Tag 86 - Beannachd leat Alba. Dia duit Éire. (26.08.2024)

Von Kindalton Cross nach Coast Causeway

In diesem Blogbeitrag wird der Besuch einer Whisky-Destille und der Konsum von Alkohol beschrieben. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat in einem Positionspapier den bisherigen Referenzwert überarbeitet und befindet: “Alkohol ist eine psychoaktive Droge“, bei deren Konsum es “keine risikofreie Menge für einen unbedenklichen Konsum“ gibt. Alkohol ist ein Zellgift und nicht gesund – auch nicht in Maßen. Der Beitrag stellt lediglich eine persönliche Erfahrung dar und soll weder zum Verzehr ermutigen, noch als Werbung für Alkoholkonsum oder dessen Produzenten dienen. Der Beitrag ist nicht für Minderjährige geeignet.

„Da sind Midges!“ Mit diesen Worten erwacht Kyra sich müde die Augen reibend. „Och nööö“, sagt Michi und ist ebenso noch leicht verschlafen. In der Nacht hat es noch gut geregnet. Im Zelt ist es leicht klamm, aber nicht nass. Vor dem Zelt ist es… scheinbar perfekt für Midges. Die kleinen Plagegeister sammeln sich bereits in Schwärmen vor dem Zelt und warten auf ihre Opfer – uns. Das Rudel Fasane ist uns scheinbar gefolgt und gerade auf der Durchreise. Um das Zelt herum wuselt es und die Vögel rufen sich gegenseitig. „Sind das viele“, entfährt es Michi leider etwas lauter als gedacht und schon flattert es hier, da und dort. Die Vögel sind verschwunden, doch das Knattern eines Quads erregt unsere Aufmerksamkeit. „Meinst du das kommt hier her?“, fragt Michi unsicher. „Mhm, es ist da links auf der Straße… und nun… weg… nein. Oder?“, forscht Kyra dem Geräusch nach. Dann erkennen wir beide: „Es wendet. Es kommt hierher!“ Schon ist es recht behutsam am Zelt vorbei. Puh… bleiben die Midges und die Regenschauer. Michi angelt noch schnell Milch und Müsli durch einen kleinen Schlitz ins Zelt. Doch man kann nicht schnell genug sein. Eine kleine Armee macht sich über unser Blut her. Nachdem der erste Angriff abgewehrt ist, ziehen sich die geschlagenen Einheiten zersplittert in den Zelthimmel und die Ecken zurück. Endlich gibt es Müsli. Wenngleich auch wir ein paar Stiche davongetragen haben, lassen wir uns den Sieg schmecken. Anschließend kommt sogar die Sonne raus und wir wagen uns in den auffrischenden Wind. Schnecken retten sich vor den Sonnenstrahlen ins Gebüsch und hohe Gras, während wir uns waschen und ausgehfertig machen. Kyra ist bereits fertig, als Michi gerade Kopf und Körper entschäumt hat. Da kommt das Quad erneut den kleinen Weg entlang. Wir grüßen den Fahrer mit kurzem grauen Bart und vom Wetter gegärbten Gesicht, Michi nur mit einem Handtuch um die Hüfte. Das ernste Gesicht muss lächeln und unser Gruß wird erwidert. Dann heißt es Zelt durchlüften, abtrocknen, einpacken, aufsatteln und los. Eine Hummel und die Schnecken unter der Bodenplane sammeln sich um uns. Fast als wollten sie uns verabschieden. Doch… Emils bremsen quietschen schon den Hang hinunter und Elias folgt ihm.

