Tag 62 - Tschüss Shetlands und hallo Orkneys

Von Lerwick nach Kirkwall

„Good morning… Goooood moooorrrrning!“ schreit lachend eine Frau in unserer Nähe. Sofort sind wir hellwach. „Was sollte das denn?“ fragt Kyra irritiert und etwas verschlafen. „Gute Frage“, antwortet Michi nur. Wir drehen uns nochmal um, doch der Platz ist so belebt, dass wir entscheiden das Zelt abzubauen und darauf hoffen, dass die öffentliche Toilette geöffnet ist. Ständig kommen Autos, drehen und fahren wieder. Andere joggen vorbei oder führen ihre Hunde aus. Wir haben schnell eingepackt und Glück, denn die Toiletten sind geöffnet. Wir verschwinden beide erstmal auf Toilette, waschen uns und die Wäsche und füllen die Wasserflaschen auf. Was für ein Luxus fließendes Wasser ist und wie schnell man das nur im Alltag zu Hause vergisst. Als wir fertig sind, entscheiden wir uns dazu Pfannkuchen zu machen. Wir haben vorgestern extra Butter gekauft, nachdem wir in einem Kasten am Straßenrand Eier für kleines Geld gefunden hatten. Beides muss ohne Kühlung langsam gegessen werden. Michi, unser Meister der Pfannkuchen, rührt den Teig an, während wir unseren Radreisefreunden Kai und Judith, die wir in Dover kennengelernt haben, eine Sprachnachricht über unseren weiteren Verlauf senden. Wir freuen uns immer über Austausch mit anderen Radreisenden und geben uns gegenseitig mal längere und mal kürzere Updates. Während sich Michi weiter um die Pfannkuchen kümmert, überträgt Kyra die Fotos der letzten Tage. Die Pfannkuchen werden mit geschmolzener Schokolade, Banane, Zimt und Zucker verspeist. Lecker! Als wor fast fertig gegessen haben, merken wir, dass wir uns langsam beeilen sollten, da wir um 13 Uhr mit Bob und Karen zum Kaffee verabredet sind.

Wir spülen ab und packen alles ein. Dann fahren wir noch einmal zum Schlafplatz die paar Meter zurück, da Michi an der nahegelegenen Bunkeranlage interessiert ist. „Kyra? Wo sind denn eigentlich meine Kopfhörer?“ fragt Michi rätselnd. „Weiß ich nicht. Die lagen beim Zeltabbau zusammen mit den anderen Sachen für deine Lebkertasche. Mit der Sonnenbrille und Schlüssel… Wo hast du die hingetan?“ fragt Kyra zurück. „Ich hatte die nicht… Obwohl! Momentan! Vielleicht hinterm Toilettenhaus an der Wand…“ überlegt Michi während er nochmal zum Schlafplatz hinab läuft. Kyra schwingt sich auf Emil und fährt zum Toilettenhaus. Nirgendwo sind Kopfhörer und Sonnenbrille zu finden. Auch nicht auf der Steinmauer liegen sie. Vielleicht sind sie runtergefallen? Tatsächlich hinter der Mauer liegt beides am Boden. Kyra hebt beides auf und winkt Michi, der bereits auf dem Weg zurück ist. Wir sind glücklich beides gefunden zu haben, da wir über die Kopfhörer die Navigation laufen lassen. Nun müssen wir uns beeilen und fahren mit erhöhter Geschwindigkeit dem Café entgegen, in welchem Karen einen Tisch reserviert hat. Dort angekommen sitzen die beiden bereits am Tisch und freuen sich uns zu sehen. Auch wir freuen uns sehr. Wir reden eine Weile über die Shetlands und das Leben sowie Arbeiten auf einer Insel. Es ist spannend, wie anders und doch ähnlich die Infrastruktur hier funktioniert. Wir alle vier bestellen eine Kleinigkeit zu Mittag. Karen nimmt den Fischkuchen (ähnlich einer Fischfrikadelle) und Bob sowie wir die Tagessuppe. Es schmeckt super! Die Kartoffelsuppe erinnert an zu Hause. Als wir aufgegessen haben muss Karen auch schon los, da ihre Mittagspause vorbei ist. Doch zuvor bekommen wir von den beiden Puffin Pub, zwei Anstecker (Shetland- mit Deutschlandflagge) und eine Karte, die ein Foto zeigt, welches ein von ihm fotografiertes Motiv zeigt. Bob und wir trinken noch ein Kaffee und essen ein Stück Kuchen. Dabei zeigt er uns Sehenswürdigkeiten, die wir uns auf den Orkneys angucken können. Dann ist die Zeit gekommen, dass auch Bob zurück zur Arbeit muss. Als wir zahlen möchten, sagt er: „No, you are invited.“ Vielen Dank! Zum Abschied überreichen wir noch Ostfriesentee, umarmen uns und hoffen, uns irgendwann wiederzusehen. Bob betont nochmal, dass wir ihn inspiriert haben mehr Fahrrad zu fahren und vielleicht sogar in Deutschland. Wir laden ihn herzlich ein, falls wir wieder zu Hause sind und bieten ihm jede Hilfe an. Es ist wirklich großartig so tolle Bekanntschaften zu machen und neue Freunde zu finden.

