Tag 128 - Eifelturm (07.10.2024)
Von Jouy-le-Moutier nach Paris
Unser Wecker klingelt früh um 6:30 Uhr. Wir erwachen unterm Dach im warmen Bett bei Caroline und Denys in der Nähe von Paris. Wir drehen uns noch ein paar Mal um, doch dann wird es Zeit aufzustehen. Schnell packen wir unsere wenigen Sachen zusammen und ziehen uns an. Als wir unten im Flur stehen, sind Caroline und Denys ebenfalls bereits fertig. Denys verabschiedet sich, um zum Bäcker zu fahren, während Caroline das Frühstück vorbereitet und bereits in ihr Baguette beißt. Sie muss gleich los, da sie als Apothekerin arbeitet und ihre Arbeit beginnt. Der Stadtverkehr kostet sie manchmal viel Zeit, weshalb sie lieber etwas früher als zu spät losfährt. Kyra fragt, was wir unbedingt in Paris gesehen haben sollten und Caroline gibt uns noch ein paar Tipps. Währenddessen kommt Denys mit Croissants und Baguettes vom Bäcker zurück. Wir genießen alles mit gutem Käse und einem Kaffee. Dann verabschieden wir uns von Caroline und essen noch mit Denys zu ende. Doch dann muss auch er langsam los. Schnell putzen wir Zähne und verlassen gemeinsam das Haus. Denys verabschiedet sich ebenfalls und fährt zur Arbeit. Bevor wir jedoch los können, müssen wir zunächst den Platten vom Vortag flicken, was wir auf einem nahegelegenen Parkplatz machen. Die Drahtesel sind von gestern so dreckig, dass wir diese zudem gleich reinigen. Eine Nachbarin bekommt mit, dass wir bereits eine ganze Weile am flicken und putzen sind und bringt uns jeweils einen Espresso mit Nüsschen und Keksen vorbei. Wir sind sehr gerührt und bedanken uns mehrmals. Dann ist es um circa 10 Uhr soweit und wir können starten. Zum Glück ist das Wetter heute Morgen schön angenehm.
Die Sonne scheint zwischen den zahlreichen Wolken immer wieder hervor und es ist nicht zu kalt. Wir schwingen uns auf Emil und Elias und freuen uns Paris entgegen zu fahren. Zunächst fahren wir an der Oise zur Seine. Wir sehen einige große und hübsche Hausboote, doch die Freude über die Umgebung und der baldigen Ankunft in Paris ist schnell vorbei. Kyras Schaltung möchte nicht so richtig und die Einstellung dauert seine Zeit. Wir bekommen uns in die Haare und Streiten über belanglose Dinge. Dann nähern wir uns wieder an und stellen die Schaltung gemeinsam ein. Nach einiger Zeit geht es weiter. Wir folgen dem Radweg London-Paris, welcher mal idyllisch an der Seine gelegen ist oder durch kleine Wäldchen führt. In einem dieser Wäldchen werden wir von einer Bikepackerin überholt, die wir kurze Zeit später bei einer Pause wieder einholen. An einer Ampel spricht uns ein Mann auf deutsch an und fragt nach unserm Weg, als die Ampel grün wird, ist er jedoch schnell verschwunden. Und dann geht unser Pech weiter. Kyra bzw. Emil hat erneut einen Platten. Wir halten an und das Loch wird trotz langem Suchen einfach nicht gefunden. War es ein falscher Alarm? Wir montieren das Rad erneut und pumpen den Reifen auf. Kyra löst Michi beim Pumpen ab und plötzlich knallt es laut. Da wir unter einen Autobrücke stehen, hallt der Knall von allen Seiten wieder. “Hab ich mich erschrocken! Ich spüre den Druck noch im Auge!” sagt Kyra zittrich. Der Reifen ist geplatzt. Weshalb, wissen wir nicht. Zum Glück haben wir erst in Dieppe einen neuen Reifen gekauft und bauen diesen schnell ein. Dann kann es endlich weitergehen. Wir haben erst 18 Kilometer und der Tag ist gefühlt schon wieder fast rum.
