Tag 4 - Gegenwind staerkt den Charakter (05.06.2024)
Von Lauwersoog nach Den Oever
Ein lautes Rauschen fährt durch die Nacht. Der Regen hat fast aufgehört und der Wind zugenommen. Das Zelt wackelt. Unsere Kleidung im Dachnetz wiegt sich hin und her. Wir gucken uns fragend an und überlegen „Sollen wir nochmal raus?“. Das Zelt scheint jedoch stabil zu stehen, obwohl es nur mit 8 Herringen gesichert ist und versehentlich gegen die Windrichtung aufgebaut wurde. Unser neues Superzelt hat nämlich ein Belüftungssystem Dabei muss nur beachtet werden, dass die Windseite im Wind steht. Natürlich haben wir beim Aufbau nicht darauf geachtet… Wir hören draußen Stimmen von unseren Campingnachbarn, die ihr Vorzelt leerräumen. Kurz bevor wir jedoch bezüglich des Abspannens eine Entscheidung fällen können, wird der Wind weniger und Kyra geht auf Toilette. Als sie wiederkommt, ist es ruhiger geworden, doch der Regen setzt wieder ein. „So hat der ganze Naturföhn ja gar nichts gebracht“ sagt Kyra belustigt. Wir schlafen wieder ein. Als um 6:00 Uhr der Wecker klingelt drehen wir uns wie gewohnt nochmal um und schlafen bis 7:00 Uhr. Wir sollten den Wecker unbedingt am nächsten Morgen erst auf 7:00 Uhr stellen, denkt sich Kyra beim Einschlafen. Als wir es schaffen unsere Träume zu verlassen räumen wir in Ruhe auf, packen die Taschen und waschen uns. Zum Glück war das Zelt am Morgen bereits wieder getrocknet. Kyra werden noch zwei Zecken von Michi entfernt und um kurz nach 9:00 Uhr, zur Öffnung der Rezeption, stehen wir pünktlich am Ein-/Ausgang des Campingplatzes. Der „Pausetag“ gestern hat uns richtig gutgetan. Die Motivation ist voll da, obwohl der Wind schlimmes erahnen lässt. Bis zum Abschlussdeich, also gute 85 Kilometer, erwarten wir Gegenwind und das ungebremst am Deich zur Nordsee. Der Wind trifft uns direkt auf den ersten Metern und wir reihen uns zum Windschattenfahren auf. Nach einer kurzen Unterbrechung, da die Zugbrücke geöffnet wurde, fahren wir in ein Vogelschutzgebiet. Zahlreiche Vögel schreien lauter als der andere und wir nutzen die Gelegenheit ein paar Fotos zu machen. Insbesondere der Austernfischer, welchen wir liebevoll „Jelle“ nennen, soll abgelichtet werden. Jelle Ebbe, ein Austernfischer, ist das Maskottchen vom Familienservice der Hochschule Emden/Leer und insbesondere für Kyra noch immer eine Herzensangelegenheit, da sie mit Kolleginnen diesen ins Leben gerufen hat.
Auf den folgenden Kilometern passiert nicht viel. Wir fahren gegen den Wind am Deich entlang, sehen Austernfischer, Schafe, Kühe und Pferde. Selten kommen uns andere Radreisende entgegen, die mit viel Rückenwind über den Deich rauschen. In unsere Richtung scheint hingegen niemand zu fahren. Erst viele Kilometer später überholt uns ein Rennradfahrer. Immer wieder wechseln wir uns damit ab, wer vorne fahren darf. Doch der Deich und somit der Gegenwind scheint unendlich.
Die anstrengende Situation schlägt auf unsere Nerven und so gehen wir uns ein paar Mal blöd an, doch kurze Zeit später ist immer wieder alles gut. Zwischenzeitlich halten wir nur an, um noch einen weiteren Müsliriegel oder Energieball aus der Tasche zu holen, aber ansonsten fahren wir bis Sexbierum durch, tanken einen Liter Benzin für den Kocher und begeben uns erneut in den Gegenwind. In Harlingen gehen wir zufällig mit einer Gruppe Jugendlicher deutscher Schüler auf Klassenfahrt einkaufen und überqueren das letzte Mal den Deich auf Wasserseite, um im Gegenwind dem Abschlussdeich entgegenzufahren.
Der Fahrradweg am Abschlussdeich wird aktuell neu gemacht, weshalb ein Bustransfer alle Radfahrer*innen hinüberbringt. Dieser kommt jede Stunde um 45. Somit müssen wir uns beeilen und treten kräftig in die Pedale. Die letzten Kilometer sind schnell gemacht und beim Warten auf den Bus essen wir bereits etwas von unserem Abendessen. Wir rollen in den Bus und werden in einer wahnsinnig schnellen Geschwindigkeit über den Abschlussdeich nach Den Oever gebracht.
Nur wenige Kilometer südlich fahren wir zu einem Campingplatz, der im Internet toll aussah und wir werden nicht enttäuscht. Ein wirklich tolles Konzept erwartet uns. Wir dürfen unseren Platz selbst aussuchen und als wir gerade mit dem Aufbauen beginnen wollen, wird der Himmel dunkel. Regen kommt immer näher. Als gerade die ersten Tropfen fallen haben wir alles für eine angenehme Nacht im Zelt vorbereitet. Nachdem wir uns nochmal auf Zecken kontrolliert haben, eröffnet Michi in der Mitte des Zeltes ein Buffet aus Kartoffelsalat, Brötchen, Blaubeeren und anderen Leckerein. Wir liegen beide im Schlafsack rechts und links davon und lassen es uns gut gehen. Nun bleibt uns nur noch Blog zu schreiben und zu schlafen. Gute Nacht!