Tag 88 - Vom Zelt in die Villa (28.08.2024)

Von Redcastle nach Swilly View

In Sorge, dass der Bauer aufs Feld muss und früh seine Arbeit beginnt, erwachen wir früh. Wir beginnen wir das Zelt abzubauen, bevor der versprochene Regen beginnt. Die Wolken am Himmel nehmen zu, doch die dicken vollen scheinen an uns vorbei zu ziehen. Als wir fertig gepackt haben, schieben wir die Drahtesel mit viel Mühe und Kraft durchs hohe Krass. Wir warten den Momenr ab, in dem gerade kein Auto in sicht- und hörweite ist. Schon sind wir zurück auf der Straße. Die ersten Meter fallen uns noch schwer, doch dann haben sich die Muskeln schnell eingewöhnt. Unser Weg führt uns weiterhin an der Bucht, die Nordirland von Irland trennt entlang. Vereinzelt können wir über die Felder und Bäume hinweg Nordirland auf der anderen Seite sehen. Es geht nur leicht hoch und runter und die Straße ist angenehm zu fahren. Als wir Quigley’s Point erreichen sehen wir einen kleinen Shop. Es wird mit Kaffee geworben, perfekt für ein Frühstück. Voller Vorfreude wieder im Euro bezahlen zu können, gehen wir in den Laden und staunen nicht schlecht als wir die hohen Preise entdecken. Ein kleiner Fertigkuchen für 9 Euro, Cornflakes für 6 Euro… Es bleibt bei Kaffee, Äpfeln und dem günstigsten Fertigkuchen. Mit allem setzten wir uns raus auf die Bank und essen etwas Müsli dazu. Die Wolken am Himmel verdichten sich, während wir gerade noch unser erstes Reel (Video) über den Bremsbelagwechsel für Instagram am Handy schneiden. Wir sind fertig, als die ersten Regentropfen auf uns runterfallen. Also heißt es Regenkleidung an und auf die Drahtesel. Wir fahren immer weiter durch den Regen, kommen der Nordirischen Grenze wieder näher und entfernen uns dann doch. Die Bucht lassen wir hinter uns liegen und fahren ins Landesinnere. Hier kreuzen wir eine Hauptstraße und müssen dieser folgen. Zum Glück ist der Seitenstreifen so breit, dass wir genug Abstand zum starken Verkehr haben. Trotzdem werden wir von ein paar Bauarbeitern komisch angeguckt und ein LKW hupt uns an. Darf man hier etwa kein Fahrrad fahren? Eine kurze Recherche ergibt, doch… Man darf hier Fahrrad fahren und der breite Streifen ist sogar dafür gedacht. Nach einer Weile erreichen wir den Eurovelo 1, der von Belfast hierher führt. Vor lauter Freude machen wir ein Foto vom Schild. Die Freude hält jedoch nicht lang, da uns der Fahrradweg direkt steil den Hügel hinauf führt. Anschließend sind wir dann doch sehr zufrieden. In schöner Landschaft fahren wir an netten Häusern und viel Landwirtschaft entlang, ohne vielen Autos begegnen. Hin und wieder kommt uns ein Traktor entgegen, der nett grüßt. Auch in Irland sind die Straßen, wie wir es bereits aus Großbritannien und insbesondere Schottland kennen, abseits der Hauptrouten sehr schmal. Um die Mittagszeit haben wir aufgrund unseres frühen starts bereits einige Kilometer geschafft und entscheiden uns als wir einen Spar sehen die Preise dort anzuschauen. Es ist weiterhin teuer… Irgendwie hatten wir damit nicht gerechnet. Wir kaufen Toast, Schinken und Ananas und belegen uns mit dem Käse Der letzten Tage erneut kalte Toast Hawaii, direkt neben dem Supermarkt-Eingang. Es schmeckt sehr gut, doch wir werden von Wespen gestört. Die kleinen Tiere scheinen uns und unser Essen zu lieben. Aus einer Wespe werden zwei, dann drei und schließlich vier. Michi, der aufgrund seiner Wespenallergie sensibilisiert wurde, wird das zu viel und er geht auf Wanderschaft, während Kyra die meisten Sachen wieder in den Taschen und im Müll verstaut. Schnell weg hier!