Michi hat dadurch die Vorfreude auf Paris verloren, doch er schafft es sich aufzuraffen und schon bald befinden wir uns in Mitten von Hochhäusern. Die Fahrradwege sind super. Es sind ganze Autospuren zu Fahrradwegen umgebaut, weshalb wir uns sehr sicher fühlen. Durch Baustellen biegen wir zwar ein paar Mal falsch ab, doch wir finden unseren Weg schnell und tauchen immer tiefer in den Stadtverkehr ein. Über eine große breite Straße fahren wir schließlich dem Arc de Triomphe entgegen. Dort sind wir dann doch etwas überfordert. Regen setzt ein und wir wissen nicht so recht, wo wir eigentlich fahren müssen. Wir sehen Fahrräder mitten im Kreisverkehr, doch das trauen wir uns gerade nicht so wirklich. Also schieben wir nach ein paar Fotos die Drahtesel über eine Fußgängerampel und steigen erst nach dem Verlassen des größten Kreisverkehrs Frankreichs zurück auf diese. In der Ferne erblicken wir zum ersten Mal den Eifelturm. Wahnsinn!
Wir haben es bis nach Paris geschafft. Diese Momente überwältigen einen komplett. Über die Av. des Champs-Elysees und die Av. Georg V fahren wir dem Eifelturm entgegen. Kurz vor dem Eifelturm befinden sich zahlreiche Menschen auf der Straße und wir entscheiden uns lieber zu schieben. Es ist ein kleiner Kampf, doch dann stehen wir unmittelbar vor dem bekanntesten Wahrzeichen der Stadt. Mächtig ragt der Eifelturm in die Höhe und wir machen ein paar Fotos. Doch um einen besseren Blick zu erhaschen überqueren wir erneut die Seine und schieben die Drahtesel zum Palais de Chaillot empor. Der Vorplatz ist aufgrund der vor kurzem stattgefundenen olympischen Spiele noch komplett abgesperrt, doch der Ausblick ist fantastisch. Trotz der Menschenmengen schaffen wir ein nette Foto von uns, den Drahteseln und dem Eifelturm. Der Regen wird währenddessen immer heftiger. Es schüttet förmlich und wir sehen nichts zum Unterstellen. Dann muss Michi auch noch dringend auf Toilette und durch Zufall entdecken wir eine auf der anderen Straßenseite. Anschließend kommt ihm eine spontane Idee, die wir sogleich als Video festhalten. Von Denys hatten wir am Morgen noch den restlichen Kaffee und zwei Croissants mitgegeben bekommen. Beides genießt Michi nun im Regen vor dem Eifelturm, während Kyra das Auspacken und Essen filmt. Danach stellen wir uns unter einem halbwegs dichten Baum unter und schneiden im Regen das Video. Wir hoffen, dass der Regen nachlässt, doch leider ist das nicht wirklich der Fall. Als wir fertig sind, regnet es noch immer und wir wollen so langsam ankommen. Also schwingen wir uns auf die Drahtesel und fahren unseren Gästen von “Welcome to my Garden” entgegen.
