Tag 157 - Impfung? (05.11.2024)
Kein Radtag
Die Nacht im Bett bei André und Frances war wesentlich entspannter als die letzten Nächte. Wir konnten ruhig schlafen und hatten nicht die ganze Zeit ein Ohr aktiv, um Geräusche von Wildschweinen wahrzunehmen. Nur am Morgen, nachdem unser Wecker klingelt, fährt die Müllabfuhr laut durch die enge Straße. Wir bleiben noch ein bisschen liegen, bis wir gegen kurz nach 8 Uhr André und Frances in der Küche hören. Zusammen trinken wir einen Kaffee und essen ein paar Scheiben Brot. Es ist ein herrlicher gemütlicher Morgen, doch dann müssen wir uns um unsere noch ausstehenden Impfungen kümmern. Vor unserer Reise wurden wir im Gesundheitsamt Emden an drei Terminen mehrmals gegen alle möglichen Dinge geimpft. Das Amt hat uns super beraten und alle Impfungen waren vorrätig. Besser hätte es nicht laufen können, doch von der Zeit her, haben wir die zweite Impfung gegen Dengue-Fieber nicht mehr geschafft sowie Michi die dritte Impfung gegen Hepatitis. Beide Impfungen möchten wir nun nachholen. Wir haben auf der Internetseite des Krankenhauses in Bordeaux gesehen, dass sie beide Impfungen verabreichen, doch leider war die letzten Tage telefonisch niemand erreichbar gewesen. Erschwerend kam hinzu, dass wir die französische Durchsage mit unseren sehr sehr kleinen französisch Kenntnissen nicht verstanden haben. André ruft nun für uns im Krankenhaus in der Abteilung für Impfungen an. Auch bei ihm geht trotz Öffnungszeiten nur die automatische Durchsage dran. Diese gibt die Öffnungszeiten durch, in welchen wir uns eigentlich befinden. Etwas irritiert gucken wir uns an. “Okay, I think we have to drive there in person”, grübelt er laut. Er schlägt uns vor uns zu begleiten und gibt uns zwei ihrer Fahrräder. Kyra bekommt das von Frances und Michi ein neues repariertes, welches er mit seinem Nachbar fit gemacht hat. Die beiden haben das Fahrrad zum Verschenken am Straßenrand gefunden. André und Frances können nicht genug Räder haben, denn ihre vielen Enkelkinder kommen sie gerne und oft besuchen. 9 Enkelkinder haben die beiden und während der Herbstferien waren alle zu Besuch. Sie haben sogar schon eine Fahrradtour mit allen zusammen unternommen. Nun steht jedoch eine Fahrradtour für uns drei an. Frances bleibt zu Hause und wir fahren mit André los.
Schnell ist das Krankenhaus erreicht, doch wir müssen uns dort erst einmal zurecht finden. Nach ein paar Mal nachfragen haben wir die Abteilung erreicht, doch die Ernüchterung kommt schnell. Obwohl die Impfungen beide auf der Homepage aufgeführt werden, verimpfen sie beides nicht. Dengue-Fieber wird anscheinend in ganz Frankreich nicht verimpft und wir sollen es in Spanien versuchen. DIe Impfung für Hepatitis kann sich Michi in einer Apotheke abholen, doch zunächst brauch er dafür ein Rezept von einem Arzt, welches hier nicht ausgestellt werden kann. Mist… Aber wir möchten für Michi die Impfung gerne versuchen. Zunächst unterhält sich André noch mit der Krankenschwester. Sie erzählt ihm, dass aus der Familie erst vor kurzem jemand ebenfalls lange mit dem Fahrrad unterwegs war. Sie ist ganz begeistert, doch leider können wir uns aufgrund von Sprachbarrieren nicht wirklich austauschen. André übersetzt ein bisschen, doch dann muss sie auch weiter arbeiten. Wir verlassen das Krankenhaus und uns wird zum Abschied noch gewunken. Weiterhin ist André unglaublich hilfsbereit und sucht für uns eine Praxis heraus, die Michi die Verschreibung fertig machen könnte. Sein Hausarzt hat aktuell leider nicht geöffnet, doch am anderen Ende der Stadt gibt es eine Praxis, wo man ohne Termin hin kann. Dort waren sie früher häufiger selbst mit ihren Kindern. Wir holen die Drahtesel und machen uns auf den Weg. Auf der Route dorthin bekommen wir Bordaux gezeigt. Wir fahren am Rathaus vorbei, der Kathedrale, Kirche und Markthalle. In der Markthalle nimmt André einen riesen Champignon für das Essen heute Abend mit. Beteiligen an den Kosten dürfen wir uns nicht. Wir sind, wie bereits gestern, eingeladen und er freut sich sehr für uns zu kochen. Wir uns natürlich auch. Es ist unglaublich herzlich und nett, wir sind wieder einmal so dankbar auf unserer Reise für die vielen unglaublichen Erlebnisse und Einladungen.