Wir fahren zurück zum Eurovelo und starten mit neuer Kraft weiter. Doch sehr weit kommen wir nicht Kyra muss auf Toilette. Zwischen den großen hübschen Häusern ist es schwer eine zu finden. Als wir an einem besonders großen Haus vorbei fahren sagt Michi: “Hier wäre ein perfekter Rasen für uns” und wir lachen. Als wir um die nächste Kurve fahren finden wir eine kleine Bucht neben der Straße die zu einem Gatter auf eine Weide führt. “Hier gehe ich nun schnell, ich muss so dringend. Sagst du mir Bescheid, wenn ein Auto kommt?” fragt Kyra Michi. Michi stellt sich zur Wache auf und tatsächlich, als Kyra sich gerade hinhockt ruft er: “Auto!” Kyra schafft es noch so gerade die Hose hoch zu ziehen und versteckt sich mit offenem Hosenstall hinter Emil. Ausgerechnet jetzt hält das Auto an und lässt die Scheibe runter. “Hi, how are you?” fragt der Mann hinterm Steuer. Michi antwortet: “Hi, good and you?” – “Good, where are you from?” – “Germany” – “Oh nice and you cyceld all the way?” – “Yes!” – “Where you sleep tonight?” – “we don’t know…” – “you’re camping?” – “yes” – “you can pitch your tent in our garden.” Wir gucken uns erfreut an. “Would you like to? We live just one mile from here”, sagt der Mann. “Yes!” antwortet Kyra und auch Michi guckt begeistert. Wir bekommen den Weg beschrieben und scheinen gerade erst daran vorbei gefahren zu sein. Niall und Deirdre müssen zunächst nochmal weg, aber kommen in circa zwei Stunden wieder. Als das Auto nicht mehr zu sehen ist, grinsen wir noch immer. “Wie nett! Es ist zwar etwas früh, aber dann setzten wir uns da jetzt schön hin, schreiben Blog und warten. Es fügt sich alles. Wie toll”, sagt Michi. “Was für eine große Gastfreundschaft! Ich muss jetzt noch schnell Pipi. Achtest du auf Autos?” sagt Kyra lachend und zieht sich erneut die Hose runter. Diesmal kommt kein Auto. Wir drehen um und fahren den beschrieben Weg. Als wir ungefähr eine Meile hinter uns haben sehen wir die entsprechende Straße. Die Häuser haben keine Klingelschilder mit Namen und so warten wir auf einem Grünstreifen am Anfang der Straße. Wie gut, dass der Regen aufgehört hat und mittlerweile die Sonne rausbekommen ist. Zum Schreiben kommen wir jedoch nicht. Nach nur 10 min, in denen wir den restlichen Kuchen vom heute Morgen essen, hält erneut ein Auto neben uns. “Is everything all right?” werden wir gefragt. “Yes, we’re waiting for Niall and Deirdre”, antwortet Michi: “We are allowed to camp in their garden.” “I’m just picking up my children from school. You’re welcome to wait with us over a cup of tea.” sagt er und fährt weiter. “See you”, ruft er noch und ist verschwunden. Wir gucken uns an und können es kaum glauben, wie nett die Menschen einfach sind. Nach nur wenigen Minuten kommt der Mann, der sich als James vorstellt, zurück. Wir folgen ihm zum Haus und setzten uns in die offene Küche mit Esszimmer. Durch eine große Scheibe kann man hinunter zum Lough Swilly schauen. Der Ausblick ist ein Traum. Wir erzählen James von unserer Route und Michis kaputten Reifen. Sofort schlägt er zufällig genau das Fahrradgeschäft vor, das Michi vor ein paar Tagen rausgesucht hatte. Dann reden wir über ferne Länder. James arbeitet in Ägypten und fliegt in ein paar Tagen dorthin. Nach einer Weile kommt seine Frau Wendy hinzu. Er berichtet ihr fasziniert von unseren Plänen. Das Gespräch ist so angenehm und kurzweilig, dass wir die Zeit vergessen und erst gegen 18 Uhr rüber zu Niall schieben. Niall begrüßt uns freundlich und zeigt uns mehrere Plätze im Garten, wo wir das Zelt aufbauen können. Ein Platz ist besonders windgeschützt und soll am Morgen in der Sonne liegen, dieser scheint perfekt. Als wir unsere Sachen holen erzählt er, dass er das Haus selbst gebaut hat und auch der Garten komplett von ihm geplant wurde. Jeden Baum hat er selbst gestzt, bis auf zwei. Wir bauen das Zelt auf und als wir zum Haus gehen, erwartet uns Niall bereits. Er hat uns etwas zum Essen gemacht und wir sollen im Esszimmer Platz nehmen. Wir staunen nicht schlecht. Das Haus gleicht eher einer Villa und hat eine große offene Küche. Der Esstisch steht hinter einer großen Scheibe, die übers Erdgeschoss bis in den ersten Stock reicht. Auch hier ist die Aussicht traumhaft. Wir sehen Kühe auf der Weide, die grasen und direkt dahinter die lange Bucht des Nordatlantik. Gänse fliegen über das Wasser und schnattern glücklich. Was für eine Idylle. Niall stellt uns einen seiner Söhne Ronan vor, der während der Semesterferien zu Hause zu Besuch ist. Insgesamt haben Niall und Deirdre vier Söhne. Am Wochenende sollen zwei weitere zu Besuch kommen. Wir bekommen Hähnchen-Curry, Kartoffelgratin und Würstchen vor uns gestellt sowie eine Cola. Das Curry ist scharf gewürzt, was besonders Michi freut. Alles schmeckt ausgezeichnet. Wir genießen das Essen und als wir fertig sind, Kommt auch Deirdre nach Hause.

Sie zeigt uns das Badezimmer und gibt uns Handtücher. Als wir unter der warmen Dusche stehen, können wir unser Glück noch immer kaum glauben. Die Dusche ist so angenehm, dass es uns schwer fällt diese wieder zu verlassen, doch als wir nach unten kommen, geht es warm weiter. Niall hat uns den Kamin angezündet. Bevor wir uns davor setzen, dürfen wir noch Elekrogeräte zum Laden anschließen und Wäsche waschen. Was für ein Luxus. Gegen kurz vor 21 Uhr sitzen wir im Kaminzimmer und genießen die Wärme, während unsere Gastgeber James von Nebenan willkommen heißen. Immer wieder erkundigen sich Niall und Deirdre nach unserem Wohl. Wir bekommen sogar jeder ein Glas Wein gebracht und Kyra braucht große Mühe ein zweites Glas abzulehnen. Als es bereits spät ist, kommt Niall erneut ins Kaminzimmer: “Would you like to sleep upstairs in the room? We didn’t want to offer it to you right away, maybe it’s too hard for you to go back into the tent after a warm and cozy bed. But you are very welcome to sleep upstairs.” Das Angebot nehmen wir dankbar an und bauen noch im dunkeln schnell das Zelt wieder ab. Als wir ein paar Minuten später im gemütlichen warmen Bett liegen, können wir es noch immer nicht glauben. Gute Nacht!