fridolin, unsere kleine Drohne. Fridolin hebt mit viel Vorfreude ab und fliegt einmal um die Burg herum. Dabei fängt er die ersten Sonnenstrahlen des Tages ein. Vor Kälte zitternd, aber glücklich, kommt Michi 20 min später, gegen 5:00 Uhr zurück ins Zelt. Nun ist Kyra dran. Nach einem schnellen Toilettengang werden ein paar Fotos geschossen. Dabei ziehen die Wolken zur Seite und die Sonne entfaltet ihre komplette Kraft. Es ist einfach fantastisch. Die Klippen, die Burg und unser kleines Zelt werden rot angeschienen. Jede Sekunde wechseln die Farbspiele und ein ganz neuer Blick ergibt sich. Wäre es nicht so früh und kalt, könnten wir Stunden zuschauen. Als auch Kyra zurück im Zelt ist, kuscheln wir uns nochmal in die Schlafsäcke ein und entscheiden noch etwas zu schlafen. Nach kurzer Zeit, hat uns der Schlaf auch schon tief in seinem Bann zurückgeholt.

Nur kurze Zeit später weckt ein lautes Summen Kyra. Eine andere Drohne fliegt knapp über unser Zelt hinweg. Da wir die Situation nicht ganz einordnen können, packen wir schnell alles ein und bauen ab. Obwohl es gerade erst kurz vor 7 Uhr ist, sind bereits einige Schotten unterwegs. Ein paar gehen mit einem Hund spazieren, andere lassen eine Drohne fliegen oder spazieren ganz für sich allein. Als wir fertig sind, entscheiden wir, noch mit dem fantastischen Blick auf die Burg zu frühstücken. Mit Pulli und Jacke eingekuschelt genießen wir einen heißen Kaffee sowie Müsli mit Joghurt. Gibt es einen besseren Ort zum Frühstücken und den Morgen zu genießen? In diesem Moment fühlen wir uns einfach nur gut. Wir lassen uns Zeit und telefonieren mit der Heimat. Als wir fertig sind, packen wir alles ein und plötzlich muss es ganz schnell gehen. Michi muss auf die Toilette. Dringend! Zum Glück wissen wir, dass am Eingang zum Wanderweg zur Burg ein kleiner Toilettencontainer steht. Wir beeilen uns und zum Glück hat dieser bereits vor 9:00 Uhr, entgegen der Schilder auf dem Container, geöffnet. Michi verschwindet und Kyra spült die Tassen vom Frühstück ab. Anschließend tauschen wir. Kyra geht auf die Toilette und Michi macht die Wäsche. Fließendes Wasser und Sonne müssen genutzt werden, aus diesem Grund putzen wir noch schnell die Zähne und waschen unsere Haare. Der nette Platzwächter bzw. Hausmeister am Eingang erklärt uns, dass auf der Toilette Trinkwasser ist und wir füllen noch die Flaschen auf, während zwei Reisebusse den Parkplatz erreichen. Die Menschen, die aus den Bussen aussteigen, sprechen deutsch und niederländisch. Alle gucken uns freundlich an, grüßen zum Teil und wandern zur Burg hinunter. Dass der Himmel so aufreißt, damit haben sowohl wir, als auch der Wetterbericht nicht gerechnet, denn eigentlich sollte der gesamte Tag komplett bewölkt werden. Wir schwingen uns mit Freude auf die Drahtesel und lassen uns zur nächsten Stadt den Hügel hinunterrollen.

In Stonehaven angekommen entscheiden wir uns aufgrund des guten Wetters in ein Café zu gehen, unsere Powerbanks zu laden und den Blog der letzten zwei Tage nachzuholen. Direkt am Wasser gelegen finden wir ein schönes Café, wo uns natürlich der Blick auf die Speisekarte zu mehr verführt, als nur einen Kaffee. Michi bestellt ein komplettes schottisches Frühstück und Kyra ein kleines Frühstück. Während die Akkus laden, genießen wir mit Blick auf die See die Situation. Nach dem Frühstück trinken wir noch jeder jeweils zwei Cola und schaffen es bei kostenfreien Wifi die letzten Tage nachzuschreiben

