Tag 156 - Glücksfall! (04.11.2024)
Von Montalivit les Bains nach Bordeaux
Auch diese Nacht war still und Wuldschwein frei. Wir haben nichts außer dem Rauschen der Wellen gehört. Doch nun ist Zeit aufzubrechen. Wir packen wie jeden Morgen unsere Sachen zusammen und fahren aus dem kleinen Weg raus. Unser Weg führt uns auf einem Fahrradweg neben der Straße, wo uns zahlreiche Autos mit Jägern entgegen kommen. “Ich habe in Frankreich in wenigen Wochen Mehr Jäger gesehen, als in Deutschland in meinem ganzen Leben”, stellt Kyra immer noch etwas irritiert über die große Jagdfreude in Frankreich fest. Wir verlassen nach einer Weile die Straße und fahren wunderschön durch die Dünen. Die Umgebung ist grün und der Nebel verzieht sich bereits sehr früh. Es ist so warm, dass wir im TShirt und kurzer Hose unterwegs sind. Eine Düne ist höher als die andere und so geht es zwischenzeitlich ordentlich bergauf und bergab. Dabei kommen wir in Urlaubsregionen, wo ganze Ortschaften zwischen den Dünen im Wald stehen. Wir bewundern die Häuser, welche mal hübsch und mal nicht so unseren Geschmack treffen. Einige sind wunderschön aus Holz und andere sind Billigbauten auf Campingplätzen. Dazwischen finden wir fest installierte Safarizelte auf Campingplätzen. Irgendwie lustig. Dann fahren wir an einem See vorbei, wodurch es abrupt wird es flacher wird. Wir fahren eine Weile an dem See “Étang de Lacanau”, bis wir entscheiden mit diesem tollen Ausblick eine Pause zu machen.
Wir naschen unsere Reste und beobachten, wie wenige Menschen an uns vorbeiziehen. Eine Frau spielt mit ihrem Hund, ein Mann skatet und ein weiterer telefoniert. Dann kommt eine Frau vorbeigejoggt. Wir genießen die Ruhe und schalten für einen Moment ab, bevor es weitergeht. Wir möchten heute noch bis Bordeaux und haben dort über die Community “Welcome to my Garden” einen Garten rausgesucht, wo wir unser Zelt aufschlagen dürfen. Wie freuen uns bereits darauf unsere Gastgeber*innen kennenzulernen. Weiter geht’s! Nach zwei Kurven und einer kurzen Ungewissheit, wohin wir müssen, finden wir uns auf einer alten Bahntrasse wieder. Der Wind schiebt uns von hinten an und wir nehmen Fajrt auf. Schnell gleiten wir dahin. Es macht richtig Freude. Dabei wird unsere Stimmung schnell getrübt, denn erstmals sehen wir ein riesen Gebiet mit einer abgebrannten Waldfläche. Tote verbrannte Bäume stehen am Wegesrand, doch die Fläche ist fast Komplett kahl. Nur etwas Gebüsch hat sich auf dem Boden breit gemacht. Wenige Meter weiter liegen hohe Haufen mit herausgerissen Baumwurzeln. Wir werden nachdenklich und still. Reden eine ganze Weile kein Wort miteinander und wissen trotzdem, dass uns das Gleiche beschäftigt. Doch wir fahren weiter und lenken uns ab. Der Wind gibt uns Kraft und bald werden die Menschen um uns rum mehr. Zahlreiche Rennradfahrer*innen kommen uns entgegen oder überholen uns. Einige zeigen uns einen Daumen, andere Grüßen nicht einmal und sind mit sich oder ihrer Gruppe beschäftigt. Um uns herum nehmen ebenfalls die Häuser zu und dann ist es soweit. Wir verlassen die Bahntrasse, befinden uns in einem Vorort von Bordeaux und sehen endlich das Stadtschild. Da wir durch den Rückenwind schneller als Gedacht unterwegs waren und Lust auf ein Eis haben, halten wir bei Lidl. Hier kauft Kyra ein paar Kleinigkeiten ein, während Michi auf die Drahtesel aufpasst.
