Tag 106 - Die Klippen von Moher (15.09.2024)
Von Burren View Point nach Liscannor
Wir erwachen am Morgen und horchen… Es regnet noch immer… “Aber der Wetterbericht sagte, dass es die Nacht nicht mehr regnen soll und schön wird. Sonnenschein war gemeldet.”, sagt Kyra sichtlich enttäuscht. Wir werfen einen Blick aus dem Zelt und sehen, dass das gesamte Tal im Nebel liegt. Auch um uns herum zieht der Nebel vorbei. Oder sind wir gar in einer Wolke gefangen? Michis Handy unterbricht die Stille, seine Eltern sind am Telefon. Wir telefonieren eine Weile gemütlich im Zelt und werfen erneut ein Blick raus. Noch immer ist alles in Nebel gehüllt. Also gibt es erstmal Frühstück. Die Hoffnung auf die vorhergesagte Sonne ist zu groß, um nun im Nebel das Zelt zu verlassen. Und endlich! Als wir aufgegessen und etwas am Blog gearbeitet haben, bilden sich am Himmel blaue Stellen. Es wird Zeit aufzustehen. Kaum ist der Himmel noch schöner, hören wir das erste Auto den Hügel hinauf fahren und es bleibt nicht das Einzige. Eine Minute spärer kommt direkt das nächste und noch eins… Alle drei parken neben uns auf dem Parkplatz und schauen sich die Aussicht an. Nun ziehen wir uns schnell mit den noch nassen Sachen vom Vortag an und verlassen das Zelt, doch wir bekommen sowieso wenig Beachtung. Die nicht englisch sprechenden Touristen schauen uns nur an und erwidern einen Gruß nicht. Doch als bereits zwei Autos verschwunden sind, kommt ein Van hinauf. Wir sind gerade dabei unsere komplett nasse Wäsche über eine der Steinmauern in die Sonne zu hängen, da rufen uns zwei “Good morning” zu.
“Did you sleep here?”, fragen sie interessiert und als wir bejahen erzählen sie, dass sie etwas unterhalb des Berges in ihrem Camper geschlafen haben. Wir unterhalten uns kurz und die beiden haben Mitleid mit uns, aufgrund des Regens. Wir bekommen Kekse und Wasser geschenkt. Im Gegenzug bieten wir Tee aus Ostfriesland an. “Oh, yes! I love tee” antwortet die eine von beiden. Das freut uns sehr und wir überreichen zwei Teebeutel, von welchen wir dringend Nachschub benötigen. Als sie feststellen, dass wir aus dem Norden kommen und bereits Schottland fertig haben, da fragen sie, ob wir denn auch in Liverpool waren. Wir verneinen. “Oh, it shout be your final destination!” lachen die beiden. Wir lachen ebenfalls, da beide so viel Herzlichkeit ausstrahlen. Doch dann geht es für sie weiter und wir fangen an das Zelt trocken zu wischen und abzubauen. Anschließend wird die Bodenplane in die Sonne gelegt. Ein Auto hält abseits des Parkplatzes am Rande der Straße und ein Ehepaar steigt aus. Sie schauen sich die Gegend nur kurz an und kommen anschließend auf uns zu. Die beiden kommen aus Belgien und haben früher selbst Fahrradtouren gemacht. Insbesondere der Mann interessiert sich sehr für unsere Fahrräder. Seine Frau erzählt uns, dass sie das Problem von nasser Wäsche noch zu gut kenne. Früher habe sie sich während der Fahrt die Unterhose über den Kopf gezogen, damit diese endlich trocknet. Wir alle vier müssen herzhaft lachen. Nach einem netten Gespräch auf niederländisch, deutsch und englisch gemischt, bekommen wir von ihnen ebenfalls Kekse geschenkt. Am Ende erzählen sie noch, dass sie Irland, wie wir, als sehr teuer empfinden, doch die Menschen unglaublich nett sind. Als unsere Sachen in der Sonne getrocknet sind und wir anfang nebenbei einzupacken, fahren sie weiter und wünschen uns eine tolle Tour mit schönen Erlebnissen. Für sie geht es schon in 2 Tagen mit der Fähre zurück zum europäischen Festland und anschließend nach Belgien. Bevor es für uns weitergeht, signalisiert uns unser Magen, dass er Hunger hat. So testen wir ein paar der Kekse und essen die Reste vom Baguette mit Käse und Gurke sowie Honig. Kurz bevor wir startklar sind, hält ein Motorrad mit deutschem Kennzeichen. Torsten aus Leipzig kommt interessiert und auf zu und das dritte nette Gespräch des Morgens beginnt. Er arbeitet an der Kunsthochschule und seine Tochter möchte in Begleitung eine längere Fahrradtour in Afrika unternehmen. Wahnsinn! Dafür tauschen wir uns etwas über die Ausrüstung aus und er gibt uns ein Tipp, für eine gute kleine Kamera. Wir zeigen uns gegenseitig Fotos und bekommen Tipps für die weitere Route. Als wir uns verabschieden, starten wir in unterschiedliche Richtungen.