Anschließend fahren wir noch an der Innenstadt vorbei und erreichen kurz darauf die Praxis. Dort müssen wir eine Nummer ziehen und um diese zu bekommen unsere Daten eintragen. Michi bekommt die C017. Die aktuelle Nummer auf der Anzeigentafel ist die C007. Erneut sind wir froh André als Muttersprachler dabei zu haben. Er muss sich nun verabschieden, aber erklärt dem Empfang kurz warum wir hier sind. Die Frau gibt zu verstehen, dass wir warten sollen. Somit verabschieden wir uns von André und suchen uns einem Platz im Flur, wo bereits einige andere Menschen warten. Dann warten wir… Und warten… Und warten… Nach circa 1,5 h sind wir bei C010 angelangt. Es passiert also so gut, wie nichts. Wir warten weiter… Währenddessen vereinbaren wir einen Termin über unsere Krankenversicherungs-App. Die Hoffnung besteht, dass wir dort früher bzw. überhaupt dran kommen. Als die Empfangsdame kurz aus ihrem Zimmer kommt, wo die gesamte Zeit über ein Patient drin war, erklären wir ihr schnell die Situation und verabschieden uns. Sie scheint etwas irritiert und uns tut es leid, doch leider haben wir nur den heutigen Tag und die Zeit läuft. Somit fahren wir zurück in die Innenstadt, am Fluss entlang und in RIchtung der anderen Arztpraxis. Auf dem Weg dorthin bekommen wir plötzlich eine Absage. Mist… Somit wird das heute anscheinend nichts. Wir entscheiden spontan auch die Hepatitis Impfung auf Spanien zu verlegen, bleiben in der Innenstadt und nutzen die Zeit lieber um uns Bordeaux anzusehen. Bei der Stadtbesichtigung finden wir ein Geschäft für Seifen aus natürlichen Produkten. Bei André und Frances haben wir gesehen, dass diese wie wir gerne Seifen benutzen. Somit kaufen wir vier Stück. 2 für die beiden und jeweils eine für uns. Unser Vorrat ist somit wieder gut aufgefüllt und wir haben ein nettes Dankeschön für die herzlichen Einladungen. Obwohl es heute Abend wieder Essen gibt, knurren unsere Mägen und wir brauchen eine Kleinigkeit zum Mittag. Die Suche nach einem günstigen und netten Restaurant gestaltet sich jedoch sehr schwer. Wir landen in einer Creperie, werden jedoch auch nach einigen Minuten nicht beachtet und bedient. Aus diesem Grund stehen wir wieder auf und laufen weiter. Kurze Zeit später finden wir einen wesentlich günstigeren Crepe-Stand. Vielleicht sollte es so sein? Hier bestellen wir jeweils einen herzhaften Crepe mit Käse, Salat und Schinken. Es schmeckt lecker und der kleine Hunger ist gestillt. Gegenüber sehen wir die für Bordeaux typischen Cannelés, kleine Küchlein mit Rumaroma. Kyra stellt sich für 4 Küchlein an und bekommt von der Kassiererin den Tipp 6 zu kaufen, da diese günstiger als 4 sind. Dazu bekommen wir noch 2 Bonbons geschenkt. Wie nett! So haben wir ein tollen Nachtisch für heute Abend. Ohne zu probieren, was uns relativ schwer fällt, packen wir die 6 Küchlein weg. Trotzdem ist uns nach einem Nachtisch…
