Tag 117 - Regen, Stahl und wilde Gärten (26.09.2024)
Von Llanelli nach Coed Hirwaun
Der Tag beginnt mit einem Telefonat mit dem Finanzamt. Wir müssen eine weitere Fristverlängerung beantragen, da unsere Zugangsdaten für das Elster-Konto immer noch nicht angekommen sind. Nach einem kurzen Gespräch ist alles geregelt: Die Verlängerung wird gewährt und die neuen Daten sollen bald eintreffen. Im Anschluss verfasst Michi eine E-Mail an das Arbeitsamt, in der er die fehlenden Dokumente und ausgefüllten Formulare zuschickt, um die Fristen einzuhalten. Eigentlich war alles vor der Reise schon klar und geregelt. Wir wollen und dürfen keine Leistungen während der Reise erhalten. Doch, dass man nun fast vier Monate in der Reise noch damit zu tun hat, klarzustellen, dass man eine private Auslandskrankenversicherung hat und keinerlei Leistungen erhalten möchte sowie keine großen Einnahmequellen hat, hätten wir wirklich nicht gedacht. Trotz der Erledigung dieser bürokratischen Aufgaben sind wir etwas frustriert und essen im Zelt Müsli, während draußen ein heftiger Schauer niedergeht. Nachdem das Wetter sich beruhigt, bauen wir ab, trocknen das Zelt ab und packen zusammen. Der Regen bleibt uns dennoch erhalten, mal klart es auf, dann folgt wieder ein kurzer Schauer. Dennoch machen wir uns schließlich auf den Weg und folgen dem schönen Radweg bis nach Swansea.
In Swansea halten wir bei Lidl und füllen unsere Vorräte auf: Chorizo-Salami, Cole Slaw und Wraps stehen auf dem Speiseplan. Als wir den Laden verlassen, treffen wir auf ein Paar neben einem Tandem. Sie stammen aus der Gegend und wir kommen ins Gespräch, während sie ihre Einkäufe verstauen. Es stellt sich heraus, dass auch sie leidenschaftliche Radreisende sind. Wir tauschen uns über unsere bisherigen Touren aus und sie geben uns Tipps für die kommenden Tage, auch wenn sie unsere Route selbst noch nicht gefahren sind. Die Gegend soll aber recht hügelig werden, meinen sie.
Nachdem wir uns verabschiedet haben, radeln wir durch den Stadtverkehr und weiter entlang des Radwegs bis nach Port Talbot. Dort sehen wir das beeindruckende Stahlwerk, doch der schöne Strand bleibt uns leider verborgen. Unsere Reise führt uns weiter in einen der berühmten Gärten von Wales, von dem uns Manni bereits auf der Überfahrt erzählt hatte. Doch bevor wir den Garten betreten können, steht uns ein altes, prächtiges Tor im Weg. Das schöne, alte und verschnörkelte Haupttor aus Eisen ist verschlossen, und der Seiteneingang ist so eng, dass wir die Drahtesel abpacken müssen. Elias und Emil werden nacheinander durch das Tor gehoben, und nachdem wir alles wieder aufgesattelt haben, geht es weiter.
Der Garten ist wild und naturbelassen. Ein kleiner Bach plätschert neben dem Weg, während wir einen steilen Schotterpfad hinaufsteigen. Doch der Weg wird zur Herausforderung: Brombeersträucher ragen über uns und ihre stacheligen Ranken hängen wie Fallen in den Pfad hinein. Wir manövrieren uns vorsichtig hindurch, während der Wind die Äste hin und her weht. „Stell dir vor, wir wären hier im Dunkeln hinuntergerast“, sagt Michi besorgt. „Das will ich mir gar nicht vorstellen“, entgegnet Kyra. Die Vorstellung, in eine dieser stacheligen Fallen zu rasen, lassen wir lieber schnell wieder fallen.
Oben angekommen, eröffnet sich uns eine herrliche Aussicht. „Sollen wir hier bleiben oder weiterfahren?“, fragt Michi. Wir haben erst knapp 50 Kilometer geschafft, aber der Platz ist so idyllisch, dass wir uns entscheiden zu bleiben. Gerade als wir das Zelt aufbauen, beginnt es wieder zu regnen. Kyra schafft es gerade noch rechtzeitig ins Zelt, und Michi hechtet hinterher, bevor der Regen unaufhörlich auf uns niederprasselt. Wir kuscheln uns in unsere Schlafsäcke und schreiben noch ein wenig am Blog, bevor wir schließlich unter dem gleichmäßigen Trommeln des Regens einschlafen. Gute Nacht!