
Tag 349 - Heiße Quellen
Fahrrad-Weltreise: Arkitsa nach Lichoura
16.05.2025
Die Nacht an der Straße war ruhig. Kaum ein Auto hat die Straße genutzt und wir konnten dem Rauschen der Wellen horchen. So nett es ist, wir wollen nicht zu lange verweilen, denn heute nehmen wir die Fähre rüber nach Euböa und besuchen endlich heiße Qullen. Schon lange sehnen wir uns danach und hatten bereits welche für Italien rausgesucht. Aber irgendwie hat es nie geklappt. Nun bereits monate später soll es endlich soweit sein. Wir bauen alles ab und möchten uns noch von der niederländischen Familie verabschieden, doch diese scheinen noch zu schlafen. Wir täuschen uns scheinbar. Als wir gerade einen Zettel zur Verabschiedung schreiben, kommen uns die beiden entgegen. Sie lächeln aus der Ferne und sind doch schon länger wach. Sie war bereits heute morgen in der Umgebung spazieren und die Kinder dürfen heute einmal ausschlafen. Dann verabschieden wir uns und tauschen noch unsere Instagram Daten aus (@zwiers.europe.adventure). Wir schwingen uns auf die Drahtesel und fahren am heute rauen Meer vorbei. Es erinnert heute mehr an die Nordsee, als an das Mittelmeer. Der Wind kommt jedoch zum Glück von der richtigen Seite und so rasen wir dahin. Bis zum Fähranleger sind es jedoch sowieso nur 2 km. Als wir beim Leuchtturm um die Ecke fahren, sehen wir bereits die Fähre, wie sie am Anleger liegt. “Schnell”, ruft Michi und fährt vorweg. Er beeilt sich und Kyra strampelt hinterher. Aber es lohnt sich, wir erreichen den Anleger mit Fähre und können nur wenige Minuten später hinauf rollen. Trotz Wellengang liegt die Fähre ruhig im Wasser, der Kapitän scheint sich auszukennen. Ein Auto nach dem anderen fährt hinauf und dann sind wir fast voll. Doch moment… Möchte da noch ein Bus auf die Fähre? Während es bereits so aussieht, dass die Fähre mit heruntergelassener Klappe los fährt, rollt der Bus noch hinauf. Wir gucken uns erschrocken an, doch scheinbar interessiert es niemanden sonst hier. Es musste scheinbar so, trotzdem stockt uns noch immer der Atem. Dann werden die Leinen los gemacht, die Klappe geht hoch und wir fahren los. Die Fahrt ist nicht weit und dauert circa 40 min. Wir nutzen die Zeit, um zu entspannen und ein Müsli zu essen. Nach dem Preischeck entscheiden wir uns gegen einen Kaffee und nutzen nur ausgiebig die Toiletten. Dann sind wir bereits da. Mit großer Vorfreude verlassen wir die Fähre und rollen direkt auf die heißen Quellen in Loutra Edipsou zu.