Wir machen uns auf den Weg zum Fähranleger und treffen direkt auf eine weitere Radreisende, Rachel, und zwei Wanderer, Ineke und Isaak. Es werden sich Geschichten und Eindrücke der jeweiligen Zeit erzählt und somit geht die Wartezeit schnell vorüber. Ineke bietet uns an, dass wir uns melden sollen, wenn wir bei ihr in der Nähe sind. Wir sind herzlich eingeladen. Das ist so lieb und nett, danke! Dann ist es soweit und wir dürfen auf die Fähre. Ineke und Isaak verabschiedet sich, da sie einen anderen Eingang nutzen müssen. Rachel und wir fahren zum Auto-Check-in. Dort dürfen wir erstmal an der Seite warten, bis alle Fahrräder nach Aberdeen an Bord sollen. Rachel verabschiedet sich und wir warten noch weitere 10 min, bis alle Leute für Kirkwall an Bord dürfen. Unsere Drahtesel werden gut verstaut und wir gehen hoch auf Deck 6. Auch wenn wir eine andere Fähre haben als auf der Hinfahrt, sind die beiden gleich aufgebaut und wir finden uns schnell zurecht. Wir setzten uns auf die gleichen Plätze wie beim letzten Mal und fangen an Blog zu schreiben. Wir haben uns einiges vorgenommen von Finanzen über Ottifantenseite bis Blog… Doch der Arbeitseifer hat ein schnelles Ende. Die See ist Unruhig und uns geht es schlecht. Insbesondere Kyra muss sich konzentrieren und anstrengen das Essen im Magen zu behalten. Der Blick auf den Bildschirm verschlimmert das ganze nur und somit machen wir die ersten Stunden eigentlich nichts, außer etwas Seekrank zu sein. Als die See ruhiger wird geht es uns schnell besser und wir bekommen richtig Hunger, doch das Restaurant ist leider bereits geschlossen. Also kaufen wir uns im Kiosk Chips  Gummibärchen und ein Sandwich. Alles ist schnell verputzt und die Orkneys nähern sich bereits, als es draußen dunkel wird. Gegen 23 Uhr kommen wir im verregneten Kirkwall an. Es ist wesentlich wärmer als auf den Shetlands und zu beginnen wir schnell bei den ersten Tritten in die Pedale an zu schwitzen. Wir haben uns den nächstbesten Strand rausgesucht und hoffen auf eine baldige Nacht. Zuvor müssen wir uns ein Hügel hoch kämpfen und fahren im Dunkeln hinunter zum Strand. Wir hören die Wellen laut und nah. „Michi, nicht so schnell. Dahinter geht’s runter zum Wasser“, ruft Kyra aus Sorge, dass wir plötzlich im Meer stehen. Es ist so dunkel, dass wir uns trotz Kopflampe schwer orientieren können. Trotzdem ist der Parkplatz für den Strand schnell gefunden und wir bauen unser Zelt im nassen Rasen daneben auf. Gute Nacht!