Beim Eisschlecken beobachten wir zwei Jungs auf ihren Rädern. Sie fahren hin und her über den Parkplatz. “Das ist sau gefährlich was die da machen! Insbesondere weil sie über freie Parkplätze daher schießen”, stellt Michi laut fest. Kyra stimmt zu. Als wir unser Eis auf haben, wird uns doch leicht kalt. Die Bewegung ruft somit und wir machen uns aif die letzten Kilometer durch den Stadtverkehr. Es lässt sich gut in Bordeaux fahren und so haben wir die Adresse unserer Host schnell erreicht. Wir klingeln und kurze Zeit später wird die Tür geöffnet. André steht in der Tür und strahlt uns an. Er heißt uns willkommen und zieht eine kleine Rampe empor. Diese legt er über die Treppenstufen im Eingangsbereich, sodass wir problemlos die Drahtesel durch ihr Haus hindurch in den Garten schieben können. Verrückt! Wir entschuldigen uns noch, da Emil und Elias so dreckig sind, doch Andrès Frau Fracaise winkt ab und meint, es wäre wie eine Straße durch ihr Haus. Sie selbst fahren viel Fahrrad und machen es täglich so. Wir sind beeindruckt. Das Haus ist wunderschön und auch der Garten spricht uns sofort an. Einiges pflanzen die beiden selbst an. Doch, wir werden direkt hereingebeten und uns wird ein Zimmer gezeigt. “If you like, you can sleep in the garden. But if you like to sleep in a bed…”, sagt André und deutet auf Das Bett. Wir gucken ihn dankbar an und entscheiden uns für das warme Zimmer mit Bett. Nebenan ist das Badezimmer mit Dusche, welches wir nutzen können. Wie unglaublich nett. Da wir zum Abendessen von den beiden eingeladen sind und das Essen noch kurz braucht, tragen wir alles wichtige rein, legen Zelt und Planen zum Trocknen im Schuppen aus und gehen duschen. Die Dusche tut gut, auch wenn wir erst vor kurzem eine hatten. Dann bereiten wir unser Bett vor und gehen in die Küche. André ist am kochen und wir fragen ihn, ob wir helfen können, doch er verbeint. Wir sollen uns ruhig hinsetzen und es uns gemütlich machen. Wir setzen uns aufs Sofa und Fracaise kommt hinzu. Die beiden stellen vier Gläser auf den Tisch und André kommt mit Lillet hinzu. Lillet ist der Name für vier verschiedene Aperitifs. Es handelt sich um Bordeaux Weine, die mit Fruchtlikören im Verhältnis 85:15 gemischt werden. Wir probieren und es schmeckt uns. Es ist immer am schönsten regionale Getränke und Essen mit Menschen aus der Region zu teilen. Als wir ausgetrunken haben wechseln wir an den Tisch. Als Vorspeise gibt es Tomatencarpaccio mit Baguette. Zudem dürfen wir ein Paté probieren. Als Hauptspeise gibt es Fisch mit Kartoffeln, Kräutern und Oliven. Anschließend werden uns mehrere Käsesorten vorgesehen und zum Abschluss eine Mango. Es schmeckt alles ausgezeichnet und wir sind am Ende mehr als satt. Wie nett, dass wir zum Essen eingeladen wurden. Dabei unterhalten wir uns auch gut. Wir reden über unsere Touren. André und Fracaise sind schon viel mit dem Rad unterwegs gewesen. Dieses Jahr war André zum ersten Mal allein mit dem Fahrrad im Urlaub. Er ist sogar ein paar Nächte Wildcampen gegangen. Gespannt hört er sich unsere Abenteuer an und überlegt was als nächstes bei ihm anstehen könnte. Für uns alle vier ist es toll sich mit anderen Radbegeiaterten auszutauschen und die beiden sind unglaublich herzlich dabei. Wir fühlen uns auf Anhieb wohl und aufgenommen. Uns wird sogar angeboten eine zweite Nacht zu bleiben als wir von unseren Plänen erzählen uns nicht nur die Stadt anzugucken, sondern auch geimpft zu werden. André möchte uns dabei morgen helfen, weshalb wir uns für 9:00 Uhr zum Frühstücken verabreden. Nach einer Menge guter Gespräche verabschieden wir uns alle und gehen Schlafen. Gute Nacht!