In Edipsos befinden sich die wahrscheinlich bekanntesten heißen Quellen der Insel Euböa. Es gibt hier jedoch über 80 Quellen mit Temperaturen von bis zu 86°C Wassertemperatur. Angeblich sollen die Quellen eine heilende Wirkung für unterschiedliche Erkrankungen haben. Die Thermalquellen in Edipsos ist praktisch ein antiker Kurort, denn bereits römische Kaiser und Generäle haben die Quellen geschätzt. Die Lage ist auch einfach atemberaubend. Die öffentlich zugänglichen kleinen Becken befinden sich direkt am Strand und das Wasser der heißen Quellen mündet im Meer. Damit eine angenehme Temperatur entsteht, fließt das Wasser bereits einige Meter an der Oberfläche, bevor es in die Becken plätschert. Ein Thermometer zeigt die Temperatur. Heute hat das Wasser 42 °C. Wir stellen die Esel neben einen kleinen Pavillon erhöht auf den Felsen ab und nehmen nur das nötigste mit runter zum Strand. Dort müssen wir zunächst einige Schritte durch das kalte Meerwasser. Dieses hat noch normale Temperaturen für diese Jahreszeit, doch dann treten wir zum ersten Mal in das Becken von heißen Quellen und es ist… tatsächlich heiß! “Ui, wie cool!”, sagt Kyra und läuft vorne weg in eins der höheren heißen Becken. “Wow!”, fügt sie hinzu. Wir liegen bis zu den Brüsten im warmen Wasser und lehnen uns an den Felsen. Vor uns befinden sich noch circa 6 weitere Becken und dahinter das Meer. Tosend brechen die Wellen vor den Becken und fluten diese teilweise mit wesentlich kälterem Wasser. Doch zu unserem Becken kommt das kalte Meereswasser zum Glück nicht. Wir liegen wie in einer heißen Badewanne und versinken immer tiefer. Was uns dabei jedoch überrascht, wir sind komplett alleine! Hier ist niemand außer uns. Gleichzeitig freut uns diese Situation natürlich und Michi nutzt sie gleich dafür die Temperaturen der anderen Becken auszuchecken. Je weiter man nach unten geht und eins der tieferen Becken nutzt, desto kälter wird das Wasser. Nach einer kurzen Abkühlung kommt er schnell zurück und wir sitzen eine Weile einfach nur da. Wir schweigen, lächeln und genießen den Augenblick. Dann wird es langsam doch lebendig. Nach den ersten anderen Gästen folgen sogleich noch weitere und plötzlich sind alle Becken voll. Einige der Besuchenden reden miteinander auf griechisch. Wir werden ebenfalls nett gegrüßt und immer wieder durch ein Lächeln mit einbezogen. Irgendwann wird es dann jedoch zu warm. Kyra geht ein Becken tiefer und schließlich verlassen wir die Becken wieder vorbei an allen anderen Gästen. Am Strand nutzt Kyra die Stranddusche, doch Michi hat bereits etwas anderes entdeckt. Am Ende des kleinen Sandstrandes kommt ebenfalls Wasser über den Felsen geflossen und plätschert als Wasserfall hinunter ins Meer. Der Wasserfall muss natürlich gleich als Dusche genutzt werden. Michi genießt die heiße Dusche und braust sich schließlich ebenfalls an der “normalen” Stranddusche noch einmal ab. Dann ziehen wir uns an und verlassen den Ort.




Es geht sehr angenehm eine Steigung hinauf. Oben angekommen verlassen wir die Hauptstraße und fahren über einen Schotterweg wieder hinunter. Die Landschaft ist wunderschön, doch fette Ameisenstraßen lenken uns ab. Es ist einfach unmöglich keine Ameise zu überfahren. Überall sind die kleinen Tiere und tragen kräftig Blätter sowie weiteres zu ihrem Bau. Bei einer Pipipause beobachten wir die Tiere und fahren weiter zur Stadt Agiokampos, von wo aus wir die Fähre zurück zum Festland nehmen. Doch die Fähre fährt erst in zwei Stunden und so entscheiden wir die Zeit mit gutem Essen in einem Restaurant zu nutzen. Wir entscheiden uns gleich das erste mit dem Namen “Ouzeri the Dolphins” zu nehmen, denn der Inhaber hatte Kyra auf dem Weg zum Fähranleger bereits nett gegrüßt. Eine andere Familie ist bereits zum Essen zu Besuch und dieses riecht unglaublich lecker. Da steigt nochmal gleich der Appetit. Wir setzen uns und lassen uns die Speisekarte überreichen. Nach kurzem Studieren entscheiden wir uns für Fisch mit frittierten Zucchinis, Zaziki und Pommes. Wie es in Griechenland typisch ist, wird alles dann gebracht, wenn es fertig ist. Aufs Haus gibt es noch türkischen Salat. Lecker! Wir genießen das Essen mit Blick aufs Meer und sehen schließlich die Fähre näher kommen.