An der verfallenen Kirche sprechen wir noch kurz mit einer Familie aus Eichstätt, die mit dem Auto im Urlaub hier ist und bereits so manche Wanderung hinter sich hat. Nach einem kurzweiligen Gespräch müssen wir leider los, da wir um 14:45 Uhr unseren Termin am Hafen haben und zuvor noch drei Destillen besucht werden wollen bzw. sollen. Es sind zwar nur etwa 13 leicht hügelige km, aber… besser Vor- als Nachsicht. Während die drei in die Geschichte am Kindalton Cross eintauchen, radeln wir los. Hügel hinauf und vorsichtig hinab, um Elias etwas zu schonen. Der Himmel zieht richtig auf und somit „…verabschiedet sich Schottland doch gut von uns“, bemerkt Kyra. Tatsächlich haben wir auf Islay noch einmal ein paar Facetten Schottlands. Torfige, Moor und Heidelandschaften, Hügel mit schier endlosen Steinmauern, zerklüftete Küste an der Wellen über Felsen brechen und auf den Sandstrand laufen und Bäche, die sich von den Hügeln durch Wälder und über saftige Weiden ins Meer schlängeln. Zu guter letzt auch Midges, Wind und Sonnenschein. Fehlen nur noch schöne alte Häuschen, Destillen und eine Fährfahrt. Wie passend, dass wir geradewegs in die Ardbeg Destillerie mit ihren charakteristischen Killns rollen. Eine Bank am Eingang bietet sogleich den Reisenden eine verdiente Rast. Auf dem Vorplatz finden sich zudem erhöht eine alte kupferne Brennblase, hierzulande Pot Still genannt und weitere Bänke mit Tischen. Schnell sind Emil und Elias abgestellt und wir spazieren durch den Eingang. Links geht’s ins Café und rechts in den Souvenir-Laden mit Whisky. Kyra nutzt die Gelegenheit, um auf Toilette zu gehen und Michi wandelt durch den Laden. Da das recht urige Café voll ist weichen wir auf die Barhocker im Laden aus. Da ohnehin zwei Whisky-Kenner samt Sohnemann einen halben Nervenzusammenbruch erleiden, da scheinbar die neuste Abfüllung erst morgen vor Ort zu kaufen ist und die dadurch entstandene Aufmerksamkeit merklich genießen, entscheiden wir uns nur wine von Kyra entdecktes Probefläschchen mitzunehmen und somit etwas Zeit, Geld und vor allem Nerven zu sparen. Praktisch, dass die nächste vorzügliche Destillerie nicht weit ist.

Wir rollen entspannt weiter einem kleinen Highlight entgegen: Lagavulin, gäl. Lag a’ Mhuillinn. Die Destillerie mit ihrem beliebten stark rauchig, torfigen Destillaten gehört mittlerweile ebenso, wie Caol Ila und Talisker zum Diageo-Konzern. Aber warum ein Highlight? Vor ein paar Jahren waren Kyra und Michi zu seinem Geburtstag im Hotel Reichshof in Norden. Am Abend gab es nach dem letzten Gang noch einen besonderen „Absacker“ aus dem Hause Lagavulin in der Wolbergs-Bar/Lounge. Ein paar Jahre später stehen wir mit den Drahteseln in der Hand hier. Wir betreten den kleinen Verkaufsraum und lassen den Blick über Flaschen schweifen, mit denen unsere Reisekasse schnell von einer Weltreise zu einer Schottlandreise schrumpfen würde. Probefläschchen gibt es nicht und so folgen wir einem langen Flur, vorbei an alten Gemälden, einer alten Bürotür mit der Aufschrift „Manager“ und einem ästhetisch eingerichteten Wohn-/Lesezimmer. So gelangen wir in den Innenhof und zur Mälzerei der ehemaligen Destillerie Malt Mill. Hier ist die Bar der heutigen Destillerie beheimatet. Diese ist gut befüllt, jedoch nicht überfüllt. Der Geruch von Whisky liegt in der Luft und zahlreiche intensive Unterhaltungen werden an den verschiedenen Tischen mit ihren bequemen Sesseln geführt. Hier stimmt die Atmosphäre und zwei Sessel stehen für uns bereit. Wir bestellen die Destillers Edition und den 16 jährigen. Der Barkeeper ist freundlich und großzügig, so sehr, dass einzig die Oberflächenspannung schlimmeres verhindert. Wie er dann noch den Messbecher ohne etwas zu verschütten bewegt, bleibt bei der Geschwindigkeit sein Geheimnis. Wir lassen uns mit unseren Drams, einem Glas Wasser und ein paar Chips in die Sessel fallen. Lassen die Kulisse auf uns wirken und genießen den Moment. Nach einer Weile geht die Tür auf und der Vater aus Eichstätt steht darin:“Hallo. Meine beiden Frauen sind nicht hier oder?“, fragt er mit suchendem Blick. Wir verneinen. „Dann muss ich sie überholt haben“, sagt er in der Kehrtwende. Kurz darauf betreten sie komplett die Bar und setzen sich an einen größeren Tisch. Wir genießen noch ein wenig und vergleichen unsere Whiskies. Anschließend sitzen wir noch etwas und essen die Chips. Nach einer Weile verabschieden wir uns und machen uns auf zu unserer letzten Destillerie in Schottland, Laphroaig.

