Tag 130 - Auszeit (09.10.2024)

Von Forêt domaniale de Meudon nach Buc

Draußen prasselt der Regen auf die mehrstufigen Straße nieder und trommelt auf die Autodächer den morgendlichen Berufsverkehrs. Da wir kein Frühstück gebucht haben entschließen wir uns uns noch einmal herumzudrehen. Eingekuschelt im warmen Bett, geschützt, aber auch gänzlich von dieser entrückt, dämmern wir dahin. Auf einmal klopft es gegen 8:45 Uhr gegen die Tür. Etwas wird auf französisch gerufen. Reflexartig sagen wir „No, no!“ erneut Rufe von außen und die Türklinke wird gedrückt. Etwas energischer wiederholen wir „No! No!“  Und Michi wirft sich schnell etwas über und eilt zur Tür. Davor ist schon niemand mehr zu sehen. Er hängt das „Bitte nicht stören“ Schild an die Türklinke und kommt zurück ins Zimmer. Komisch, das hatten wir morgens noch in keinem Hotel. „Normalerweise halten sie doch Rücksprache mit der Rezeption“, sagt Kyra und Michi ergänzt, dass es zudem ja insbesondere bei Gästen mit nur einer Übernachtung ein unnötiger Reinigungsschritt wäre, der am Ende für das Hotel und dessen Personal eine zusätzliche Arbeit darstellt, da der Raum ja nach dem Checkout erneut gereinigt werden müsste. Die Möglichkeit zu diesem haben wir bis 12:00 Uhr und das wollen wir heute bei dem Wetter auch ausnutzen. Da für heute keine Besserung seitens des Wetters in Sicht ist haben wir uns entschlossen, Versailles auf morgen zu verschieben und heute einfach zu entspannen, Blog zu schreiben und zur nächsten Unterkunft zu fahren. Wir brauchen einfach eine Pause. Durch die Ortswechsel und das Organisatorische drumherum und neben der Reise ist es ohnehin keine Pause im eigentlichen Sinne, aber die Muskeln erholen sich weiter. Hoffentlich gewöhnen sie sich nicht an diese kleinen Tagesetappen. Unsere Körper denken jedenfalls weiterhin, dass wir ein Kaloriendefizit haben und so haben wir beide Hunger. Es gibt den Rest Kuchen und englischen „Vanillepudding“ alias Custard. Mhm lecker! Wir schreiben noch etwas, prüfen Bestellungen und Unterlagen, planen die nächsten Tage und auf einmal fliegt die Zeit dahin. Kyra ist noch total gerädert und liegt gerade wieder verschlafen im Bett. Michi hat beim Blick auf die Uhr ein wenig Bedenken und so hängt er die nur teilweise getrocknete Wäsche ab, packt die Elektronik zusammen und erhält sogleich Unterstützung von Kyra. Um 11:45 Uhr ist alles soweit gepackt. Wir kontrollieren ein letztes Mal das Bad, das Bett und den Eingangsbereich. Dann werfen wir uns die Taschen über und treten auf den Flur. Zwei Putzkräfte sind gerade in der Nähe. Der eine ruft uns etwas auf französisch zu und als er merkt, dass wir kein französisch verstehen, zeigt er auf seine Uhr und sagt: „Oh Monsieur,  you keep me waiting, waiting, waiting!“ Wir sehen auf die Uhr, es ist 11:50 Uhr. Somit zwar spät, aber 10 Minuten vor der letzten Zeit für den Check-out. Unser Schild an der Türklinke ist auch verschwunden. Wir schauen uns verdutzt an, sparen uns einen Kommentar und treten in den Fahrstuhl. Der zweite Angestellte sagt noch: „Five minutes!