Tag 100 - Jubiläum (09.09.2024)

Kein Fahrtag

Tag 100! Wahnsinn, so schnell vergeht die Zeit. An Tag 100 sind wir vor zwei Jahren von unserer Tour “In 100 Tagen um die Ostsee – mit einem kleinen Abstecher zum Nordkap” zurück nach Emden gekommen. Damals wussten wir nicht so recht unsere Gefühle zu deuten. Auf der einen Seite wollten wir weiterfahren, auf der anderen haben wir uns nach Ruhe, einer warmen Wohnung, Freunde und Familie gesehnt. Wir haben damals gesagt: “So eine Woche Urlaub zu Hause oder auf einem Campingplatz wäre jetzt schön!”. Lustig… Genau das, hatten wir diesmal. Naja, waren die letzten Tage wirklich Urlaub? Vielleicht kann man es so nennen, doch heute an Tag 100 fühlt es sich nicht so an. Wir sind müde und könnten noch einen Tag, vielleicht ein paar Tage gebrauchen? Vielleicht müssen wir aber auch einfach wieder losfahren und dann gewöhnen wir uns wieder daran. Es ist komisch, denn eigentlich hatten wir hier in Strandhill auf dem Campingplatz nun so viel Zeit. Doch die tägliche Fahrt nach Sligo hat jeweils 4-6 Stunden pro Tag in Anspruch genommen, dadurch hatten wir weniger Zeit als gedacht. Trotzdem konnten wir einiges erledigen. Wir haben Blog nachgeschrieben und wir haben uns um die Fahrräder gekümmert. Fahrräder ist auch das Thema für heute, Tag 100. Als wir am Morgen erwachen, sind wir äußerst positiv überrascht: “Die Sonne scheint!” sagt Kyra als sie das Zelt verlässt und auf die Toilette geht. Kaum Wolken sind am Himmel, doch es ist kalt, sogar viel kälter als die letzten Tage. Trotzdem wagen wir es uns, uns draußen vor dem Zelt heimlich zu waschen. “Hast du warmes Wasser mitgebracht?” fragt Michi, als Kyra die Flasche über seinen Kopf hebt. “Oh, ne. Da habe ich irgendwie nicht drüber nachgedacht”, lacht Kyra und lässt den ersten Wasserstrahl auf Michis Kopf hinunter plätschern. “Bbrrrr”, macht Michi und schäumt sich schnell die Haare. Als er fertig ist, ist Kyra dran. “Ui, kalt kalt kalt”, sagt sie, während Michi nun mit Freude das kalte Wasser über sie schüttet. Er hält Kyra das Handtuch und schnell zieht sie sich an. “Das Dachzelt hat genau den Blick zu uns”, stellt Michi lachend fest. Aber das ist uns mittlerweile egal. Wie häufig wurden wir mittlerweile beim auf Toilette gehen oder Waschen von irgendwelchen Leuten überrascht. Solange man es nicht komplett in der Öffentlichkeit macht, interessiert es niemanden. Frisch hübsch gemacht machen wir uns auf den Weg zur Rezeption, um die Powerbanks abzuholen. Diese haben über Nacht geladen, um morgen für die weitere Fahrt voll zu sein. Anschließend geht auf die Restaurant-Meile von Strandhill. Das Café soll bereits um 9 Uhr öffnen und da heute Tag 100 ist, steht ein Kuchenfrühstück an. Als wir dort ankommen, haben wir jedoch leider nicht viel Auswahl. Ein Kuchen ist bereits am Morgen zu haben. Dieser sieht zum Glück jedoch sehr gut aus. Dazu nehmen wir beide eine heiße Schokolade mit Sahne und Mashmallows. Alle Sachen werden uns nach draußen gebracht, wo uns bei den ersten Bissen hungrige Rabenvögel beobachten. Einer scheint entweder sehr hungrig zu sein oder die Angst vor Menschen verloren zu haben. Immer weiter nähert er sich unseren Tellern. Dann streckt er sich, um von oben in die Tassen gucken zu können. Als Kyra gerade beschäftigt ist, lehnt er sich nach vorne… Doch Michi ist schneller und wedelt mit der Hand. Das interessiert den Vogel nur minimal. Er springt ein paar kleine Schritte nach hinten und ist direkt wieder auf der Lauer. Kurz darauf kommt sogar noch ein zweiter und dritter Vogel hinzu, doch als wir unseren Kuchen erfolgreich aufgegessen haben, ohne einen Krümel an die Vögel verloren zu haben, sind sie schnell nicht mehr an uns interessiert. Nur die kleinen und eher zurückhaltenden Spatzen suchen den Boden nach Krümeln ab.

Wir stehen auf und werfen noch einen Blick in den inkludierten Laden. Es gibt schöne Keramiktassen, die besonders Kyra sehr gefallen. Doch das gute auf einer Radreise: Wir haben keinen Platz dafür, weshalb man nicht mal in Versuchung kommt. Auf dem Rückweg zum Campingplatz ziehen langsam dicke Wolken über den Himmel. Als wir am Zelt ankommen ist der gesamte Himmel grau und weiß bedeckt, doch zum Glück regnet es nicht. Wir machen uns direkt an die Arbeit. Kyra geht zunächst Wäsche waschen und hilft anschließend Michi bei den Fahrrädern. Die Felgen bekommen die alten Schläuche und die neuen Mäntel von Continental, die Ketten werden gekürzt und aufgezogen, Kyras Bremsen werden eingestellt und Michis bremsen mit Hitze über dem Kocher repariert. Diesen Tipp mit den Bremsen hatte er in Inverness bekommen, doch irgendwie nie die Zeit dafür gefunden. Das war auch nicht schlimm, denn die Funktionstüchtigkeit war weiterhin komplett gegeben. Heute war jedoch der perfekte Moment. Nachdem Kyras Vorderrad zum dritten Mal aufgepumpt wurde, weil das Ventil nicht wollte wie es sollte, wird Kyra es zu kalt: “Michi? ich brauche eine Pause. Es ist einfach zu kalt! Du nicht?” Michi verneint. “Dann gehe ich schonmal rein und koche für uns, okay?” fragt sie. “Klar, gerne!” sagt Michi und widmet sich wieder den Drahteseln zu.

Heute gibt es zum vierten und letzten Mal Risotto, erneut mit Brokkoli. Routiniert bereitet Kyra alles zu und ruft Michi an, als sie fertig ist. “Perfekt! Ich bin auch fertig. Ich komme und bringe den Laptop mit!” sagt er am Telefon. Nur wenige Minuten später sitzen wir in der Küche und genießen unser Mahl. Die Wolken draußen sehen bedrohlich aus, doch bisweilen hat es nicht angefangen zu regnen. Zur Sicherheit hatten wir vor dem Kochen die Wäsche trotzdem abgehangen und zwischen Außen- und Innenzelt wieder vor Regen geschützt aufgehangen. “Puh… Irgendwie habe ich noch Appetit. Aber egal! Wie viele Tage Blog müssen wir noch nachschreiben?” fragt Michi. “Zu viele”, sagt Kyra und wir machen uns beide an die Arbeit. Erst als die Sonne untergeht gehen wir zurück uns Zelt. Dort quatschen wir noch ein bisschen und schlafen müde ein. Gute Nacht