Tag 20 - Oxford (21.06.2024)

Von Bourne End nach Upper Heyford

Zrrrrrt… Wach und voller Tatendrang stürzen wir auf… zunächst die Toilette. Doch dann wird das Zelt ausgeräumt und in die Morgensonne versetzt. Während es trocknet, sitzen wir bereits am Gartentisch auf der schönen Terasse und bauen unser Techniksammelsurium auf. Als Barbara uns begrüßt und Kaffee oder Tee anbietet. Wir entscheiden uns für Kaffee und sind weiterhin von der Gastfreundschaft begeistert, ja schier überwältigt. Als der Kaffee mit aufgeschäumter Milch und Zimt-Zucker vor uns steht wird sogleich nach Frühstück gefragt. Kurze Zeit später findet sich eine kleine Auswahl an beliebten Frühstückszutaten der Familie auf dem Tisch. Toast mit Marmite kennt Kyra noch nicht. “Waaas ist das? üähhhh”, entfährt es ihr. Michi kennt es und findet mit Butter auf Toast das würzig salzige Hefekonzentrat doch eigentlich ganz lecker. Barbara verabschiedet sich, bedankt sich für die Zeit und nette Begegnung, die beiden Männer des Hauses sind noch da. Als wir nach einer Ewigkeit losrollen, lassen wir noch drei Beutel Ostfriesentee da und streicheln Jim-Bob den treuen und unglaublich liebenswerten Hund. Noch ein kurzes Gespräch und wir müssen leider los. Heutiges Ziel: Oxford. Ein bisschen nördlich davon steht ein weiterer Garten für uns bereit. Perfekt!

Doch zunächst radeln wir irgendwie in die falsche Richtung los. Umdrehen, Kreisverkehr, jetzt passt es. Hügel. Steiler als erwartet, aber zu schaffen. Schnaubend und ächzend schleppen sich die Drahtesel nach oben. Nur um sogleich wieder rasant Richtung High Wycombe hinabzustürzen. Es geht auf einem kleinen, aber feinen Radweg oberhalb des Wassers entlang und zahllose Eichhörnchen tollen über den Weg, klettern auf Bäume oder verschwinden im Geäst. Nach dem nächsten Anstieg in praller Sonne sind wir platt. Wir machen Pause, genießen Brot mit Honig und Marmelade oder Öl und Salz. Gestärkt geht es hinab zu einer Bundesstraße und neben dieser durch den Fahrradweg. Warum durch? Weil dieser leider mal wieder völlig überwachsen ist. Dann stoßen wir jedoch auf eine herrliche Bahntrasse.