“ Normalerweise sagt insbesondere Michi in solchen Fällen nichts, was bringt es denn auch? Doch diesmal weist er den Herrn an der Rezeption auf das Verhalten des Housekeeping hin. Er entschuldigt sich und begründet es damit, dass das Personal uns bestimmt nicht verstanden hat und wir ja auch am Morgen kein Schild angebracht haben. Er ist sichtlich bemüht, dass wir den Aufenthalt in guter Erinnerung behalten, hält uns Türen auf und ist plötzlich überaus interessiert an den Rädern und der Reise. Das ist nett, aber unnötig, denn eine ruhige, warme Nacht angesichts des Wetters, reicht für uns bereits für die volle Zufriedenheit aus. Das Verhalten des Housekeeping könnte eher bei anderen Gästen, die häufiger Hotels oder explizit dieses aufsuchen Probleme bereiten. Wir satteln unsere Esel und Michi prüft noch einmal die Nachrichten. Die nächste Unterkunft hat bereits am Morgen geschrieben. Wir dürfen das Zimmer bereits früher beziehen. Wir schwingen uns freudig in den Regen. Haben wir nun doch ein Ziel, das nicht weit weg liegt und uns die Möglichkeit bietet etwas Blog zu schreiben. Eigentlich wollten wir dies sonst noch in der Hotellobby machen, aber so… Perfekt! Es geht locker über einen Radweg und dann auf eine städtische Verbindungsstraße, die die Autobahn mit einer Bundesstraße und den Wohngebieten vernetzt. Schwups und schon sind wir auf dem nächsten Radweg und inmitten eines neuen Gewerbegebiets mit zahlreichen Bürogebäuden. Wir rollen durch Pfützen dahin und in ein angrenzendes Wohngebiet hinein. Der Radweg ändert hierbei ständig, den Untergrund, die Richtung den Stil. So fahren wir auf der Straße, auf dem Fußweg, auf einem eigenen Weg oder auf einem gemischten Weg, auf dem sich Busse, Fußgänger und Räder begegnen. Schulkinder laufen in kleinen Grüppchen umher und wir verlassen den Vorort über eine Schotterpiste. In Buc angelangt kämpfen wir uns noch einen Hügel hinauf und rollen zum Supermarkt. Kyra hechtet hinein. Leider ist der Markt gänzlich anders aufgebaut und somit gestaltet sich die Suche nach Hygienereiniger schwer. Als sie sich entschließt jemanden anzusprechen sagt diese Person, dass es Hygienespüler nicht gäbe. Die Zeit tickt und Michi wird schon richtig nervös, da wir unsere Ankunftszeit mitgeteilt haben und wir nun im Markt festhängen. An den Kassen muss dann auch noch das Obst gesondert gewogen werden und somit verstreichen die Minuten. Dann ist es geschafft. Wir haben tatsächlich alles gefunden und rasen nun der Unterkunft entgegen. Erst finden wir die Hausnummer nicht. Doch als wir vor einer Garage drehen, kommt ein Mann auf den Balkon. Stéphane ist sehr nett und bittet uns herein. Die Drahtesel finden in der Garage Platz und sogleich begrüßt uns der Hund. Wir packen unsere nötigen, triefenden Taschen und gehen über den Garten zum Vordereingang des Hauses. Wir unterhalten uns kurz und Gut. Er zeigt uns alles und sagt auch, dass seine Töchter und Frau sehr gut deutsch und englisch sprechen und wenn irgendetwas ist, sollen wir uns melden. Dann wird noch die Uhrzeit für das Frühstück, 9 Uhr, abgemacht und wir ziehen uns nass und glücklich auf unser Zimmer zurück. Doch wir sind tatsächlich trotz der geringen Kilometer so schlapp, gerädert und einfach erschöpft, dass wir nur noch alles durchwaschen. Wir duschen noch und kuscheln uns ins Bett. Aus dem Plan Blog zu schreiben wird nichts. Wir essen Wraps, schauen eine Serie, lassen die Seele baumeln und schlafen ein. Morgen, ja morgen fahren wir nach Versailles und schreiben Blog. Gute Nacht!