Tag 109 - Ring of Kerry (18.09.2024)
Von Cromane nach Ballinskelligs
Wellen rauschen und Steine rollen… Kyra liegt wach in ihrem Schlafsack und lauscht. Erschrocken reist sie die Augen auf, die Wellen sind nah, sogar sehr nah. Mit einem Blick aufs Handy klärt sich zum Glück schnell, dass es nur noch 10 min bis zum Höchststand sind. Dann erwacht auch Michi von dem lauten Geräusch der Wellen. „Kyra! Die Flut“, sagt er erschrocken. Doch 10 min später kommen die Wellen nicht viel näher und bleiben sie in gut 1,5 m Entfernung von uns, bevor sich das Wasser erneut zurückzieht. Wir beide schließen noch einmal die Augen und versuchen etwas zu schlafen, denn es ist noch dunkel und der Mond steht hell sowie hoch am Himmel. Schnell werden wir erneut von süßen Träumen umgeben und erwachen circa eine Stunde später zum Sonnenaufgang. Beinahe zeitgleich geht die Sonne zu unserer rechten auf und der Mond zu unserer linken unter. Es sieht fantastisch aus. Erneut färbt die Sonne die Umgebung in tausende von Farben, doch die Töne Orange und rot stechen besonders hervor. Der Mond, welcher zum Greifen nah scheint, schwebt ein paar Zentimeter über den Bergen und ist im Vergleich zur Sonne eher dunkel. Er schimmert weiß, blau und grau. Was für ein spannender Kontrast! Wir versuchen den Mond auf Fotos festzuhalten, doch es gelingt uns nicht so ganz. Anschließend starten wir unser Frühstück. Es ist weiterhin eiskalt und die Schlafsäcke sind durch die hohe Luftfeuchtigkeit klatsch nass.
Wir entscheiden uns schön eingekuschelt in diesen zu frühstücken und grüßen die erste Frau am Morgen, die mit ihrem Hund Gassi geht. „A beautiful morning, isn’t it?“, fragt sie uns und wir bejahen. Sie erzählt uns, dass sie all ihren Freunden eine Nachricht geschickt hat, weil der Mond so toll aussah. Dann ist sie mit ihrem Hund verschwunden und genießt die Ruhe am Strand. In der Ferne können wir erste weitere Besucher beobachten, die mit viel Freude ins Wasser laufen. Ihre Schreie lassen nur erahnen, wie kalt es sein muss, doch so langsam kommt die Sonne über den Häusern hervor und wärmt uns sowie die Umgebung. Die Schlafsäcke dampfen leicht im Sonnenlicht und trocknen schnell, während die Solarpanel uns Energie liefern. Wir entscheiden etwas Blog zu schreiben, bis die Sachen komplett getrocknet sind. Währenddessen kommt die Frau mit ihrem Hund erneut bei uns vorbei und verabschiedet sich. Kurz darauf erscheint ein älterer Herr mit seinem Hund. Er gibt ihm Befehle und der Hund hört aufs Wort. Es ist spektakulär die Szenerie mit anzuschauen und wir vermuten, dass es sich um einen Schäfer handeln könnte. Als der Mann uns erblickt, läuft er gradewegs auf uns zu. Wir reden ein bisschen über unsere Fahrräder und die Strecke, die wir vorhaben. Doch schnell ist auch er verschwunden und ein dritter Mann mit Hund folgt ihm. Als die Schlafsäcke getrocknet sind, packen wir alles ein und stellen fest, dass es bereits 12 Uhr ist. Jetzt aber los! Weit kommen wir jedoch nicht… Unweit vom Autoparkplatz ist ein kleines Café mit dem Namen The Boathouse Café Cromane. Schnell checken wir die Preisliste und entdecken einen Affogato. Hhmmm. Was gibt es besseres als die Verbindung von Vanilleeis und Kaffee? Das fragen wir uns in diesem Moment und können natürlich nicht widerstehen. Im herrlichen Sonnenschein genießen wir unser Getränk und werfen unzählige Blicke auf das Meer hinter uns. Es ist ein perfekter Tag! Kyra geht nochmal auf Toilette und als sie zurück ist, erzählt Michi, dass er eine Mail bezüglich seines Vorderrads erhalten hat.
