
Tag 240 - Rückenwind!
Fahrrad-weltreise: Baza nach Lorca
26.01.2025
Wir wachen mehrmals in der Nacht auf, da der Wind immer mehr zunimmt. Es raschelt laut und das Außenzelt schlägt ans Innenzelt, wodurch es zwischendurch laut knallt. Obwohl wir wissen, dass unser Zelt (Exped Venus II Extreme) dem Wind gut standhält, ist es eine unangenehme Situation. Wir sehen, wie sich die Stangen biegen und alles von links nach rechts und wieder zurück wackelt. Wenn eine Böe kommt, verbiegt sich das Zelt ruckartig und steht eine Sekunde später wieder gerade da. Wir sind wirklich froh vor der Reise ein neues Zelt gekauft zu haben und dabei mehr auf Qualität als auf Kosten geachtet zu haben. Auch, wenn uns Kleinigkeiten nicht gefallen. So lösen sich bereits langsam die verschweißten Nähte im Inneren des Zeltes und die Imprägnierung hat stark nachgelassen. Vielleicht ist dies jedoch bei so einer intensiven Nutzung auch normal. Alles hat seine Haltbarkeit. Kyra verlässt kurz das Zelt, um auf die Toilette zu gehen und spannt dabei nochmal nach. Ein Hering hat sich gelöst, da der Boden sehr trocken ist. Dieser ist zum Glück schnell wieder gesetzt. Erneut machen wir das Hörbuch an, um uns von den lauten Geräuschen ablenken zu lassen und erneut funktioniert dies gut. Etwas später in der Nacht verlässt Michi nochmal das Zelt für einen Toilettengang und spannt ebenfalls nach. Dann schlafen wir bis zum nächsten Morgen durch. Unter windigen Bedingungen bauen wir das Zelt ab und schieben zurück zum Schotterweg, der zur Hauptstraße hinunter führt. Der Weg dorthin ist schmal und auf beiden Seiten geht es tief in die Täler hinunter. Der Wind ist erbarmungslos und drückt uns fest zur Seite, doch wir haben zum Glück einen stabilen Stand und rollen auf die Straße. Es ist bereits hell, doch noch ist die Straße recht leer.



Die letzten Meter den Hügel hinauf sind schnell geschafft und eine Abfahrt beginnt. Der Wind drückt uns von hinten den Hügel hinunter, sodass wir unglaublich schnell werden und lidl in Baza innerhalb von wenigen Minuten erreichen. Im lidl machen wir einen halben Großeinkauf. Wir kaufen alles, was wir für ein ausgiebiges Frühstück und Mittagessen benötigen. Dann schwingen wir uns zurück auf die Räder und müssen ein kurzes Stück die Straße gegen den Wind fahren. Mit wenigen km/h kriechen wir dahin. Nachdem wir jedoch rechts abbiegen, kommt der Wind von schräg hinten. Wir werden immer schneller und fliegen gefühlt mit Leichtigkeit durch das Industriegebiet von Baza. Immer wieder kommen starke Böhen von der Seite, die uns ein paar Mal von der asphaltierten Straße rechts runter schieben, doch wir fühlen uns trotz Verkehr und Wind sicher. Die Häuser nehmen ab und wir befinden uns auf einer breiten Ebene. Kleine Büsche, wie im wilden Western, rollen um uns herum über die Straße. Belustigt und begeistert von der Situation versuchen wir diese auf Fotos festzuhalten. Die Landschaft wird erneut sehr kahl und wir fahren ein paar Hügel hoch und runter. Die Büsche werden immer mehr und zuweilen fällt es uns schwer diesen auszuweichen. Ein Busch hängt kurz in Kyras vorderem Schutzblech, doch mit viel Spaß bekommt sie es während der Fahrt mit dem Fuß gelöst. Dann entdecken wir endlich ein Schild, welches auf einen Picknick-Bereich hinweist. Wir folgen der Beschilderung und finden uns etwas windgeschützt in einem kleinen Waldgebiet aus Pinien wieder. Überall sind Steinbänke und Tische aufgestellt. Perfekt für eine ausgedehnte Frühstücks- und Toilettenpause. Dabei bekommen wir ein paar Tropfen Regen ab, doch die Regenwolke ist nirgens auszumachen. Der Himmel über uns ist blau. Der Wind scheint die Tropfen weit durch die Luft getragen zu haben. Als wir weiterfahren, durchqueren wir ein Dorf und sehen anschließend über den kargen Hügeln einen Regenbogen. Der Kontrast zwischen farbenreichen Regenbogen und karger sandiger Landschaft, lässt diesen noch stärker strahlen. Erneut scheinen wir großes Glück zu haben, denn der Regen kommt woanders runter. Unser Glück nimmt noch mehr zu, denn unsere Straße hat einen rechtsknick gemacht und der Wind kommt nun tatsächlich frontal von hinten. Die Böhen drücken uns nun nicht mehr zur Seite, sondern drücken uns mit hoher Geschwindigkeit nach vorne. Obwohl es die gesamte Zeit leicht bergauf geht, merken wir dies nicht. Mit circa 15-20 km/h rollen wir wie über eine Ebene.