Zuerst besuchen wir aber noch Decathlon, um neue Schläuche und Bremsbelege für Kyra zu organisieren. Dann laufen wir bis zum Ende der Innenstadt, finden ein günstiges Café und lassen es uns noch einmal gut gehen. Zum Kaffee gibt es Croissant und etwas Süßes. Obwohl wir in einer Kette sind, müssen wir kurz überlegen. Sind die Croissants hier vielleicht die Besten, die wir in Frankreich bisher gegessen haben? Vielleicht nicht ganz, aber sie kommen nah dran. Wir einigen uns auf Platz 3! Als letzte Aufgabe für heute steht nun das Fahrradgeschäft auf dem Plan. Schnell ist dieses erreicht. Der Inhaber ist nett, doch leider hat er nicht die passenden Teile für uns. Vielleicht eine Kasette und einen Ständer, aber… Er muss dafür erstmal suchen. Wir verabreden, dass wir morgen früh nochmal vorbei kommen. Da es sich um ein Fahrradcafé mit Werkstatt handelt, möchten wir den angepriesenen Kaffee zum Abschluss von Bordeaux gerne morgen probieren. Da wir noch ein wenig Zeit haben, laufen wir ein Stück mit dem Fahrrad in der Hand zurück zu André und Frances.
Dort kommen wir mit ganz schlechten Gewissen an, denn wir haben beide zu dem ausgeliehenen Fahrrad ein Schloss bekommen, wo Michi den Schlüssel zu verloren hat. Er kann es sich nicht erklären und während Kyra etwas am Blog arbeitet, fährt er unsere Strecken erneut ab und sucht nach dem Schlüssel. Doch dieser ist leider wirklich verloren. Als es bereits dunkel draußen ist, steht Michi an der Tür und entschuldigt sich mehrmals. Für André und Frances ist es jedoch gar kein Problem. So etwas kann passieren! Es ist doch nur ein Gegenstand! Trotzdem ist es Michi unangenehm, insbesondere da ihm sowas vorher noch nie passiert ist. Doch dann verbringen wir wie gestern einen wunderschönen Abend zusammen und das Schloss ist schnell vergessen. Die beiden haben für uns Schnecken gekocht. Diese haben sie bei sich selbst im Garten gesammelt. Als sie gehört haben, dass wir noch nie Schnecken gegessen haben, wollten sie uns dies unbedingt zeigen. Wir probieren zunächst etwas zögerlich und sind durch die Konsistenz etwas abgeschreckt, doch der Geschmack… Der ist gar nicht so schlecht. Gut mit Knoblauch und Gewürzen sowie ohne den Gedanken, was wir hier eigentlich essen, schmeckt es richtig gut. Anschließend gibt es den Pilz, ebenfalls mit viel Knoblauch und als Hauptgericht Reis mit Hühnchen Tomaten und Möhren. Wie es in Frankreich typisch ist, wird uns anschließend Käse gereicht und zum Nachtisch Weintrauben sowie unsere mitgebrachten Küchlein. Es ist so herrlich, dass wir uns bis 22 Uhr verquatschen. Dabei genießen wir den Abend, lachen viel und tauschen uns über alles Mögliche aus. Unser Aufenthalt bei André und Frances fühlt sich nicht an, als würden wir Welcome to my Garden (eine Fahrrad Community, wo man bei anderen Personen sein Zelt im Garten aufbauen darf) übernachten, sondern als hätten wir Freunde besucht. Diese Erfahrung haben wir bereits häufiger gemacht. Wir erinnern uns gerne z.B. auch an Sarah mit Rufus aus Wales zurück oder an Sandra in der Normandie oder an Karen aus Inverness oder oder oder… Alle waren herzlich und mehr Freunde als Fremde. Doch auch diese netten Abenden gehen irgendwann zu Ende und somit gehen wir glücklich und zufrieden ins Bett. Gute Nacht!