Tag 113 - Ein herzlicher Empfang (22.09.2024)
Vom St.-Georgs-Kanal nach Llangwm
Die Fähre wackelt sanft von links nach rechts und rechts nach links. Nur vereinzeltes lautes atmen und Schnarcher durchdringen die Stille. Wir wachen nach unruhigen Stunden in den bequemen Sesseln langsam auf. Hinter der großen Panoramascheibe blinken zahllose kleine Lichter und die Fähre steuert sicher durchs schwarze Nichts. Lautlos beobachten wir für eine Weile die Lichter an Land und auf Wasser, bis eine Durchsage die weiteren Reisenden weckt. Es ist fast halb 1 und wir benötigen noch 30 min. Manni kommt noch einmal vorbei und wünscht uns alles Gute. Wir ihm und seiner Frau ebenfalls. Dann winken wir uns und erreichen im stockfinsteren Pembroke. Wie immer auf großen Fähren dürfen wir erst als letztes nach den Autos und LKWs hinunterrollen, was jedoch ganz praktisch ist, um alle Sachen, die wir auf der Fährfahrt brauchten, wieder gut zu verstauen. Dann geht es hinaus und runter von der Fähre. Entgegen der Wettervorhersage regnet es nicht, was die Fahrt zum rausgesuchten Schlafplatz erleichtert. Als wir den Hafen verlassen, steht mit uns an der Ampel ein Auto, welches einen grünen südlichen Geruch hinter sich herzieht. Wir gucken uns besorgt an und freuen uns, als das Auto bei grün in eine andere Richtung fährt. Nur 5 Minuten später stehen wir auf der Grünfläche zwischen einem Parkplatz und der Kläranlag. Vor uns sehen wir ein erleuchtetes Schiff, die Lichter der Industrie und des Hafens sowie vereinzelte Lichter der Wohnhäuser gegenüber der Bucht. Es sieht eigentlich richtig hübsch aus, doch drei Autos stehen auf dem Parkplatz, was uns vom Zeltaufbau abhält und verunsichert. Zwei Autos fahren davon und wir entscheiden aufzubauen. Wir legen unsere neue Plane von France und Clement nach unten und das Tarp, welches wir als Bodenplane nutzen darüber. Dann wird das Zelt aufgebaut. Nun heißt es nur noch schnell hinein und in die Schlafsäcke kuscheln. Nach nur wenigen Stunden klingelt der Wecker. Es ist noch früh, aber die Sonne ist bereits am aufgehen. Wir stellen erfreut fest, dass durch die weiterfahrt nach Osten die Sonne nun tatsächlich wieder früher aufgeht und leider früher unter. Mit einem Blick aufs Handy stellen wir zudem fest, dass heute Sonntag ist und Lidl erst um 10 Uhr öffnet. Wir schreiben Sara, dass wir gegen 12 Uhr da sind und fragen sie, ob sie etwas vom Lidl benötigt. Dann wird erstmal gefrühstückt und in Ruhe abgebaut. Besuchen kommt uns an unserem Schlafplatz niemand, es ist sehr still. Auf dem Weg zu Lidl sehen wir noch das Wohnmobil von Manni und seiner Frau. Die beiden sind somit gut und sicher auf der anderen Seite des Hafens letzte Nacht untergekommen. Bei ihnen ist noch alles zugezogen und so hinterlassen Wir nur eine kurze Nachricht auf der Windschutzscheibe. Bei Lidl kauschlair mal wieder viel zu viel und genießen ein zweites Frühstück auf dem Parkplatz, bevor wir uns mit dem lahmenden Elias die letzten 10 Kilometer zu Sara quälen.
