Tag 71 - Auf nach Ullapool (11.08.2024)

Von Assynt Viewpoint (Kylestrome) nach Stornoway

Wir erwachen am Assynt Viewpoint als die ersten Autos und Wohnmobile den Aussichtspunkt besuchen. Zur Abwechslung hören wie keinen Wind, keine Wellen rauschen oder Vögel zwitschern. Wir hören Autotüren knallen und Motorgeräusche. Es ist wirklich verwunderlich, wie viele Interessierte hier kurz halten, aussteigen, ein Foto machen und weiterfahren. Und noch erstaunlicher sind die Uhrzeiten dazu. Wir frühstücken erstmal in Ruhe im Zelt, packen zusammen und Kyra wäscht sich heimlich hinter einem Gebüsch. Als sie gerade fertig ist, winken uns die deutschen aus dem Auto zum Abschied. Wir winken zurück und packen die letzten Sachen ein. Dem netten niederländischen Ehepaar aus dem Wohnmobil schenken wir als Dankeschön für den gestrigen Tee zwei Beutel Ostfriesentee. Dabei wird uns erzählt, dass sie auch nicht mehr lange bleiben müssen. Ihre Batterie ist kaputt gegangen und zum Glück kann heute eine neue geliefert werden. Das ist wirklich gut, denn hier oben auf dem Parkplatz will man trotz schöner Natur nicht länger bleiben. Ein Auto folgt dem anderen. Wir schwingen uns auf Emil und Elias und fahren los.

Zunächst geht es bergab, bevor es erneut wieder bergauf geht. Wir fahren am Quinag-Sail Gharbh (Berg) und Allt Chranaidh Waterfall vorbei. Anschließend geht es wieder rasant hinunter zur Ardvreck Castle und Calda House. Beides liegt traumhaft idyllisch auf einer Insel im See bzw. das Haus daneben. Wir verweilen nur kurz um ein Foto zu machen und etwas zu Naschen, es sind einfach zu viele Leute vor Ort.

Nach Inchnadamph folgen wir der A837 weiter durchs Tal und entdecken eine Herde Rotwild auf einem Hügel. Majestätisch läuft die Herde über den Bergkamm. Anschließend führt uns die Straße erneut in die Höhe, nur um danach wieder hinab zu führen. Bei der darauffolgenden Abfahrt werden wir vom atemberaubenden Meer überrascht und rollen mit hoher Geschwindigkeit dahin. Der Wind kommt weiterhin von Vorne. Nur noch ein paar Höhenmeter trennen uns von Ullapool und wir geben nochmal Gas. Dabei erleben wir sehr unschöne und gefährliche Überholmanöver von Motorbikern. Bereits gestern haben uns auf der Single track road immer wieder Autos zu nah überholt, nur weil man keine paar Sekunden höchstens Minuten Zeit hat, um zu warten. Oder weil der Spaß nicht so hoch ist, wenn man nicht in hoher Geschwindigkeit um die Kurven heizen kann. Dafür haben wir kein Verständnis. Insbesondere wenn der Wind weht oder die Steigung stark ist, fällt es häufig schwer den Lenker gerade zu halten. Zu schnell kann es passieren, dass wir versehentlich nach (in GB) rechts ziehen und mitten auf der Straße sind. Nur weil ein Fahrrad nicht so breit wie ein Auto ist, heißt es nicht, dass man es zu jeder Zeit knapp überholen darf. Es hat ein Grund, warum 1,5 m Abstand einzuhalten sind. Leider haben das insbesondere viele Tourist*innen aus Großbritannien selbst und allen anderen Ländern nicht verstanden. Manche überholten uns so knapp, dass wir diese leicht berührt hätten können. Wir reagierten gestern sowie heute mit Daumen runter und dem Zeigen auf die passing places. Die meisten waren natürlich aber vorbildlich. Vielen Dank dafür! Die heutigen Motorradfahrer riskieren mit ihrem engen Überholmanöver nicht nur unser, sondern auch ihr Leben. Zum Glück ging alles gut.

Nach einer letzten starken Steigung sehen wir Ullapool am Loch Broom liegen. Freudig fahren wir hinab und besuchen als erstes die öffentliche Toilette. Anschließend suchen wir ein Outdoorgeschäft auf, um Gas zu kaufen. Mit dem Dichtungsring für unseren Primuskocher kann uns leider immernoch nicht weitergeholfen werden. Kyra geht für die nächsten Tage schnell einkaufen und anschließend besorgen wir uns ein Fährticket zu den äußeren Hebriden. Wir hatten gar nicht damit gerechnet, dass wir die heutige Fähre noch erwischen, was für ein Glück. Im Warteraum nur für Fahrradfahrer*innen verspeisen wir beim Warten unser Abendessen. Es gibt selbstbefüllte Pitas mit Salat, Zaziki und Fleisch. Lecker!

Während wir essen kommt ein Mann mit seinem Sohn hinzu. Sie sind für ein paar Tage mit dem Fahrrad durch ihre Heimat Schottland unterwegs. Gemeinsam wollen sie die Natur auf den äußeren Hebriden entdecken und ein Abenteuer erleben. Denn Fahrradfahren stärkt den Glauben in die eigene Kraft und einen Selbst. Das finden wir super und haben großen Respekt vor Brice und Flynn. Mitten in unserem Gespräch über Abenteuer auf dem Fahrrad kommt die Fähre und wir müssen schnell aufbrechen. Mit uns ist ein fünfter Radfahrer dabei. Wir schieben in einer Schlange die Räder an Deck und diese werden gut festgebunden. Abschließend laufen wir Brice und Flynn auf ein höheres Deck hinterher. Wir winken uns kurz noch zu und die beiden sind verschwunden. Oben angekommen ärgern wir uns kurz keine Elektronik und Hygiensachen mitgenommen zu haben, denn es gibt kostenfreien Strom und Duschen. Ein Tisch mit zwei Stühlen steht direkt am Fenster, perfekt für uns zwei. Wir setzten uns darauf und gehen nacheinander erstmal auf Toilette während die Fähre ablegt. Vor uns zieht die karge, schroffe Landschaft vorbei während das Meer immer mehr Raum einnimmt. Wir holen uns in der Cafeteria ein Eis und eine heiße Schokolade. Beides genießen wir, während wir Blogbeiträge nachholen, denn aktuelle haben wir die Einträge etwas schleifen lassen. Zwischendurch lauschen wir den Gesprächen unserer Tischnachbarn und erzählen selbst eine Weile. Somit gehen die 2,5 Stunden schnell um und wir erreichen die äußeren Hebriden. Auf dem Autodeck angekommen, sehen wir Brice und Flynn sowie den anderen Radfahrer wieder. Nach den ersten Autos dürfen wir von Bord schieben. Wir verabschieden Brice und Flynn, die auf der Westseite von Stornoway einen Platz zum Wildcampen suchen. Wir möchten auf der östlichen Seite suchen. Als die beiden schon verschwunden sind und wir vom Psrkplatz rollen spricht uns der andere Fahrradfahrer an, während er sein Rad im Auto verstaut. Er scheint von hier zu kommen und fragt: „You need help?“ Wir erklären, dass wir einen Platz zum Wildcampen suchen und er bestätigt,  dass unser mit Komoot und Google Maps rausgesuchter Ort gut für eine Nacht wäre. Also machen wir uns schnell auf den Weg und sind in wenigen Minuten an dem Steinstrand. Wir bauen unser Zelt auf und gehen sofort schlafen während es bereits dunkel wird. Gute Nacht.