Obwohl wir noch ein paar Minuten Zeit haben, bezahlen wir lieber schnell und radeln zum Fähranleger zurück. Eine gute Entscheidung, denn genau diesem Moment beginnt bereits das hinauffahren. Auf der Fähre tauschen wir uns nochmal über den heutigen Tag aus. Was für eine schöne kleine Auszeit! Dann verpasst Kyra fast das Anlegen, denn sie ist erneut auf der Toilette verschwunden. Diesmal um ein etwas längeres Geschäft zu erledigen. Selbst die Rufe von Michi in die Damentoilette gehen im Dröhnen des Motors der Fähre unter und so guckt sie nicht schlecht, als sie im letzten Moment die Treppe hinunter gesprungen kommt. Gerade so, dass es niemand bemerkt. Zurück auf dem Festland lassen wir uns nicht viel Zeit und fahren direkt unsere Route weiter entlang. Wir wollen zum nächsten Strand und schauen, ob wir dort zelten können. Dafür müssen wir über einen Hügel hinüber. Als wir rasant nach unten fahren, kommt uns plötzlich eine andere Radreisende entgegen. “Hiiiii”, rufen wir und bleiben alle drei stehen. Die Frau kommt aus Frankreich und ist aktuell nur mit leichtem Gepäck unterwegs. Ihr weiteres steht in Athen bei einer Freundin, wo sie nun wieder auf dem Weg hin ist. Anschließend soll es wieder schwer weitergehen. Ganz spontan schlagen wir vor, dass sie uns begleiten kann, denn unser herausgesuchter Strand ist nur noch 2 km entfernt. Trotzdem das Ziel für sie in die falsche Richtung ist, entscheidet sie sich ebenso spontan mit zu fahren. Vorbei an drei bellenden Hofhunden und durch einige Olivenhaine erreichen wir den Strand. Er sieht zwar schön aus, jedoch weniger nett als erwartet. Bei Google Maps schien es ein wahres Paradies zu sein, doch in Realität, liegt hier viel Plastikmüll am Strand. Im Wasser schwimmen kleine Plastikschnipsel. Einige Fischer stehen mit Angeln am Strand doch ansonsten ist es ruhig. “Das sollte schon passen, oder?” fragt Kyra überzeugt. Die anderen beiden nicken und so setzen wir uns für ein Abendessen erstmal auf die Plane. Es gibt alle möglichen Reste der letzten Tage. Die Französin selbst hat nicht so viel dabei, denn eigentlich wollte sie noch im nächsten Dorf einkaufen gehen. Macht nichts, wir haben genug und sie hat noch leckere Kekse mit Tahin, die wir morgen unbedingt auch kaufen müssen. Nachdem Kyra von einem Pipigang wieder kommt stellt sie erschrocken fest: “Steigt das Wasser? Gibt es hier Tide?” und tatsächlich. Irgendwie ist unsere kleine Sandhalbinsel plötzlich wesentlich kleiner. Doch Zeit zum drüber sprechen haben wir nicht, ein Auto kommt die Straße entlang gefahren und quatscht uns an. Der Mann spricht gebrochen englisch und erzählt uns, dass seine Frau krank ist, aber seine Schwester ihn heute zum Angeln begleitet. Er hat zwei Häuser. Eins hier und eins in Volos. Begeistert erzählt er uns viele Geschichten auf englisch und griechisch. Währenddessen versucht seine Schwester Kyra immer wieder etwas lachend zu erzählen. Kyra versteht jedoch kein Wort. Das scheint die Schwester jedoch wenig zu interessieren und erzählt immer weiter. Nach dem netten Gespräch verlagern wir unsere Schlafpläne etwas zur Seite und uns wird vom letzten noch vorbeifahrenden Auto bestätigt, dass es kein Problem ist, wenn wir hier zelten. Beruhigt bauen wir die Zelte auf und gehen müde zu Bett. Gute Nacht!