Komoot (unsere Navigation) lässt uns auf eine kleine parallele Straße abbiegen und wir bekommen bereits Sorge, wie sich der Untergrund entwickelt, doch die kleine Straße entpuppt sich als ein kleines Juwel. Durch eine Art Canyon fahren wir an kargen hohen Felswänden vorbei und in der Mitte der Schlucht verläuft eine grüne Landschaft, die scheinbar in früheren Zeiten für Landwirtschaft genutzt wurde. Nur noch wenige Felder sind übrig und in Benutzung. Die meisten Felder liegen brach, genauso wie die alten Höhlenhäuser in den Felsen neben uns. Aus einer kleinen Hütte grüßt uns jedoch ein alter Mann, der gerade sein Auto bepackt und uns kurz später überholt. Wir bewundern weiter die verlassenen Höhlenhäuser von außen und desto weiter wir kommen, desto mehr Höhlen wurden renoviert und modernisiert. Sie scheinen bewohnt zu sein und sehen zum Teil traumhaft aus. Manche sind wirklich groß. Die Höhlenhäuser ziehen uns weiter in ihren Bann, doch dann nähern wir uns einer kleinen Stadt. Eine moderne Aussichtsplattform ragt über den Berg hinaus und es fängt leicht an zu regnen. Da es relativ warm ist, fühlt sich der Regen wie ein angenehmer Sommerschauer an. Kurz fahren wir im leichten Regen über eine größere Straße, doch beides verabschiedet sich wieder schnell und wir gelangen zu einem kleinen Dörfchen, wo wir eine steile Straße empor fahren. Erneut können wir zu beiden Seiten Höhlenhäuser bewundern. Nach der Auffahrt rollen wir rasant bergab hinein in ein weites Tal.



Der Wind treibt uns weiterhin wunderbar von hinten an und so rasen wir ohne zu treten mit 30 km/h dahin. Überall um uns herum wird der Sand vom Boden aufgewirbelt und große Sandwolken entstehen. Eine Sandwolke verfolgt uns kurz und umgibt uns schließlich. Der Sand knirscht zwischen den Zähnen. Doch wir lassen uns weiter treiben und machen nur eine kurze Pause an einer alten Ruine. Um uns herum findet etwas Landwirtschaft statt und stehen verlassene alte Bauernhöfe, ansonsten ist die Landschaft weiterhin kahl und verändert sich nur wenig. Dann haben wir das Ende der Ebene erreicht und müssen nur noch die letzten 200 Höhenmeter des langen sanften Anstiegs bewältigen. Der Wind hilft uns weiter hinauf und wir treten kräftig in die Pedale. Dann verändert sich die Landschaft. Es tauchen unzählige Bäume auf und nur sehr vereinzelt sehen wir Häuser. Am Rande der Straße stehen hohe Stecken, die bei Schnee dessen Höhe anzeigen sollen und die Straße markieren. Zum Glück, haben wir keinen Schnee. Heute Nacht soll es hier jedoch schneien, weshalb wir uns entscheiden schleunigst wieder vom Berg hinunter zu kommen. Schließlich wechseln die Kiefern zu Mandel- und Olivenbäume, die Straße wird eben und die Abfahrt beginnt. Wir erreichen den Ort Maria und verlassen ihn wieder. In Serpentinen führt die Straße hinunter. Zu unserer Überraschung haben wir sogar einen eigenen Radweg, der meist neben der Straße entlang führt.



Ein paar Mal weicht er jedoch nach rechts aus, führt über eine alte Brücke und wieder zurück. Dann endet der Fahrradweg und wir erreichen eine Stadt mit einer wunderschönen Burg. Unsere Route führt uns um eine Kurve und der Wind kommt uns plötzlich frontal entgegen. Er ist so stark, dass wir fast auf der Stelle stehen. Kyra muss sogar kurz anhalten und kann für einige Sekunden nicht wieder anhalten. Es geht weiter durch die kleinen Gassen und schließlich weiter den Berg hinab. Aus der Ferne machen wir ein Bild zurück. Bei der weiteren Abfahrt riechen wir einige Schweinezuchten und unzählige Tiertransporte kommen uns entgegen. Immer wieder fahren durch kleine Abschnitte mit Bäumen, Feldern oder brach liegenden Flächen. Dann wird es Zeit nach einem Schlafplatz zu suchen. Zunächst ist es schwer, etwas zu finden. Wir sehen die alten Brücken der ehemaligen Straße links von uns und überlegen, hier das Zelt aufzubauen. Doch glücklicherweise sehen wir uns zunächst weiter die Umgebung an und Michi findet eine bessere Stelle neben der alten, nicht mehr genutzten Straße, circa 200 m weiter die Straße hinunter. Beim Suchen haben wir uns jedoch kurz aus den Augen verloren und kein Netz, weshalb wir einen kurzen Schreckmoment hatten. Wir beide hatten Sorge, dass die andere Person die Klippen hinunter gerauscht ist. Nach diesem Moment der Sorge bauen wir beruhigt das Zelt auf. Wir sind zwar in Sichtweite der Straße und einige Autos rasen vorbei, doch der Winkel ist für uns so günstig, dass diese uns nicht sehen können. Zudem gibt es keine Möglichkeit für Autos anzuhalten. Während wir noch eine Kleinigkeit im Zelt zu Abend essen, macht es plötzlich draußen ein lautes Geräusch. „Warst du das? Hast du gepupst?“, fragt Kyra belustigt. Doch Michi verneint: „Ich glaube, das war ein Grunzen“. Wir sind kurz laut und hoffen, das Tier, wahrscheinlich Wildschwein, damit zu verscheuchen. Anscheinend sind wir erfolgreich, denn der weitere Abend ist still. Nach einigen Notizen für unseren Blog, schlafen wir ein. Gute Nacht!

