
Tag 342 - Der Kanal von Korinth
Fahrrad-Weltreise: Mykines nach Kineta
09.05.2025
Es raschelt nicht das erste Mal hinter uns, als die Sonne bereits am Himmel steht und das Innere des Zeltes erhitzt. Bereits in der Nacht haben die Hühner auf dem Campingplatz sich hinter unserem Zelt im Gebüsch versteckt. Nun laufen sie wie aufgescheuchte Hühner über den ganzen Platz und gackern dabei aufgeregt. Der Hahn hat besonderes Interesse an uns und kräht mehrmals während wir das Zelt abbauen. Anschließend sprechen wir unseren Nachbarn an und fragen, ob sich der Eintritt für Mykines lohnt. Hier regierte um 1300 v. Chr. König Agamemnon, bekannt aus der Ilias, und prägte eine Epoche, die wir heute als mykenische Hochkultur kennen. In den Kuppelgräbern – wie dem Schatzhaus des Atreus – wurden die Eliten beigesetzt, mit Goldmasken, Schmuck und Waffen. Wer durch Mykene läuft, wandert nicht nur durch Ruinen, sondern durch ein Echo der ältesten griechischen Geschichte. Besonders berühmt ist das gewaltige Löwentor. Es wurde um 1250 v. Chr. errichtet und besteht aus riesigen, perfekt behauenen Steinblöcken – den typischen Kyklopenquadern. Über dem Eingang befindet sich ein Relief mit zwei gegenüberstehenden Löwen, das dem Tor seinen Namen gibt. Dieses ist das älteste erhaltene Monumentalrelief Europas, das man noch an seinem ursprünglichen Platz sehen kann. Das Tor war nicht nur Eingang, sondern auch eine Machtgeste – wer es durchschritt, spürte die Stärke und Bedeutung Mykenes. Der Durchgang war bewusst eng gebaut, um Angreifer im Ernstfall zu verlangsamen. Nach einem längeren Austausch mit ihm entscheiden wir uns trotz seiner Empfehlung gegen den Eintritt. Es ist zwar nicht so viel von außen sichtbar, aber der Eintritt ist einfach zu teuer. Wir müssen bei jeder Sehenswürdigkeit abwägen, welche wir besuchen und welche nicht, sonst würde unsere Reise zu früh enden. Trotzdem entscheiden wir, in Richtung Eingang zu fahren, doch zunächst helfen wir unserem Nachbarn, sein Moped auf den Anhänger zu heben. Wir verabschieden uns und schon geht es los, den Hügel hinauf. Von weitem sehen wir die Anlage. Doch zunächst lockt etwas anderes unsere Aufmerksamkeit. Links neben der Straße finden wir Eingänge zu Höhlen. Neugierig stellen wir unsere Fahrräder an den Straßenrand und schauen hinein. Doch im Inneren gibt es nicht viel zu entdecken. Lediglich ein Raum befindet sich hinter dem Eingang. In der Mitte scheint erst vor kurzem jemand Feuer gemacht zu haben. “Hier hätten wir bestimmt auch schlafen können”, lacht Kyra. Die Nacht auf dem Campingplatz war jedoch mit Sicherheit angenehmer, da sind wir uns einig. Als wir zurück zu den Rädern laufen, kommen uns zwei weitere Gäste von letzter Nacht vom Campingplatz entgegen. Sie waren bereits am frühen Morgen im alten Mykenes und sind nun schon wieder auf dem Rückweg. Sie berichten, dass die Anlage riesig ist und nun viele Schulbusse mit zahlreichen Schüler*innen ankommen. Scheinbar muss jedes griechische Kind einmal auf der Anlage gewesen sein. Ganz spontan entscheiden wir kurz Frido steigen zu lassen und drehen wieder um. Es ist einfach zu heiß und voll, um gegen so viel Geld durch die Anlage gequetscht zu werden. Wir bemerken, dass wir etwas Müde sind, was Sehenswürdigkeiten betrifft. Natürlich ist alles etwas anders, doch irgendwie sind es dann doch überall alte Steine. Alte Steine von den Griechen, alte Steine von den Römern. Meist braucht man viel Vorstellungskraft, um die Auswirkungen von damals zu erkennen. Schnelle fahren wir durch Mykines zurück zur Hauptstraße und folgen dieser in Richtung Korinth. Kurz nachdem wir die Hauptstraße erreichen, kommt uns ein anderer Radreisender entgegen. Wir winken uns und er gibt zu verstehen, dass er auf unsere Straßenseite kommt. Als er durch den Verkehr balanciert ist, tauschen wir uns über unsere Touren aus. Er möchte heute Nacht ebenfalls auf einen Campingplatz, um morgen Mykene besuchen zu können. Wir geben ihm ein paar Tipps der anderen, tauschen uns über unsere Touren aus und verabschieden uns wieder. Dabei haben wir herausgefunden, dass er aus den Niederlanden kommt und heute bereits circa 40 km gefahren ist. Diese liegen nun vor uns.