Leider fühlt es sich tatsächlich so an. Der Vorderreifen schleift weiterhin beständig am Gepäckträger, sodass Michi richtig ausgebremst wird. Zudem wackelt das Rad hin und her. Nicht nur, dass wir langsam dadurch sind, es ist auch sau gefährlich. So kämpft Michi mit der Anstrengung und Kyra mit der Sorge um Michis Sicherheit, während wir die Steile Brücke über die Cleddau Ddu hinauf treten. Oben angekommen haben wir einen kurzen schönen Ausblick. Anschließend geht es wieder rasant hinab und hoch. Der Weg kommt uns ewig vor, doch dann erreichen wir den richtigen Ort und finden nach kurzem Suchen das Haus von Sara. Sara öffnet die Tür und ist uns sogleich sympathisch. Zunächst wird gezeigt, wo wir die Drahtesel sicher unterbringen können und anschließend, wo wir im Haus schlafen dürften. Das Haus ist wunderschön und gepflegt, wodurch wir uns sehr geehrt fühlen im Zimmer ihrer erwachsenen Tochter schlafen zu dürfen. Als wir die paar Kleinigkeiten, die wir für die Nacht brauchen, hineintragen, zeigt sie uns das angekomme Paket mit Michis neuem Laufrad. Doch bevor wir es öffnen, gibt es erstmal Tee. Wir überreichen Sara eine Tafel Schokolade, Kekse und Berliner als Dankeschön dafür, dass sie das Paket entgegengenommen hat und genießen ein nettes Gespräch. Wir tauschen uns über aktuelle und vergangene Pläne aus sowie schwelgen in Erinnerungen. Dann gibt es Mittagessen, wozu wir herzlich eingeladen werden. Wir essen Kartoffeln mit gebackenem Gemüse und Salat. Es ist richtig lecker! Dabei erzählen wir weiter. Es ist richtig nett sich mit Sara zu unterhalten. Wir verquatschen uns richtig, doch es wird Zeit, dass wir uns um Elias kümmern. Passend als wir das Haus verlassen und das neue Laufrad auspacken, fängt es an zu regnen. Wir räumen das Werkzeug in den Schuppen und machen dort weiter. Zum Glück ist mit einem fertig eingespeichten und zentrieren Laufrad alles schnell erledigt. Wir müssen nur das Felgenband einlegen, Schlauch und Mantel draufziehen, etwas fetten und fertig! Als Michi den Dynamo anschließt und Elias beim ersten drehen des Vorderrads leuchtet, ist die Erleichterung groß. “Es klappt!”, sagt Michi freudestrahlend und wir klatschen uns ab.
Leicht nass geregnet und etwas verfroren gehen wir ins Haus zurück und nehmen sogleich eine heiße Dusche. Nach über zwei Wochen eine Dusche zu genießen, fühlt sich wieder mal traumhaft an. Die Wärme und das Gefühl sauber zu sein, sind ein großer Luxus, den wir im Alltag häufig vergessen. Als wir zurück in die Küche kommen, isst Sara etwas zu Abend. Wir schließen uns mit Couscous an und als Sara mit ihrem noch jungen Hund Rufus zurück vom Abendspaziergang kommt, trinken wir zusammen Tee und genießen den Abend. Zum Nachtisch gibt es noch einen besonderen Kuchen. Sara ist vor wenigen Tagen 60 Jahre alt geworden und ihre Tochter hat diesen gebacken. Der Fruchtkuchen ist Saras Lieblingskuchen und ganz besonders, denn die Früchte wurden vorher für einige Zeit in Brandy eingelegt. Ummantelt ist der Kuchen mit Marzipan und er schmeckt fantastisch! Wir tauschen uns lange aus und reden neben dem Thema Fahrrad auch über viele private Dinge. Bei Sara fühlen wir uns richtig angekommen und aufgenommen. Es ist beinahe so, als wären wir schon einmal da gewesen. Das Vertrauen, welches sie uns entgegen bringt und die Gastfreundschaft ist überwältigend. Der Abend endet erst spät und Rufus bekommt von uns beiden noch die ein oder andere Kuscheleinheit, bis er zufrieden einschläft und auch wir ins Bett gehen. Gute Nacht!