
Tag 235 - Zurück in die Berge
Fahrrad-weltreise: Valle Niza nach Cacin
22.01.2025
Als wir erwachen, ist es noch dunkel draußen. Wir genießen die Zeit und die Ruhe während wir uns noch einmal umdrehen. Dabei kuscheln wir uns aneinander und schauen nach draußen. Von unserer kleinen Zelttür können wir das Mittelmeer sehen. Die zahlreichen Lichter deuten auf die vielen Boote hin. Manche liegen still im Wasser, andere bewegen sich zügig hin und her. Über ihnen am Himmel sind ebenso viele Lichter. Die Sterne leuchten kräftig. Während wir hinaus gucken, wird es langsam heller. Der Sonnenaufgang beginnt und färbt die wenigen Wolken in vielfältige rot bis lila Töne. Es sieht atemberaubend aus. Eigentlich möchten wir gerne ein Foto mit Zelt davor machen, doch dafür müssen wir uns zunächst anziehen. Schnell packen wir im inneren des Zeltes alles zusammen, verlassen dieses und machen ein Foto. Leider sieht es zu diesem Moment nicht mehr ganz so atemberaubend aus, jedoch noch immer wunderschön. Als wir auf die Uhr gucken, sind wir erstaunt, wie schnell wir waren. Ob es daran lag, dass wir keine Heringe verwendet haben? Wir sind uns nicht ganz sicher. Ohne Wecker und ohne großen Druck, außer er kommt von einem selbst, geht es bei uns doch meistens am schnellsten. Erstaunlich! Mit den ersten starken Sonnenstrahlen verlassen wir unseren Schlafplatz und fahren die steile Schotterpiste von gestern Abend wieder herunter. Fast unten angekommen liegt Michi plötzlich mit Fahrrad auf sich am Boden. Kyra kommt hinter ihm her gedüst und ruft: “Michiiiii”. Doch dieser sagte bereits: “Alles gut, ich konnte diesem doofen Stein nicht ausweichen” und er zeigt auf einen großen Stein vor dem umgekippten Elias. “Da waren 3 Steine. Immer wenn ich einem ausgewichen bin, kam der nächste! Und beim dritten, da ging es nicht mehr”, erzählt er weiter. Doch zum Glück ist nichts passiert. Trotz grober Steine unter ihm, hat er nicht einmal eine Schürfwunde und auch Elias ist in Ordnung. So kann die Fahrt weitergehen. Wir biegen links auf die Straße an der Küste ab und befinden uns wieder auf der Route. Eine Rennradgruppe nach der nächsten fährt auf der Küstenstraße an uns vorbei. Bei der zweiten Altherren-Gruppe hängen wir uns hinten dran. Es geht erstaunlich gut! Mit 28 km/h fliegen wir hinterher. Die Gruppe scheint es gar nicht wahrzunehmen. Sie sind viel mehr mit dem Straßenverkehr beschäftigt. Einer von ihnen fährt sehr weit links und wird berechtigterweise von einem dahinter fahrenden Auto angehupt. Er macht dem Auto kurz Platz, fährt jedoch gleich wieder zurück. Am nächsten Kreisverkehr fahren die drei weiter geradeaus und wir nehmen eine Ausfahrt später. Unsere Navigation führt uns zielstrebig durch den Ort Torre del Mar in Richtung Velez-Malaga. Eine breite Straße verbindet die beiden Städte. Scheinbar gab es früher auch eine verbindende Straßenbahn, doch die Schienen sind schon lange überwuchert. An einigen Stellen parken sogar Autos auf ihnen. Sowas haben wir auch noch nicht gesehen. Bevor der Anstieg nach Velez-Malaga beginnt, gehen wir noch schnell bei lidl einkaufen. Wir organisieren etwas aus dem Backshop für heute Mittag und füllen unsere Brot, Getränke und Milch reserven auf. Noch vor dem Discounter schütten wir den 5 l Kanister in unsere Trinkflaschen um und nutzen das restliche Wasser um die bereits angefallene Wäsche zu waschen. Alles ist schnell erledigt und wir folgen der Bundesstraße in Richtung Berge.