Die Natur zieht vorbei, es geht durch grüne Tunnel und hinaus in gleißenden Sonnenschein. Schon sind wir in Thame. Nach einem weiteren Anstieg in Wheatley überblicken wir die Umgebung und sehen Oxford. Es geht steil hinab. Elias jagt voller Vorfreude voraus. 20 km/h… 30 km/h… 50 km/h, galant schlängelt er sich an Schlaglöchern und kleinen Buckeln vorbei, die eigentlich die Geschwindigkeit etwas regulieren sollen. Doch den Esel bremst nichts, bis Michi die Bremse zieht und Elias empört kreischend am Fuße des Hügels zur Ruhe kommt. Wo sind Emil und Kyra? Ist etwas passiert? Zum Glück nicht, sie sausen ebenso hinab. “Dein Union Jack ist abgefallen!”, ruft Kyra. Oh nein, das kleine Fähnchen hatte dem Fahrtwind nicht standgehalten und war aus der Halterung gerutscht. Frisch bestückt geht es weiter nach Oxford. Eine riesige Sportanlage begrüßt uns. Dann an einer Ampel werden wir nett von einer Frau angesprochen und sogleichmisch steigt ein junger Mann in das Gespräch ein. Er ist als Praktikant aus München bei Mini in Oxford. Wir unterhalten uns kurz und dann rollen weiter in Richtung Innenstadt. Dort finden wir zunächst “Swoon Gelato” und halten somit eine Tradition auf unseren Touren aufrecht. Eiscreme! Es gibt zwei Kugeln für Kyra, Pistazie und Salted Caramel… Für Michi gibt es einen Espresso und eine Art Eistiramisu. Alles ist cremig und wirklich superlecker. Als wir auf das Eis warten, spricht uns ein junger Mann an. “All the way from Germany? With the bicycle?”, fragt er ungläubig und ist beeindruckt. Wir schlemmen unser Eis und beobachten das Treiben auf der Straße. Einfach mal genießen und die Seele baumeln lassen. Dann satteln wir wieder auf und fahren durch die geschichtsträchtige Stadt mit ihrer weltberühmten Eliteuniversität. Um das Sheldonian Theatre haben sich einige Zelte im Protest gegen den Krieg in Gaza versammelt. Ansonsten ist die Stimmung ausgelassen. Die Examen sind vorbei und Studierende ziehen mit Sekt, Wein und bierflaschen durch die historischen Gassen. Gelächter und Jubel erfüllt die Luft. Überall wehen bunte Ballkleider und wandern korrekt sitzende Anzüge von Pub zu Park zu Pub. Wir genießen die ausgelassene Stimmung unter den ehrwürdigen Zinnen, vorbei an der Bibliothek, dem Trinity College und hinaus aus der Stadt.

Prächtige Villen weichen normalen Ein-/Zweifamilienhäusern. Ein gutes Stück hinter der Stadt finden wir einen “Sainsbury”, eine englische Supermarktkette. Michi kauft Müsli, Tomaten, Möhren und Sprudelwasser mit Geschmack. Ein fröhlich schief pfeifender Mann begleitet ihn im Laden. Doch er versprüht dabei eine solch ansteckende Freude. Auch andere Ladenbesucher können ein Lachen nicht unterdrücken. Er selbst lächelt ebenso und wechselt das Instrument. “Bab du brrr dab dab. Ba duhhhh!”, Singt er fröhlich vor sich hin und klatscht dabei in die Hände. Grinsend läuft man sich immer wieder über den Weg. Dann geht Michi zur Kasse und hinaus, schnell zurück auf die Straße. Es geht konstant bergauf und wir finden uns auf einer einsamen Landstraße wieder. Am Ende sehen wir ein Flugfeld mit mehreren Hangars. Ein alter Militärflughafen. Es geht links den Hügel hinab, rechts und. “Da ist der Pub und dort die England Fahne im Garten,” ruft Michi. “Ja, das muss Rogers Haus sein.”, bestätigt Kyra. Er hat zwar geschrieben, dass wir einfach in den Garten sollen, aber das Schild zur Warnung vor dem Hund schreckt uns etwas ab. Also klingeln wir. Dann kommt Roger aus dem Haus. Dicht gefolgt von Sky, seiner jungen Silver Labrador Dame. Er ist eine Frohnatur und wir folgen ihm in den Garten. Schnell ist unser Zelt unter den wachsamen Augen der Hühner aufgebaut. Wir duschen und quatschen noch. Er wandert viel und insbesondere Langdistanz in den USA. Dort bekam er auch seinen Spitznamen “Snailtrainer”. So ist er den Pacific Crest Trail, den Appalachian Trail und den Continental Divide Trail gelaufen. Diese als “the big three” bekannten Fernwanderwege summieren sich auf insgesamt etwa 12.674 km. Zudem noch Coast to Coast in England. Über seine Erlebnisse berichtet er auf seinem Blog und Youtube. Absolut faszinierend und verrückt zugleich. Wir sind begeistert und könnten noch ewig weiter quatschen. Doch für uns heißt es nun noch schnell eine Kurzwäsche dankend annehmen und ab ins Bett.