Tag 31 - North York National Park (02.07.2024)

Von Brotton nach East Rounton

Wir wachen im warmen Bett zu Hause bei unserem Gastgeber Kai von “Welcome to my Garden” auf. Die Nacht war gut und der Schlaf erholsam. Als wir uns anziehen und runter gehen, steht auch Kai auf. Er ist total bemüht und macht uns Müsli sowie Tee. Das Müsli, welches aus seiner eigenen Mischung besteht, mit Kefir und Weintrauben schmeckt fantastisch. Selbst Kyra, die eigentlich nicht so gerne Müsli isst und selten vor dem Losfahren frühstückt, ist begeistert. Mit Kai reden wir nur kurz, denn er muss zum Zahnarzt. Währenddessen überlässt er uns seine Wohnung. Was für ein Vertrauen in zwei Fremde! Wir nehmen das Vertrauen dankend an, übertragen Bilder und schreiben Blog. Als er wiederkommt, sind wir fast fertig und verfassen nur noch die letzten Sätze. Kai macht nun sich selbst auch ein Müsli und uns jeweils noch ein Toast. Er ist von der Art, wie wir reisen begeistert. Für ihn ist es wichtig eine Challenge oder eine Mission mit klar definierten Ziel zu haben. Zudem möchte er so wenig wie möglich dabei haben. Dafür weicht bei ihm sogar die Regenkleidung, er lässt sich einfach nass regnen. Wir beide hingegen, könnten z.B. auf Regenkleidung oder auch ein großteil unseres Werkzeugs und Elektronik nicht verzichten. Wir tauschen uns immer weiter aus und merken, wie unterschiedlich Radreisen gestaltet werden können. Am Ende bleiben wir jedoch alle bei unserer Position und das ist das schöne am Radreisen, jede*r macht es auf ihre*seine Weise und das ist gut so! Während wir unsere Sachen zusammenpacken und langsam raus tragen, wechselt das Thema hin zu Politik und Geschichte. Wir reden über so ziemlich alles. Angefangen beim Verbot von Wildzelten, über Nachhaltigkeit bis zum Zweiten Weltkrieg. Nachdem wir uns schon lange verabschiedet hatten und uns doch noch nicht getrennt haben, wird es langsam Zeit. Wir machen noch ein Selfi zusammen und es geht los! Unser Weg führt uns durch schöne englische Dörfe hinauf zu einer alten Bahntrasse. Aufgrund der geringen Steigung lieben wir es Bahntrassen zu folgen, doch diese endet bereits nach wenigen Kilometern. Wir folgen dem ausgewiesenen Radweg und sehen in letzter Sekunde, wie sich ein Reh auf eingezäunter Wiese hinter einem Busch versteckt.

Kurz darauf wird es steil. Erneut ist die Steigung sehr grenzwertig mit unserem Gewicht. Wir kommen richtig ins schwitzen und müssen eine kurze Pause einlegen, Am Ende der Steigung geht es rechts und… “Da müssen wir rein”, zeigt Michi auf einen kleinen Wanderweg, der sich links den Hügel hochschlängelt. “Waaas?” sagt Kyra sichtlich irritiert. Wir suchen uns einen anderen Weg. Dieser hat zunächst eine angenehme Steigung, doch dann wird es erneut steil und der Boden ist durch groben Schotter kaum zu befahren. Die Reifen drehen zum Teil durch, doch Emil und Elias schaffen es mit uns irgendwie nach oben. Oben angekommen haben wir einen fantastischen Ausblick bis zur Küste und über das Meer zurück. Vor uns befindet sich der nördliche Teil des North York Moors National Park. Dieser scheint aus einer großen Heidefläche bzw. Mooren zu bestehen. Was für eine Belohnung für den kräftezehrenden Anstieg. Doch bevor wir unserem Weg durch die schöne Landschaft fahren können, müssen wir Emil und Elias zwischen bzw. über ein Gatter heben. Zu zweit schaffen wir das gut und können nun die Natur um uns herum vollends genießen.

 Ein Platz für unsere Mittagspause ist zudem auch schnell gefunden. Wir machen es uns auf einer alten Schutzhütte gemütlich. Leider will unser Kocher, der “Drache”, noch immer nicht so wirklich und so wird aus schnell Nudeln machen, eine längere Prozedur. Irgendwie schaffen wir es, dass die Nudeln al dente sind und machen direkt für den nächsten Tag eine Portion mit. Es gibt Spaghetti mit einer Tomaten-Creme Soße sowie ein bisschen Brot mit Käse und Schokolade. Lecker! Während wir kochen, essen und genießen kommen immer wieder Mountainbikes an uns vorbei. Die meisten sind E-Bikes, aber fast alle grüßen nett. Nach ungefähr 2 Stunden Pause freuen wir uns auf die rasante Abfahrt. Wir fahren weiter durch die herrliche heide, bis sich die Landschaft wechselt. Nun befinden sich um uns herum vereinzelte Häuser und kleine Dörfer sowie viel Landwirtschaft. Das Land wird flacher und wir haben nur noch wenige Anstiege, die jedoch zum Teil ebenso steil sind. Nun kommen uns auch keine Mountainbiker*innen mehr entgegen, sondern wieder Rennradfahrer*innen. Auch diese lächeln uns zu, heben die Hand zum Gruß oder rufen laut “Hi!”.

Gegen 20:30 Uhr entscheiden wir uns einen Schlafplatz zu suchen und müssen gar nicht lang warten. Wir finden ein Feld, welches am Rand eine hochgewachsene Wiese hat. Die Wiese drückt Michi mit den Füßen platt, während Kyra schnell auf Toilette geht und die Gegend bei Google Maps kontrolliert. Anschließend bauen wir das Zelt auf. Kurz bevor wir unsere wichtigsten Sachen ins Zelt verstauen, merken wir, dass einige Disteln unter der Plane sind: “Mist! Die drücken durch” sagt Kyra. Somit heben wir das Zelt nochmal an und ziehen alle Disteln heraus. Das dauert eine ganze Weile, doch ein kaputtes Zelt wäre noch viel schlimmer. Während wir in der Ferne immer wieder Züge hören, vom Bauernhof Hundegebell hinüber weht und eine Eule ihre Bahnen fliegt, schlafen wir ein. Gute Nacht!