Zunächst geht es leicht den Hügel hinunter und als wir eigentlich rechts abbiegen sollen, jedoch ein Schild auf 14 % Steigung hinweist, entscheiden wir uns spontan für eine Routenabänderung und somit einen kleinen Umweg. Der Umweg ist jedoch schnell geschafft. Erneut melden sich unsere Mägen, doch diesmal nicht vor Hunger, sondern weil eine Toilette gefunden werden will. Zum Glück finden wir einen kleinen Landwirtschaftsweg, in den wir schnell verschwinden können. Leider ist die Umgebung weiterhin sehr steinig, weshalb wir nur schwer zwei Löcher gebuddelt bekommen, doch am Ende funktioniert es. Aufgrund der zunehmenden Probleme mit Michis Vorderrad, bauen wir dieses erneut aus. Die Kugeln des Lagers liegen frei verteilt und Michi weiß so langsam nicht mehr weiter. Er fettet das Lager neu und er baut eine Tür aus einer alten Milchverpackung, damit die Kugeln nicht herausfallen können. Als wir weiterfahren fühlt sich Elias ein bisschen besser an, doch die Sorge, dass es bald ein Ende mit dem Vorderrad hat, wächst. Als eine lange Abfahrt vor uns auftaucht, können wir bereits das strahlend blaue Meer in der Ferne erahnen. Ein Schild weist auf den größten frei hängenden Stalaktiten in Europa hin und wir schauen uns erstaunt an. “Das wusste ich ja gar nicht”, sagt Michi und sucht auf dem Handy die Öffnungszeiten erhaus. “Mist! Wir sind leider zu spät und das nur, wegen dem Radausbau. Das tut mir leid, Kyra…”, sagt er etwas geknickt. “Ach, alles gut! Ich wusste das doch auch nicht.” antwortet Kyra daraufhin und lenkt bereits in die entgegengesetzte Richtung.
Als die Abfahrt sich dem Ende zu neigt, wartet bereits die nächste Steigung auf uns. In der Stadt Doolin können wir noch zahlreiche Tourist*innen beobachten, wie sie gerade ihr Hostel erreichen oder vor dem Pub im Sonnenschein ein Bier genießen. Es sieht richtig nett und gemütlich aus, doch da die Sonne bereits am sinken ist und wir noch keinen genauen Plan für den Abend haben, rasen wir mit Emil und Elias an der ausgelassenen Stimmung vorbei. So schnell es die Abfahrt herunter ging, so langsam geht es nun hinauf. Die ersten Meter gestalten sich angenehm und wir sind von den Ausblicken auf Doolin sowie das Meer abgelenkt. Vereinzelt kommen uns Wanderer*innen entgegen. Dann biegen wir rechts und anschließend wieder links ab. Die Straße erscheint wie eine Wand. Mit aller Kraft treten wir in die Pedale und scheinen fast auf der Schrägen stehen zu bleiben. Natürlich kommt genau in diesem Moment ein Auto von vorne, doch der starke Kraftaufwand von uns, wird anscheinend wahrgenommen und so wartet das Auto geduldig, bis wir die wenigen Meter hinauf gekommen sind. Wir bedanken uns und fahren auf einem etwas flachen Weg weiter die Klippen hinauf. “Da vorne muss es sein!”, zeigt Kyra auf die vor uns auftauchenden Klippen. Michi nickt. Wir wechseln auf die bereits leere Hauptstraße und fahren die letzten Meter zum großen Parkplatz der Klippen von Moher. Die Toiletten am Parkplatz sind leider bereits geschlossen, weshalb wir weiter zum Besucherzentrum rollen. Dort darf Kyra noch gerade durch die Tür huschen, bevor zwei Minuten später das Zentrum geschlossen wird. Mit der Kamera ausgestattet laufen wir die wenigen Meter zum Abgrund vor und sind ein wenig enttäuscht. Die Klippen sehen im Sonnenuntergang zwar schön aus, doch anders als an anderen Stellen? Das können wir in diesem Moment nicht beurteilen. Das Wasser des Meeres spritzt gegen die Klippen und die Sonne verschwindet so langsam hinter den Wolken kurz vor dem Horizont. Als wir bereits umdrehen, kommen uns einige Leute entgegen. Scheinbar möchten sie den Sonnenuntergang an der Aussichtsplattform erleben. Um das Zelt noch im hellen aufbauen zu können, entscheiden wir uns nur noch wenige Kilometer die Klippen hinunterzuradeln und das Zelt an der Küste bei Liscannor aufzubauen. Kyra hat dort einen kleinen Strand entdeckt, der vielleicht einen guten Ort darstellt. Während der Abfahrt wackelt Michis Vorderrad erneut bedrohlich und schleift dadurch am vorderen Gepäckträger. Gleich morgen wollen wir ein neues Laufrad bestellen, denn so kommen wir nicht um die Welt. Mit diesem Gedanken erreichen wir schnell Liscannor. Im Hafen stehen bereits zwei Wohnmobile und eine Grasfläche lädt zum Zeltaufbau ein. Doch auf einem Schild steht “No Overnight parking”, weshalb wir doch lieber zur ausgesuchten Stelle etwas östlicher weiterradeln. Dort angelangt, ist die Sonne bereits untergegangen und setzt die blaue Stunde ein. Leider können wir diese nun nicht genießen, denn der angebliche Strand mit kleinem Parkplatz ist abgesperrt. Nun befindet sich an dieser Stelle eine Art Minigolf-Spiel. Mist! Also fahren wir die Strecke zum Hafen zurück. Zum Glück sind die 2 Kilometer schnell geschafft und das Zelt ebenso schnell aufgebaut. Als es gerade so dunkel wird, dass man kaum noch etwas erkennen kann, klettern wir ins Bett. Gute Nacht!