
Tag 236 - Richtigen Riecher in Granada
Fahrrad-weltreise: Cacín nach Granada
23.01.2025
Der Sternenhimmel über uns ist traumhaft und als wir erwachen, steht der Mond zusätzlich strahlend am Himmel. Wir möchten, wie fast jeden Morgen, jedoch noch etwas die Zeit genießen. Trotzdem wir schon die Luft aus den Isomatten gelassen haben, kuscheln wir uns auf dem harten Steinboden unter den Olivenbäumen noch einmal zusammen. Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind groß, weshalb uns etwas frisch ist. “Passen wir eigentlich zusammen in einen Schlafsack?” fragt Michi und kommt zu Kyra herübergekrochen. Nach etwas ziehen und drücken passt es. “So wissen wir ja für wirklich kalte Tage Bescheid”, sagt Kyra lachend. Es ist zwar etwas eng, doch uns wird schnell warm. Während wir darliegen und die Wärme genießen, werden die Autos auf der Straße immer mehr. Irgendwann hören wir den ersten Traktor und entscheiden aufzustehen. Vom Farmer unter dessen Olivenbäumen entdeckt zu werden, möchten wir heute Morgen nicht erleben. Schnell ist alles abgebaut und noch bevor die Sonne auf geht, sitzen wir auf den Rädern und fahren die bereits angefangene Steigung von gestern Abend zu Ende. In Serpentinen ragt sich die Straße hinauf und scheint nicht enden zu wollen. Als wir dem Gipfel immer näher kommen, färbt sich der Himmel in unterschiedliche rot- und orangetöne. Hinter der Bergspitze scheint die Sonne bereits in voller Pracht zu stehen und die Wolken ein zu färben. Wie wunderschön das aussieht. Wir fahren dem Licht und der Wärme immer weiter durch Olivenbäume und Solaranlagen entgegen. Irgendwann ist es geschafft. Wir sind im Sonnenschein an der höchsten Stelle angekommen. Dort machen wir hinter einem sehr heruntergekommenen Bauernhof nun erst einmal Frühstückspause. Der Blick während wir unser Müsli naschen ist traumhaft. Wir schauen auf verschiedene Gebirge, wie z.B. das Sierra Nevada Gebirge mit dem höchsten Gipfel Mulhacen auf 3482 m Höhe. Das Gebirge ist typischerweise in den Wintermonaten von Schnee bedeckt und so können auch wir die Schönheit der Schneekuppel bewundern. “Müssten wir nicht eigentlich schon Granada sehen können?” überlegt Kyra laut. Michi bejahrt und wir vermuten die große Stadt hinter dem kleinen Hügel, der vor uns liegt. Da Michi beim Hinauffahren ein paar Mandeln gepflückt hat, versucht er diese nun zu knacken. Das geht mit einem Stein erstaunlich leicht. Die erste Mandel, die er erwischt, ist jedoch eine Bittermandel. Der Gesichtsausdruck verrät es sogleich. Michi kaut nicht weiter und spuckt die Masse aus: “Ihhhh”. Wir finden heraus, dass Bittermandeln etwas kleiner sind und bei uns waren diese auch etwas dunkler, als die geschmacklich guten Mandeln. Zudem ist bei Bittermandeln aufzupassen, beim Abbau im Magen wird hochgiftige Blausäure freigesetzt. Schon 5-10 Bittermandeln können bei Kindern zu einer tödlichen Blausäurevergiftung führen. Über die anderen Mandeln freuen wir uns sehr und naschen diese als Nachtisch. Was wir nicht alles auf Radreise lernen! Auch wenn es nur Kleinigkeiten sind. Wann werden Oliven geerntet, wie sehen Mandelbäume aus, warum hängen so viele Orangen an den Bäumen, wie viele Exklaven hat Spanien in Marokko… Wir sind gespannt, was noch alles kommt.



Nach einem kurzen Telefonat mit Michis Vater kommt die Abfahrt. Scheinbar sind wir in einer richtigen Rennrad-Gegend. Bereits gestern waren uns einige Rennradgruppen entgegen gekommen oder hatten uns überholt. In den Bergen wurde es schließlich ruhig und wir waren die einzigen auf Fahrrädern. Nun kommen uns jedoch wieder zahlreiche entgegen. Die Abfahrt hat eine Angenehme Steigung, wodurch wir kaum bremsen müssen und ein Auto für eine ganze Weile hinter uns liegen lassen. Erst als es flach wird, überholt es uns schließlich. Doch auch im Flachen können wir eine hohe Geschwindigkeit halten und fahren durch ein Gewerbegebiet und den nächsten Ort. Anschließend steht uns vor Granada die letzte Auffahrt bevor. Diese ist zwar nicht sonderlich steil, aber länger als gedacht. Dabei haben wir wunderbare Ausblicke in eine steppenartige Umgebung. Es sieht fast schon wie in einer Wüste aus, da kaum Vegetation vorhanden ist. Als wir schließlich oben sind, sehen wir Granada in der Ferne. Die Alhambra ist jedoch leider kaum auszumachen. Gerne hätten wir von dem kleinen Hügel mit Festungsanlage ein Foto aus der Ferne, mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund, gemacht. In Granada möchten wir gerne zwei Nächte bleiben, da wir für Morgen Tickets für die Alhambra haben. Doch… Wo schlafen wir eigentlich? Leider ist der Empfang hier oben schlecht und somit entscheiden wir uns ein Café aufzusuchen, um in Ruhe nach Unterkünften zu schauen. Als wir die Entscheidung treffen, hält ein Rennradfahrer hinter uns. Wir fahren ihn, ob er uns vielleicht ein gutes und günstiges Café oder Hotel empfehlen kann, doch er scheint uns nicht ganz zu verstehen und berichtet nur, dass in 2 km eine Stadt kommt. Zudem fragt er uns nach einer Pumpe, mit der wir ihm natürlich gerne aushelfen. Michi ist sogar so freundlich, dass er ihm den Reifen aufpumpt, dann ist der Mann wieder shcnell verschwunden. Wenige Minuten später stürzen wir uns ihm folgend ebenfalls in die Tiefe. Die Abfahrt ist angenehm und die Vorstädte von Granada erreichen wir schnell.