Es geht auf dem Rad-/Fußweg vorbei am Düsterwald, in den auch bei Sonnenschein kein Licht zu dringen scheint. Schwarzes Wasser steht in Bahnen darin und was sonst noch so dort haust kann man nicht erblicken. Einzig ein Rabe krächzt irgendwo im Geäst zwischen den Nadeln. Kurz darauf erreichen wir die Destillerie. Rauch zieht aus den Killns über das Gelände und wir rollen hindurch. Die südlichste Destillerie begeistert uns allein durch ihre Trinkwasserzapfhähne. Wir stellen die Esel neben diesen ab und laufen in den mittelgroßen Verkaufsraum. Als einer Verkäuferin die Haferkekse runterfallen helfen wir diese wieder einzuräumen. Sie bedankt sich und wir stöbern im Laden. Erneut entdecken wir ein kleines Probefläschchen, welches wir mitnehmen. Nach dem Bezahlen reden wir noch kurz mit der Verkäuferin und scherzen, dass es ein Jammer ist nicht mehr auf dem Fahrrad mitnehmen zu können. Dann wenden wir uns gerade zum Gehen, als sie mit einem Lächeln sagt: „Don’t you have the time for your free welcome dram at the Bar?“ Wir schauen uns an, bedanken uns für den Hinweis und gehen zur Bar. Wir bekommen ein weiteres Fläschchen als „Fahrer-Kit“ und einen Schluck im Glas. Zudem gibt es Tee und Kaffee umsonst. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Becher geschnappt und wir sitzen mit Kaffee und einem Schluck Whisky am Wasser. Wir genießen die Sonne, den Whisky und insbesondere jedoch den Kaffee. Doch die Zeit rennt und somit füllen wir schnell noch unsere Wasserflaschen auf.

Dann geht es nach Port Ellen. Kyra hüpft noch in den Co-op, um etwas für das leibliche Wohl zu organisieren. Dann suchen wir den Fähranleger. Noch fünf Minuten, bis der Check-In geschlossen wird. Michi rennt in das Fährhäuschen, nur um sogleich zurück zum Pier zu eilen. Doch… geschafft! Ein netter Mann der Crew bittet uns die Taschen abzunehmen und ein anderer, ein Fahrgast, möchte sogar auch tragen helfen. Schnell ist alles auf der kleinen Fähre verstaut. Bevor es los geht sollen wir nochmal vorne am Fähranleger warten. Die Situation nutzen wir, um schnell ein Sandwich und Salat von Co-op zu essen. Als wir das Sandwich gerade verdrückt haben, werden alle Gäste gebeten das Boot zu betreten. Wir bekommen Schwimmwesten angezogen und los geht’s! Mit hoher Geschwindigkeit nimmt die Fähre Geschwindigkeit auf, wir verlassen die Isle of Islay und somit Schottland. Dabei haben wir ein lachendes Auge, welches sich auf neue Abenteuer und Begegnungen freut, und ein weinendes Auge, da wir die Natur, die Menschen sowie das Wildcampen vermissen werden. Mit Leichtigkeit bahnt sich das Boot durchs Wasser und schneidet dabei die Wellen. Zwischendurch scheinen wir fast zu fliegen, so sehr springt das Boot. Michi wird dabei leicht unwohl im Magen, worüber er jedoch kaum nachdenken kann, da unser Platznachbar ein Gespräch über Irland und die ganze Welt beginnt. Gary und seine Frau wohnen in Belfast und waren auf Islay zu Besuch. Er erzählt uns, dass in Ballycastle, unser Zielhafen in Nordirland, heute ein Fest ist und von seinen Auslandsaufenthalten überall auf der Welt. Während einer kurzen Stille zeigt er raus und sagt: “dolphin”. Kyra erblickt gerade noch die Flosse und schon ist der Delfine verschwunden. Während Gary insbesondere Michi weiter von seinen Erlebnissen erzählt, kommt die Nordirische Küste immer näher. In Ballycastle angelangt wird uns erneut mit dem Gepäck geholfen und als die Drahtesel vollgepackt sind, machen wir noch ein Abschiedsfoto. Kaum haben wir Emil und Elias vom Hafengelände geschoben, sehen wir auch schon, wie die Fähre bereits den Hafen wieder verlässt. Doch wo ist eigentlich der Ausgang? Alle anderen Fahrgäste sind bereits verschwunden und wir gucken uns ratlos um. Das bemerkt eine Person, winkt uns und hält die Tür auf. Danke! Die Stadt ist voll. Irgendwie versuchen wir mit viel Mühe Emil und Elias aus dem großen Gewusel heraus zu schieben ohne die zahlreichen Menschen oder Kinderwagen zu berühren. Der Weg ist jedoch so eng, dass es uns ganz schön schwer fällt. Nach wenigen Minuten erreichen wir einen Parkplatz und suchen uns dort ein Plätzchen um die restlichen gekauften Sachen von vor der Fährfahrt aufzuessen. Michi muss dringend auf Toilette und verschwindet kurz, um die öffentliche Toilette zu suchen. Nach 5 Minuten kommt er zurück: “Sowas habe ich ja noch nie gesehen. Die stehen dahinten mit ihren Wohnmobilen auf dem Parkplatz und belegen einen zweiten, da sie sich ihren ganzen Vorgarten im Vorzelt mit Rollrasen aufgebaut haben. Einfach so auf einem Parkplatz. Auf dem Rückweg wurde ich von einem Kind abgeschossen.” “Abgeschossen?” fragt Kyra ungläubig. “Ja, mit einer Softairpistole. Das tat ganz schön weh!” sagt Michi ernst. Da Kyra ebenfalls auf Toilette muss, ist sie vorgewarnt, doch sie hat mehr Glück: “Ich habe zum Glück kein Kind gesehen, aber das ist echt wild. Und es roch schon wieder nach Gras.” Als wir aufgegessen haben, besuchen wir noch schnell den in der Stadt gelegenen Supermarkt. Der Markt ist so klein und der Andrang so groß, dass Kyra kurz draußen in der Schlange warten muss, bevor sie hinein darf. Es wird nur das nötigste fürs Frühstück besorgt und schon geht es weiter.