Er benötigt eine Adresse, wohin es geschickt werden kann und muss bezahlen. Die Bezahlung mit Paypal will nicht sofort und eine Adresse haben wir leider noch nicht erhalten. All die Personen, die wir angeschrieben haben, haben anscheinend noch nicht seit gestern auf ihr Handy geguckt. Aus diesem Grund schreibt Kyra eine weitere Person von der Community „Welcome to my Garden“ an. Dann geht es jedoch erstmal los. Der Start am Meer gestaltet sich mit wunderbaren Ausblicken auf die Küste. Vereinzelt gehen kleine Halbinseln, die nur aus hübschen Dünenlandschaften bestehen, von den großen Halbinseln weg. Im Südwesten von Irland sieht die Küste wie eine Hand aus bzw. als würden Finger in die See hineinragen. Aktuell radeln wir auf dem zweiten Finger von Norden gezählt. Dieser „Finger“ ist besonders für die Straße, den Ring of Kerry bekannt. Den Ring of Kerry gibt es ebenso als Fahrradweg, weshalb wir uns für diese Route entschieden haben. Nachdem wir durch den kleinen Ort Glenbeigh und über einen romantischen kleinen Fluss gefahren sind, geht es bergauf. Die Seiten der kleinen Single Track Road sind mit Brombeeren bewachsen und als Michi für eine Pipipause und Mailantwort stehen bleibt, kann Kyra nicht widerstehen und futtert einige reife und süße Blaubeeren. Zum Glück hat Sara von Welcome to my Garden sehr schnell geantwortet und uns geschrieben, dass wir das Paket gerne zu ihr senden lassen können. Perfekt! Nun hat die Bezahlung geklappt und wir haben eine Adresse. Was soll nun noch schief gehen? Michi holt zu Kyra auf und futtert ebenfalls ein paar Brombeeren, bevor wir unseren Weg zwischen den Bergen fortsetzen. Oben angekommen führt uns die Straße mit einer Überführung über die Hauptstraße. Wir erhaschen nach einiger Zeit wieder einen Blick auf das Meer und wie immer, wenn man auf dieses bergab zufährt und das Wetter traumhaft ist, strahlt es uns wunderschön entgegen. Wir können die Schönheit kaum begreifen und machen einige Fotos während wir in den Verkehr der Hauptstraße gleiten. Wir genießen mit hoher Geschwindigkeit die angenehm flache Fahrt auf der Hauptstraße mit den wunderschönen Blicken auf das Meer und den ersten Finger im Norden. Nun sind wir tatsächlich auf dem Ring of Kerry angekommen.
Kurzzeitig taucht zu unserer linken ein Fahrradweg auf, welchen wir für circa einen Kilometer nutzen können, bevor er wie aus dem Nichts wieder verschwindet. Anschließend verlassen wir die Hauptstraße und fahren an einigen Wohnhäusern vorbei. Kurz darauf kreuzen wir sie erneut und unser Weg führt uns über eine nicht gut einsehbare Straße mit vielen Kurven weiter hinab. Mit schneller Geschwindigkeit rauschen wir hinunter und unten angekommen erblicken wir einen See mit den Bergen im Hintergrund. Wunderschön! In der Stadt Cahersiveen fahren wir über eine kleine Brücke und stehen plötzlich vor einer Fähre. „Oh! Ich wusste gar nicht, dass wir Fähre fahren müssen“, meint Michi und Kyra bestätigt: „Ich auch nicht“. Mit einem Blick auf die Route planen wir spontan um. Sehr wahrscheinlich müssten wir nicht nur einmal Fähre fahren, denn diese erste führt uns auf eine kleine Insel und irgendwie müssen wir die Insel ja wieder verlassen. Aus Zeit und Geld-Gründen entscheiden wir uns dagegen. Somit radeln wir nach einem schnellen Müsli zurück zur Hauptstraße und zum bereits am Morgen entdeckten Strand. Dadurch haben wir ungefähr 15 Kilometer an Strecke abgekürzt. Wir erreichen den Strand nach einer letzten Steigung und fahren erneut hinunter. An dem Parkplatz stehen mehrere Schilder mit einem durchgestrichenen Zelt. Eigentlich lustig, denn in ganz Irland ist das Wildcampen nicht erlaubt. Trotzdem entnehmen wir einer Schautafel, dass sich das Campingverbot nur auf die Sandfläche bezieht. Wir machen uns nicht groß Gedanken, da wir erneut im Schlafsack unter freiem Himmel schlafen möchten. Doch zuerst, ziehen wir uns schnell aus und laufen mutig in das kalte Atlantikwasser. Es ist so kalt, dass wir es nicht schaffen zu schwimmen sondern lediglich die Köpfe ein paar Mal unters Wasser tauchen. Da uns eiskalt ist, trocknen wir uns schnell ab und laufen zurück. Es gibt Nudeln mit Tomaten und Frischkäse, bevor uns Freunde aus der Heimat anrufen und wir bis es bereits dunkel ist telefonieren. Ab in den Schlafsack und gute Nacht!