Ebenso schnell entdecken wir ein kleines Café auf einem Platz neben der Kirche. Wir drehen mit den Drahteseln um und schieben hinauf. Das Café sieht schlicht, einfach und günstig aus, doch die Personen scheinen alle zufrieden zu sein. Genau solche Cafés mögen wir eigentlich am liebsten und es stellt sich heraus, dass wir genau den richtigen Riecher hatter. Als wir uns setzen, kommt sogleich die Bedienung vorbei. Er spricht zwar kein englisch, jedoch sein Kollege, der dazu kommt. Er zählt uns auf, was wir bestellen können und als Michi die Worte “Churros” hört, steht gleich fest, was es geben soll. Wir bestellen zwei Café con leche (Espresso mit Milch) und 6 Churros mit Schokolade. Alles wird schnell gebracht und wir sitzen im Sonnenschein mit Leckereien neben der Kirche und suchen nach einer passenden Unterkunft. Wie schön, kann das Leben sein? In diesem Augenblick genießen wir einfach die Situation und sind glücklich. Nach einiger Suche bei Warmshowers, Welcome to my Garden, Airbnb, Check24 und Booking.com werden wir schließlich fündig. “Oh Michi! Ich habe etwas mit Frühstück für 139 €. Das ist der Preis für 2 Personen und 2 Nächte. Das geht, oder?” fragt Kyra. Eigentlich gar nicht so günstig für Spanien, doch leider haben wir nichts kostenfreies über die Radreisecommunitys gefunden und auf Airbnb sind die Sachen mit eigenem Badezimmer teurer. Wenn wir Geld ausgeben, dann ist uns ein eigenes Badezimmer wichtig, denn das bedeutet für uns, dass wir etwas Privatsphäre genießen können. Privatsphäre ist sowieso das, was wir am meisten vermissen. Nicht die Dusche oder Toilette, sondern die Situation, nackig vom Bett ins Badezimmer laufen zu können und die Gewissheit zu haben, es wird uns niemand sehen oder stören dabei. Bevor wir buchen vergleichen wir nochmal die Preise und Kyra findet das günstigste Angebot auf der Webseite des Hotels. Am Ende buchen wir 2 Nächte mit Frühstück für 110 €. Um diesen Preis zu erhalten, müssen wir beim Hotel Porcel Sabica noch Mitglied werden, doch das ist den kleinen Aufwand wert. Wir freuen uns wie kleine Kinder, als wir sehen, dass wir sogar bereits um 13 Uhr einchecken dürfen. “Das ist in 15 min!” stellt Michi freudestrahlend fest. Wir bezahlen unsere wirklich guten Churros und den Kaffee für kleines Geld. Dann schwingen wir uns auf die Drahtesel und fahren die letzten 8 km zum Hotel inmitten von Granada.



Erneut können wir eine hohe Geschwindigkeit von 30 km/h halten und mit dem Verkehrsfluss durch zahlreiche Kreisverkehre fahren. Dadurch ist die Stadt und unser Hotel schnell erreicht. Zum Glück, denn wir müssen beide dringend auf die Toilette. Während Michi eincheckt, passt Kyra draußen auf die Fahrräder auf. Der nette Hotelier bemüht sich sehr und zeigt uns den Weg in einen Konferenzraum, wo Emil und Elias über die zwei Nächte stehen dürfen. Wir nehmen alles Wichtige mit und der Raum wird hinter uns abgeschlossen. Oben im Zimmer angekommen nutzen wir nacheinander ganz in Ruhe und ausgiebig das Badezimmer. Es ist schön einfach mal die Tür hinter sich schließen zu können. Während die eine Person im Bad ist, macht die andere Dinge am Handy und genießt die Pause. Dann geht Kyra im nahegelegenen Dia einkaufen. Unsere Vorräte werden mit etwas zum Trinken, Keksen, Gummibärchen, Chips, Nüssen, Äpfeln, Orangen, Wraps, Salat… aufgefüllt. Das sollte erstmal für die nächsten 3 Tage reichen und uns morgen in der Alhambra gut versorgen. Zurück im Hotel essen wir ausnahmsweise zwei Fertiggerichte, die nur mit heißem Wasser zubereitet werden müssen. Der Luxus eines Wasserkochers! Dabei schauen wir eine Serie auf arte, schreiben anschließend Blog und schlafen ein. Gute Nacht!