 Als wir das Café verlassen, ist der Sonnenschein verschwunden. Dicke volle Wolken haben sich zwischen uns und die Sonne geschoben. Wie lange wird das noch ohne Regen gut gehen? Egal, erstmal auf die Esel, fertig und los. Unser nächstes Ziel ist Aberdeen und anschließend etwas ins Landesinnere. Unser Weg führt uns durch die Hügellandschaft und im Vergleich zu den letzten Fahrtagen, wird uns fast etwas langweilig. Die Landschaft scheint nicht mehr so spannend und aufregend zu sein. Um einen sehr alten Steinkreis zu sehen, nehmen wir jedoch einen kleinen Umweg mit einigen Höhenmetern in Kauf. Als wir nach einer Ewigkeit dort ankommen, sind wir mehr als enttäuscht. Der Steinkreis steht auf Privatbesitz und näher als 50 m kommt man nicht heran. Es ist zwar noch eine alte Holztrittleiter über den Zaun zu erkennen, doch dieser ist nun mit Strom gesichert. Auch eine Kamera scheint aus sicherer Entfernung die Bewegungen am Zaun aufzuzeichnen. Es ist keine Erklärtafel oder ähnliches zu finden, nur zwei Pferde, die die Fläche um den Steinkreis nun für sich haben. Wirklich schade! Vielleicht ist der Steinkreis deshalb nicht bei Google Maps, sondern nur bei Komoot zu finden? Ein einstiger Geheimtipp, der nun keiner mehr ist? Immer Noch enttäuscht fahren wir weiter. Zum Glück wartet nun die Abfahrt in Richtung Aberdeen auf uns. Wir können die Küste bereits sehen und die Stadt erahnen, doch unser Weg macht einige Schleifen. Zunächst führt dieser uns an einem Wald entlang, in welchem viel geschossen wird. Anschließend geht es durch ein Industriegebiet und dem Hafen entgegen. Kyra muss eigentlich mal dringend auf Toilette, aber wir suchen vergeblich nach einer guten Stelle und entscheiden uns schließlich noch vor Aberdeen mit dem Blick aufs Wasser zu Kochen. Es gibt die bereits gestern gekauften Mini-Pizzen und wir belegen diese noch zusätzlich mit Tomate und Käse, da beide Sachen unbedingt gegessen werden müssen. Während wir auf unsere Pizza warten, erhoffen sich drei weitere Zuschauer einen leckeren Happen. Drei Möwen nähern sich immer wieder neugierig. Wir versuchen sie zu verscheuchen, doch sie lassen nicht wirklich locker. Erst als weitere Fußgänger vorbeikommen und wir gemeinsam die Möwen zur Seite treiben, sind sie für eine ganze Weile verschwunden. Wir können unsere Pizza somit ohne Zwischenfälle genießen und stellen durch einen Zufall fest, dass von Aberdeen die Fähre nach Kirkwall und Lerwick fährt.

“Oh man Michi… Sollen wir so verrückt sein und spontan die Fähre nehmen?” fragt Kyra. Während Michi jedoch erstmal mit seinen Eltern telefoniert, geht Kyra alle Varianten durch. Von Aberdeen ist die Fähre zwar teurer, aber geht wesentlich länger über Nacht. Somit wäre gleich eine Übernachtung im Warmen dabei. Im äußersten Norden von Schottland ist die Fähre zwar etwas günstiger, dafür braucht man jedoch nur 1,5 Stunden… Nehmen wir hier die Fähre, müssten wir jedoch in ein Hotel, da Wildcampen in einer großen Stadt für uns ausgeschlossen ist. Als Michi schließlich auflegt, entscheiden wir uns dafür weiterzufahren und die Fähre nicht zu nehmen. Wir möchten das Geld sparen und es war unklar, ob die Fähre überhaupt noch einen Platz für uns gehabt hätte. Genau in diesem Moment taucht lustigerweise die Fähre vor uns auf und verlässt Aberdeen. Wir tun es ihr nach und machen uns in die gegenüberliegende Richtung auf den Weg. Die ersten Kilometer führen uns durch die Stadt, die uns zunächst nicht so gut gefällt. Im Inneren und in Richtung der Universität, weist sie jedoch sehr schöne Ecken auf. Unsanft fahren wir an diesen über Kopfsteinpflaster vorbei und immer weiter ins Landesinnere. Wir haben schon das Gefühl, dass uns die Stadt gar nicht mehr los lässt, da ruft Kyra von hinten: “Mist! Ich hatte einen Gedankenfehler. Wenn wir die Fähre von Aberdeen genutzt hätten, hätten wir ja nur 3 Fährfahten gebracht. Im Norden geht die Fähre nur zu den Orkney Inseln, somit brauchen wir 4 Fährfahrten.” Michi kommt nicht ganz mit und deshalb halten wir kurz an, um die Fährfahrten nochmals durchzugehen. Am Ende wissen wir nicht genau was günstiger gewesen wäre und noch immer nicht, ob uns die Fähre mit unseren Drahteseln ab Aberdeen überhaupt mitgenommen hätte, da laut Internet keine Autostellplätze mehr vorhanden sind. Scheinbar werden Fahrräder als Autos gezählt, was wir uns nicht so wirklich erklären können und davon ausgehen, dass es ein Fehler ist.

Wir fahren erneut weiter und endlich verlassen wir die Stadt. Wir befinden uns auf einer alten Bahntrasse, die den angekündigten Hügel sehr erträglich macht. Mit wenigen Prozent Steigung fahren wir immer weiter hinauf. Da die Sonne bereits untergeht, fahren wir in einem kleinen Wäldchen rechts rein und befinden uns an einem künstlich angelegten See. Eine kleine Rasenfläche ist perfekt für unser Zelt und schnell ist dieses dort errichtet. Gute Nacht!