Tag 286 - Das Olivenparadies

Fahrrad-Weltreise: Capo Vatikano nach Santa Cristina d'Aspromonte

14.03.2025

Lesedauer ca. 6 min

Müde erwachen wir mit dem ersten Licht am Morgen auf. Es ist noch sehr früh und wir sind von der kurzen Nacht müde. Im Inneren des Schlafsacks ist es so schön warm, dass wir noch eine ganze Weile eingekuschelt sitzen bleiben. Entspannt schauen wir auf das Meer hinaus und entdecken 3 Schiffe, die langsam dahin schippern. Sie scheinen vom Militär zu sein. Dann beginnen wir langsam einzupacken. Die Sonne scheint währenddessen bereits auf die etwas tiefer gelegenen Bänke, weshalb wir uns zum Frühstück auf diese setzen.

Noch immer sind wir allein und genießen die wunderschöne Umgebung. Die Möwen fliegen tief übers Meer und scheinen die Atmosphäre ebenso zu genießen. Erst als wir aufbrechen, fährt das erste Auto auf den Parkplatz.

Es geht direkt sportlich los. Von 90 m kämpfen wir uns auf 330 m hoch. Die Steigung ist dabei erbarmungslos. Nach einem ersten so steilen Stück, dass Kyra schieben muss, müssen wir einige Male aufstehen, um überhaupt weiterzukommen. Schweigend kämpfen wir uns Meter für Meter die Serpentinen hinauf. Als wir schließlich auf die etwas flachere Hauptstraße treffen, feuern uns mehrere Personen von der anderen Straßenseite aus an. Wir winken und müssen lachen. Zum Glück ist die Steigung nun nicht mehr ganz so anstrengend und schnell vorbei. Oben angekommen, geht es sofort hinunter auf 150 m und dir nächste Steigung beginnt. Diese ist jedoch viel angenehmer und führt uns nochmal auf knapp 300 m in das Örtchen Nicotera. Hier genießen wir eine erste Pause, um viel zu trinken und etwas abzukühlen, denn wir haben 25 °C und puren Sonnenschein. Im Schatten auf einer Bank essen wir Baguette und viel Gemüse. Zudem trinken wir jeder etwas über einen Liter. Langsam kühlt der Körper etwas herunter, doch wir haben so geschwitzt, dass unsere Haut ganz salzig ist. Zum Glück, erwartet uns heute Abend eine Dusche, denn unser heutiges Ziel ist ein alter Olivenhain von Welcome to my Garden (Community für Langsamreisende – Privatpersonen bieten ihren Garten zum kostenfreien übernachten an). Nach der Pause werden wir steil hinab geführt. Mit gezogenen Bremsen fahren wir langsam hinunter. Nun soll es zum Glück erstmal wesentlich flacher bleiben.