Als wir die Seine ein letztes Mal überqueren wird es bereits dunkel und der Eifelturm beginnt zu strahlen. Der Ausblick von der Bir Hakeim Brücke ist traumhaft. Die Spitze des Eifelturm verschwindet im Nebel. Nur der von ihr ausgehende Lichtstrahl lässt erahnen, wo der Turm endet. Mit dem Fahrrad-Pendlerverkehr lassen wir uns über die Radwege treiben und verlassen die Stadtmitte. Es geht angenehm bergauf und die Radwege sind weiterhin gut ausgebaut. Nach 10 Kilometern erreichen wir das von “Welcome to my Garden” angegebene Haus. Ding und Elodie empfangen uns sehr nett. Aufgrund des vielen Regens bieten sie uns an, oben im Haus schlafen zu können. Das Angebot nehmen wir dankbar an. Doch zunächst trinken wir einen Tee, den uns Ding gemacht hat. Ding kommt gebürtig von den Philippinen. Er beschreibt sein Land als ein finanziell sehr armes Land. Er hatte als junger Mensch häufig kein Essen. Das Ziel der Menschen sei es nicht reich zu werden, sondern 3 Mahlzeiten am Tag zu haben. Trotzdem ist es sein Land und dort fühlt er sich zu Hause. Als Fotograf hat er für einige Zeit in einer abgeschiedenen Gemeinde auf Palawan gewohnt und gearbeitet. Fotografisch hat er das Leben der Menschen festgehalten. Stolz zeigt er uns die schwarz-weiß Fotos. Eins zeigt ihn selbst. Wir sind von den Bildern und Geschichten begeistert. Stunden könnten wir ihm zuhören, doch als wir den Tee ausgetrunken haben, gehen wir warm duschen. Noch immer sind wir nass und kalt. Nach der Dusche kommen wir erneut runter und machen uns Spaghetti mit Tomaten und Knoblauch. Kurz darauf lernen wir den jüngeren Sohn kennen, der sich nach einem schnellen Abendessen in sein Zimmer zurückzieht. Wir erfahren, dass der ältere Sohn vor einem halben Jahr verstorben ist. Vater und Sohn sind erst diesen Sommer mit dem Fahrrad den Jakobsweg gefahren. Elodie hat die zwei ohne Fahrrad begleitet. Bereits vor 10 Jahren haben sie den Jakobsweg zu Fuß zu viert beschritten. Während wir zu Abend essen, erzählt uns Ding weiter von den Philippinen. Elodie und er haben dort 4 Jahre gelebt, doch als ihr zweiter Sohn geboren wurde, sind sie nach der Geburt in Frankreich hängen geblieben. Die beiden haben sich kennengelernt und ineinander verliebt, als er Straßenkinder auf den Philippinen fotografiert hat und Elodie dort ebenfalls mit Straßenkindern arbeitete. Als wir über unsere Reisevorbereitungen sprechen und auf das Thema Impfung gegen Tollwut kommen, erzählt uns Ding, dass Tollwut noch ein großes Problem in seiner Heimat ist. Er hatte die Möglichkeit in einem Krankenhaus einen Jugendlichen mit Tollwut zu interviewen. Das Erlebnis berührt in bis heute und auch uns nimmt die Geschichte, die er erzählt sehr mit. Es fasziniert uns sehr, was die beiden bereits alles an schönen und schlimmen Dingen erlebt haben. Was für ein Leben und wahnsinn, wie sie alles meistern. Wir wünschen ihnen nur das beste. Nach weiteren Gesprächen ist es bereits sehr spät und wir ziehen uns auf unsere Isomatten und in die Schlafsäcke nach oben zurück. Da wir noch nicht so viel von Paris gesehen haben, möchten wir morgen zurück in die Stadt fahren und am Abend in ein Hotel gehen. So sehr wir es mögen mit den Menschen in Kontakt zu treten und bei diesen im Garten oder Haus zu schlafen, sehnen wir uns nach etwas Privatsphäre. Aus diesem Grund sind wir vor dem Einschlafen noch auf der Suche nach einer guten und günstigen Unterkunft. Als wir gerade etwas in Buc, in der Nähe von Versailles entdecken und buchen möchten, ist uns jemand zuvor gekommen. Enttäuscht schläft Kyra ein, doch Michi gibt so schnell nicht auf und sucht weiter. Eine Stunde später weckt er Kyra, doch leider sind wir beide nicht so ganz zufrieden. Erst gegen 2 Uhr nachts entscheiden wir uns eine Nacht im B&B etwas abseits von Paris zu bleiben und schließlich noch 2 Nächte in dem vor einigen Stunden gefundenen Unterkunft in Buc zu buchen. Zufrieden schlafen wir ein. Gute Nacht!