Eigentlich möchten wir nur noch so lange fahren, bis wir einen geeigneten Schlafplatz finden. Leider ist in Nordirland das Wildcampen nicht mehr erlaubt und so sind wir gespannt, wie einfach oder schwer es wird. Unser Weg in Nordirland beginnt mit einer ordentlichen Steigung, doch wir meistern diese unter den zahlreichen Besucher*innen der Stadt gut. Die Straße führt uns etwas ins Landesinnere und durch ein kleines Missverständnis verpassen wir leider Carrick-a-Rede, eine bekannte Hängebrücke die über einen tiefen Abgrund am Nordatlantik zu einer kleinen Insel führt. Für uns beide ist es jedoch nicht schlimm und wir haben durch unsere gewählte Straße etwas abgekürzt. Mit einigen hoch und runter nähern wir uns erneut der Küste und erreichen die Dunseverick Castle. Viel von der einstigen Burg steht nicht mehr, lediglich zwei Wandabschnitte türmen sich in dem malerischen Küstengebiet die Höhe. Wir schauen es uns aus der Ferne kurz an, machen ein Foto und entscheiden uns schnell weiterzufahren. Nach einem Blick aufs Handy überlegen wir, in wenigen Kilometern rechts zum Giant’s Causeway zu fahren. Vielleicht finden wir beim beliebten Wanderweg eine kleine Rasenbucht für unser Zelt? Als ein großer Parkplatz vor uns erscheint, wissen wir, wir haben den Giant’s Causeway erreicht. Wir biegen rechts ab und lassen das Besucherzentrum sowie Hotel neben uns liegen. Eine Tafel zeigt, dass etwas links von uns am Wanderweg mehrere Bänke und Tische neben einer Rasenfläche stehen. Michi passt auf die Drahtesel auf, während Kyra sich die Stelle genauer anguckt. Mit erhobenen Daumen kommt sie zurück: “Das ist perfekt!” Geschützt vor den Blicken der Hotelgäste und nicht in Sichtweite irgendwelcher Häuser können wir unser Zelt aufbauen. Der Blick auf die gegenüberliegende Küste der Bucht “Bay of the Cow” ist atemberaubend. Noch vereinzelt wandern dort Personen zum Giant’s Causeway hinab und auch an unserem ausgesuchten Schlafplatz gehen noch vier Personen spazieren. Wir warten kurz ab und bauen anschließend schnell das Zelt auf. Müde klettern wir hinein und gehen sofort schlafen. Gute Nacht!