Es geht der Hauptstraße folgen leicht rauf und runter. Doch sonst passiert nicht viel. WIr folgen immer weiter der Straße und sind schließlich fast kurz vor dem Kanal von Korinth. Hier schauen wir uns zunächst einen versunkenen alten Hafen von Kechraeae an und gehen in Isthmia noch einmal einkaufen. Dann ist es soweit und wir verlassen über eine Brücke die Peloponnes. Doch bevor wir das griechische Festland erreichen, halten wir uns eine Weile auf der Brücke auf. Kurz quatschen wir nochmal mit einem niederländischen Paar. Zunächst machen wir von diesen und dann diese von uns ein paar nette Fotos. Dann ist es jedoch soweit und wir fahren die letzten Meter über die Brücke. Frido darf sogar noch ein zweites Mal heute in die Luft und von oben den Kanal mit Segelbooten filmen.




Der Kanal von Korinth wirkt wie mit dem Lineal in die Landschaft geschnitten: 6,3 Kilometer lang, 24 Meter breit und bis zu 84 Meter tief. Er trennt das griechische Festland von der Halbinsel Peloponnes und verbindet den Saronischen Golf mit dem Golf von Korinth. Die steilen Felswände leuchten je nach Tageszeit in hellem Ocker, und unten wirken die Schiffe wie Spielzeuge. Der Blick von der Brücke ist atemberaubend – und ein bisschen schwindelerregend. Gebaut wurde der Kanal zwischen 1881 und 1893, doch die Idee ist viel älter: Schon die alten Griechen planten ihn, unter anderem Nero, der 67 n. Chr. symbolisch den ersten Spatenstich setzte – mit einer goldenen Schaufel. Heute fahren nur kleinere Schiffe hindurch, doch der Anblick bleibt gewaltig: Ein Jahrhundertprojekt in Stein und Wasser. Als wir unsere Blicke lösen können, ist es bereits spät. Schnell sollten wir versuchen weiter zu kommen. Nach einem kurzen Austausch mit einer Schulklasse, die an unseren Rädern und der Art zu reisen interessiert sind, fahren wir zurück auf die Hauptstraße und geben Gas. Es ist fast durchgängig flach, wodurch wir eine hohe Geschwindigkeit aufbauen können. Die Straße ist super asphaltiert und so fährt es sich fast von alleine. Bis zum Kinetta Beach rasen wir die Straße entlang und entkommen einem Unwetter, welches sich plötzlich hinter uns aufbaut. Nur aus der Ferne, sehen wir Regenschauer hinunter kommen. Der Strand ist dann jedoch leider doch nicht so geeignet wie gedacht, um das Zelt aufzustellen. Doch heute haben wir nicht nur bei dem Wetter Glück. Michi sieht, dass ein deutscher Camper neben einem Restaurant auf deren Gelände neben einer Plantage steht. Ob wir hier vielleicht unser Zelt aufbauen dürfen? Wir quatschen die Camper an, welche aus Frankreich kommen und sich ein Camper in Deutschland geliehen haben. Sie erzählen, dass sie im Restaurant etwas getrunken haben und die Inhaberin ihnen erlaubt hier über Nacht zu stehen. Das wollen wir auch ausprobieren. Nett gehen wir in das Restaurant und tatsächlich, es stellt gar kein Problem dar. Wir dürfen uns einen Fleck unter den Bäumen aussuchen. Wenn viel los ist, scheint der Parkplatz um diese Fläche erweiterert zu werden. Die Bäume geben zudem angenehmen Schatten. Erst als wir genauer hinsehen und das Internet befragen, erkennen wir, unter was für Bäumen wir hier überhaupt stehen. Es handelt sich um Pistazienbäume. Lecker! Leider jedoch noch nicht reif. Wir bedanken uns beim Restaurant, indem wir zwei Getränke kaufen, setzen uns an den Strand und lassen den Abend ausklingen. Michi springt sogar noch kurz bei Mondschein ins Meer, bevor wir wie immer müde ins Zelt fallen. Gute Nacht!