Der Anstieg ist zunächst angenehm und der Seitenstreifen der Bundesstraße breit. Doch dann beginnt eine Kurze am Berg und die Sonne strahlt warm auf uns hinab. Es wird immer anstrengender und uns wird immer wärmer. Wir bleiben kurz stehen, um den Pulli auszuziehen und radeln in kurzer Hose und T-Shirt weiter. Aus den uns entgegenkommenden Autos kommen mal interessierte, mal irritierte und mal begeisterte Blicke. Wenige feuern uns an oder zeigen den Daumen, was uns besonders freut. Es motiviert einen und gibt uns Kraft. An einem kleinen Platz für Mülleimer bleiben wir kurz für eine Trink- und Pipipause stehen, dann geht es weiter. Doch bereits nach wenigen Metern bleiben wir erneut stehen, da wir uns nun entscheiden müssen, ob wir weiter geradeaus fahren oder rechts der anderen Straße folgen. Nach kurzer Diskussion und Vergleich zwischen Google Maps und komoot, entscheiden wir uns für die rechte Straße und somit die vorgeschlagene komoot Variante. Es handelt sich ebenfalls um eine größere Straße mit breitem Seitenstreifen. Die Straße ist jedoch wesentlich leerer und führt uns zunächst etwas bergab. Mit schneller Geschwindigkeit rasen wir hinunter. Unsere durchgeschwitzten Sachen vom Bergauf fahren können ein wenig trocknen und auch wir kühlen runter. Das tut richtig gut. Nach kleineren Örtchen geht es erneut bergauf. Sofort beginnen kleine Serpentinen, doch die Steigung lässt sich gut fahren. Obwohl wir keinen wirklichen Appetit verspüren, fangen gegen 12:30 Uhr unsere Mägen an zu knurren. Zunächst ignorieren wir das Gefühl, doch als Michi wiederholt auf Toilette muss und wir sowieso kurz stehen, nutzen wir die Gelegenheit und setzen uns mit unseren Backwaren hin. Die Füße hängen von der asphaltierten Straße auf einen Olivenhain, in den wir blicken, hinunter. Ein frischer Wind weht uns durchs Haar und wir genießen die Pause. Eigentlich sieht man soweit wir blicken können nicht wirklich etwas anderes, außer Olivenbäume und Häuser. Der Boden ist steinig und sandig und die Gegend wäre wahrscheinlich ohne die ganze Landwirtschaft ziemlich kahl.



Als wir weiterfahren, beobachten wir irritiert, dass einige Leute unter Olivenbäumen arbeiten. Sie scheinen die Oliven zu ernten. Wir hatten eigentlich angenommen, dass die Erntezeit bereits seit November vorbei ist, doch anscheinend werden Oliven je nach geografischer Lage und Sonneneinstrahlung zwischen Oktober und Januar geerntet. Auch sehen wir, desto höher wir kommen, immer mehr blühende Mandelbäume. Einige blühen hellrosa und andere weiß. Es sieht wunderschön aus und wir müssen jedes Mal ein Foto machen. Doch auch die Aussicht ist fantastisch. Vor uns erblicken wir ein Tor zwischen den Bergen, welchem wir entgegen fahren und hinter uns sehen wir die geschnörkelten Serpentinen durch das Tal. In der Ferne strahlt sogar noch das Blau vom Meer. Die Anstrengung hat sich also mal wieder mehr als gelohnt. Während wir die letzten Serpentinen nach oben klettern, überholt uns ein LKW. Wir fahren an den Rand und bleiben kurz stehen, um ihn passieren zu lassen. Die Straßen sind in den Kurven so schmal, dass wir uns damit sicherer fühlen. Der Fahrer ist positiv überrascht und winkt sowie hupt vor Begeisterung. Wir winken zurück während wir uns erneut auf die Drahtesel schwingen. Die letzten Meter hinauf sind tatsächlich ein Kinderspiel und kurz bevor wir durch die Berglücke fahren, sehen wir noch Bergsteiger im Berg hängen. Der Rückenwind drückt uns nach vorne und schon rollen wir die ersten Meter durch das Dorf Ventes de Zafarraya hinab.