 Zwar geht es immer wieder etwas hinauf und hinunter, jedoch nur wenige Höhenmeter. Dann verlassen wir die Hauptstraße und fahren über Sand- sowie Schotterwege durch Plantagen mit riesigen Olivenbäumen und Kiwis. Die Wege sind schmal und als uns ein Auto entgegen kommt, wird es ziemlich eng. Immer wieder bellen Hunde laut hinter Toren, wir fühlen uns ein wenig unwohl. Doch dann wird die Straße wieder breiter und Asphalt kündigt sich langsam an, bis wir wieder auf einer komplett asphaltierten Straße langen. Viele Schlaglöcher wurden über die Jahre neu verfüllt, dass sie einem Flickenteppich ähnelt, doch wir kommen voran. Zwei Autos mit dicken Baumstämmen fahren eine ganze Weile in unserem Tempo neben bzw. vor uns, bis sie schließlich verschwinden. In einem Dorf sehen wir die Fahrer nochmal, wie sie kurz Pause machen und einen Kaffee trinken. Einige Minuten später überholen sie uns lachend erneut. Wir winken und treten dabei schon wieder kräftig in die Pedale, denn unser letzter langer Anstieg für heute beginnt. Die Straße hat nun einen perfekten Untergrund und die Steigung ist angenehm. Doch trotzdem machen wir nochmal eine Pause. Michi rollt die von gestern am Stand gekaufte Zitrone und quetscht durch ein Loch die Flüssigkeit in einen großen Joghurt. Kyra versucht dabei die Kerne aufzufangen. “Ui, ist die saftig”, stellt Michi fest. Und tatsächlich. Der Joghurt ist nun eher Flüssigkeit wie ein Joghurtdrink und unglaublich sauer. Wir trinken beide die Hälfte und pressen Augen, wie Lippen zusammen. “Das ist aber echt sauer!”, merkt Kyra nochmal an. Anschließend gibt es noch eine Banane und einen schnellen Gang zur Toilette. Fertig! Nun kann es weitergehen. Circa 500 Höhenmeter auf 15 km, das hört sich machbar an und so ist es. Eine angenehme Steigung führt uns immer weiter hinauf. Zunächst noch gerade, dann in Serpentinen. Wir können das Bergdorf Santa Cristina d’Aspromonte bereits aus der Entfernung sehen. Es liegt praktisch zum Greifen nah und nur eine Schlucht trennt uns. Kurz geht es hinunter, über eine Brücke und weiter hinauf. Dann sind wir da. Wir setzen uns auf eine Brücke am Dorfplatz und schreiben Eusebios, dass wir da sind. Er meldet sich zurück und wir sollen kurz warten. Wir naschen in der Zwischenzeit eine weitere Banane und werden bereits von einigen Leuten beobachtet. Hier oben ist es so windig, dass es uns trotz über 20 °C innerhalb von Minuten kalt wird. Schnell ziehen wir uns einen Pullover an und genießen das Nichts tun. Zwei ältere Herren fragen uns auf Italienisch, ob wir wissen, wo wir schlafen und wir erklären ihnen mit Hilfe eines Übersetzers, dass wir auf Eusebios warten. Sie wissen scheinbar sofort Bescheid und winken freudig ab. Kurz darauf erscheint Eusebios auch bereits. Er ist nicht alleine. Neben ihm sitzt ein Mann in unserem Alter. Die beiden steigen aus und wir stellen uns nochmal vor. Guillou hilft zu übersetzen, denn wir sprechen kein italienisch und Eusebios kein englisch. Guillou hingegen spricht beides und unterstützt. Der Olivenhain, wo wir das Zelt aufbauen können, ist ungefähr 2 km entfernt. Es geht eine holprige Straße den Berg hinunter und wir sollen ihm folgen. Das setzen wir sogleich um. Bergab können wir zum Glück mit der Geschwindigkeit gut mithalten und nach wenigen Minuten stehen wir vor dem Tor eines alten Haines. Es ging steil bergab und wir fragen uns noch, wie wir das wieder hochkommen sollen, doch die Gastfreundschaft und das schöne Stückchen Erde entlohnen bereits jetzt. Es ist wunderschön hier. Zahlreiche Olivenbäume stehen auf einer ziemlich geraden Stelle. Die Sonne ist bereits hinter den Bergen verschwunden, weshalb nur noch die Baumkronen angeleuchtet werden. Zahlreiche Vögel zwitschern und der Hund Nadine begrüßt uns aufgeregt. Dann dürfen wir uns einen Schlafplatz aussuchen und werden unter ein paar Bäumen fündig. Am Morgen sollten wir hier schnell von der Sonne die ersten Strahlen abbekommen. Perfekt, falls das Zelt durch Feuchtigkeit trocknen muss. Während wir aufbauen, kommt Eusebios vorbei und fragt, ob wir alles oder vegetarisch essen. Freudig schauen wir uns an. Scheinbar, bekommen wir etwas zum Abendessen gekocht! Schnell bauen wir fertig auf und gehen anschließend zu dem kleinen Aufenthaltsraum in dem sonst kaputten und verlassenen alten Gebäude auf dem Olivenhain. Im Aufenthaltsraum steht ein Sofa mit Fernseher, Tisch mit Stühlen und eine Küche. Im Raum nebenan gibt es eine Dusche und eine Toilette. Scheinbar verbringt Eusebios viel Zeit hier. Seine eigentliche Wohnung ist jedoch direkt am Marktplatz. Wir fragen ihn, ob wir bei etwas helfen können, doch er meint nur, dass wir uns setzen sollen. Er würde alles fertig machen und wir können uns ausruhen. Wie nett! Zum Abendessen gibt es Nudeln mit Paprika. Es schmeckt sehr gut! Danach gibt es noch Brot mit Käse, Oliven und Wurst. Im Hintergrund läuft der Fernseher, irgendetwas Italienisches, dem Eusebios und sein Sohn folgen. Wir unterhalten uns währenddessen mit Guillou. Er kommt gebürtig aus Paris und ist nun nach Spanien gezogen. Dort hat er eine ganze Weile für den DLR gearbeitet, doch nun wollte er etwas anderes machen und ist Tourguide. Um seine Sprachen zu erweitern bzw. zu verbessern, ist er hierher gekommen. Aus den geplanten zwei Wochen wurden jetzt leider nur 4 Tage, die für ihn jedoch sehr intensiv waren. Wir bewundern Guillou, dass er scheinbar fließend französisch, englisch, spanisch und italienisch spricht. Respekt! Er winkt es jedoch ab und sagt, dass es die einfachen Sprachen für einen Muttersprachler französisch wären. Wir finden es trotzdem beeindruckend. Immerhin sprechen wir nur deutsch und englisch. Guillou war selbst schon mit dem Fahrrad unterwegs. Zwar noch nicht so lange, aber dafür in anderen Ländern. Japan hat ihm besonders gut gefallen. Das haben wir schon von vielen gehört. Vielleicht schaffen wir es ja auch dorthin? Als wir fertig gegessen haben, fangen wir an, abzuspülen und verziehen uns ins Zelt, als die anderen mit dem Auto verschwinden. Gute Nacht!