Die Abfahrt ist jedoch nur kurz, denn wir folgen der Straße weiter auf einer Ebenen. Eine ganze Weile geht es flach durch Felder und Gewächshäuser. Hier schienen Tomaten, Paprika und Artischocken angepflanzt zu werden. Ein Gewächshaus befindet sich gerade im Bau und wir gucken den Arbeitern gespannt zu. Der Müll am Straßenrand schreckt uns jedoch sehr ab. Überall liegt Plastik. Im Graben sehen wir zudem zahlreiche Dosen und Flaschen. Würde man hier Müll sammeln, würde man an einem Tag keinen Kilometer weit kommen und das ist nicht übertrieben, so traurig es ist. Als wir uns gerade noch über den Müll ärgern, kommt uns der begeisterte LKW-Fahrer von der Auffahrt entgegen. Er scheint bereits wieder auf dem Rückweg zu sein und erinnert sich noch gut an uns. Erneut winkt und hupt er. Anschließend können wir bereits das Ende der Ebene erahnen. Nach einem Hotel führt die Straße nach links und die nächste Steigung beginnt. Schlagartig ändert sich die Landschaft. Zu beiden Seiten erstrecken sich nun große Bereiche mit Eichen. Ob hier wohl die berühmten Iberico-Schweine leben? Unter schwerem Atmen aufgrund der Steigung sehen wir jedoch statt Schweine eine ganze Herde Ziegen. Die Steigung zieht sich in die Länge und als wir plötzlich oben sind, ändert sich die Landschaft erneut. Die Bäume werden allmählich lichter und wechseln sich von Eichen in Olivenbäume. Nun befinden sich wieder zahlreiche Olivenhaine um uns herum. Der Wind bläst nun kräftig und es fühlt sich direkt wesentlich kühler an. Doch uns wird nicht kalt, denn die Begeisterung aufgrund der rasanten Abfahrt und dem wunderbaren Ausblick auf das Sierra Nevada Gebirge ist hoch. Wir blicken direkt auf den höchsten Berg (Mulhacen) der Iberischen Halbinsel. Er ist mit Schnee bedeckt und mit über 3.400 m gigantisch. In Alhama de Granada machen wir eine weitere Pause. Wir essen Baguette und müssen dabei ständig unsere Sachen im Auge behalten, denn der Wind bläst sie regelrecht weg. Michi hüpft dreimal auf, um Verpackungen und Deckel wieder einzufangen. Während wir essen, gucken wir auch bereits, wo wir vielleicht schlafen können. Doch unsere Umgebung in den nächsten Kilometern soll weiter aus Olivenbaumhainen bestehen und somit ist eine genauere Eingrenzung für die Schlafplatzsuche schwer. Wir lassen uns einfach überraschen und schauen von der Straße aus. Ein weiterer Anstieg ist schnell geschafft und während wir die nächste Abfahrt genießen, steht die Sonne bereits tief am Himmel. In Cacin ist kaum etwas los. Wir sehen lediglich 2 Menschen auf der Straße und sind ebenfalls etwas in Eile, um wieder aus dem Ort hinaus zu kommen. Die Sonne ist bereits hinter dem Hügel verschwunden und wir werden müde. Am Ende der Stadt beobachtet ein älterer Herr Michi aus dem Fenster und als er bemerkt, dass Kyra ihn sieht, versteckt er sich schnell hinter den Vorhängen. Kyra ist leicht irritiert, findet die Situation jedoch auch lustig. Die Route führt uns erneut hinauf, doch schnell schafft eine Auffahrt auf einen Olivenhain abhilfe. Wir biegen links ein und suchen uns zwischen den Olivenbäumen einen Platz, der nicht von der Straße oder Bauernhöfen aus einsehbar ist. Kurz nachdem wir fertig aufgebaut haben, geht die Sonne unter. Wir schreiben nur noch ein wenig Blog und schlafen anschließend müde sowie erschöpft ein. Gute Nacht!



