Tag 154 - (Wild)Schwein gehabt!
Von La Rochelle nach Les Mathes
Ausgeschlafen wachen wir im Hotelzimmer auf und stellen fest, so schlimm war der gestrige Tag gar nicht. Wir haben uns etwas umsonst aufgeregt. Nun wollen wir noch ein paar Dinge nachholen, die wir gestern nicht mehr gemacht haben. Wir waschen unsere Schlafsachen, übertragen die Bilder von unseren Handys und Kameras und waschen die gefundenen Muscheln, in welche wir noch Löcher herein machen möchten, um diese als Erkennungszeichen auf dem Jakobsweg zu tragen. Währenddessen gibt es Frühstück: Brioch mit Marmelade, Maronencreme und Schokoaufstrich. Anschließend putzen wir Zähne, packen die Drahtesel, quetschen uns in den Aufzug und verlassen das Hotel. La Rochelle gefällt uns gut. Durch kleine Gassen an alten Gebäuden lassen wir uns hinunterrollen. Einige Straßen sind besonders voll und belebt, sodass wir schieben müssen. Dann riechen wir eine Bäckerei und folgen unserer Nase, um zwei Croissants zu kaufen. Wir sind weiterhin auf der Suche nach dem besten Croissant Frankreichs. Werden wir es hier finden? Leider nein, aber es schmeckt ganz gut. Es ist auf jeden Fall unter den Top 3!
Wir folgen der Navigation zum Hafen, wo es einen alten U-Boot Bunker aus dem zweiten Weltkrieg gibt. Der Bunker im Vorort La Pallice ist durch zwei Schleusen vor den Gezeiten geschützt. Er hatte Platz für insgesamt 13 U-Boote. Die 3. U-Boot Flottille der deutschen Kriegsmarine war hier untergebracht. Bekannt wurde der Bunker auch durch die Verfilmung Wolfgang Petersens “Das Boot” (nach dem Roman von Lothar-Günther Buchheim) im Jahr 1981. Einige Szenen wurden im Bunker und Hafenbecken gedreht. Heute stehen auf dem Dach Solarmodule, die Strom liefern. Michi wollte diesen sehr gerne sehen, doch als wir daran vorbeifahren, ist er nur aus der Ferne zu betrachten. Neue Industriegebäude wurden davor gebaut und das Gelände ist abgesperrt. Somit fahren wir ohne einen richtigen Blick zu erhaschen wieder zurück in Richtung Innenstadt. Doch bevor wir diese erreichen, führt uns der Weg doch wieder hinaus. Wir folgen eine ganze Weile der Autobahn, bis wir eine kleine Pippi-Pause und Apfelmus-Essen-Pause machen. Zudem essen wir unsere letzten Müsliriegel und sehen dabei in der Ferne die Brücke, die wir gleich zu erklimmen haben. Mit starkem Gegenwind nähern wir uns immer an der Autobahn entlang der Brücke. Doch… Sind auf der Brücke Fahrräder zugelassen? Irgendwie fehlt die Straße, die uns zur Brücke führen sollte und wir sehen etwas, was aussieht wie ein Fahrradverboten Schild. Wir haben nicht viel Zeit zum Nachdenken und entscheiden ganz spontan weiter zur Schwebefähre zu fahren. Wir waren davon ausgegangen, dass diese in der jetzigen Jahreszeit kaum noch fährt, doch in der Nähe sehen wir, wie lange Seile von einer Konstruktion hinunterhängen und sich von einem Ufer zum anderen bewegen. Wenn wir uns beeilen, bekommen wir die Fähre vielleicht noch. Wir treten kräftig in die Pedale und erreichen die Schwebefähre in dem Moment, wo diese anlegt. Wir fragen den Radfahrer vor uns, wo er die Tickets gekauft hat und er zeigt auf ein kleines Häuschen. Kyra stellt Emil ab und joggt zum Häuschen. Zum Glück konnte sie die Tickets mit Karte zahlen, da wir kein Bargeld mehr dabei hatten. Im letzten Moment rollen wir auf die Fähre und dürfen mitfahren. Die Fähre gleitet wie eine Gondel knapp über die Wasseroberfläche und hängt mit starken Stahlseile an der Konstruktion. Wahnsinn! Was für ein Erlebnis.
Als wir auf der anderen Seite ankommen, stellen wir erfreut fest, dass wir nun Rückenwind haben. Wir fahren schnell durch die Stadt und einen langen geraden Weg entlang. Am Ende warten Salinen auf uns. Die Umgebung ist schön und grün. Einige Tiere können wir beobachten, bevor wir eine Brücke über die Seudre passieren. In der Urlaubsstadt Ronce-Les-Bains auf der anderen Seite, ist viel Verkehr. Einige Radfahrer sind unterwegs. Der Weg, welcher auch Eurovelo ist, führt in den Wald. Wir folgen diesem, der uns immer tiefer hinein führt. Judith und Kai, die wir in Dover kennengelernt haben, waren hier auch unterwegs und haben uns all ihre Schlafplätze geschickt. Einen der Schlafplätze wollen wir heute aufsuchen. Wir beeilen uns, da bereits die Sonne langsam unter geht. Als es fast dunkel ist, erreichen wir den Platz. Wie sich später herausstellt, haben die beiden hier aufgrund der hereinbrechenden Dunkelheit zwangshalber gezeltet. Doch dies wissen wir zu dem Zeitpunkt nicht. Wir entdecken an deren Schlafplatz einen kleinen Teich und viele Tierspuren. Dadurch fühlen wir uns unwohl und wollen nicht bleiben. Wir drehen noch einmal um und versuchen es auf der gegenüberliegenden Seite, doch plötzlich sagt Kyra erschrocken: “Wildschwein!” und Michi hört so gerade noch etwas rascheln und sieht etwas wegrennen. Im Wald war ein Wildschwein durch uns aufgeschreckt, welches an einem anderen kleinen Teich am Trinken war. Kyra steht die Sorge ins Gesicht geschrieben. Sie mag keine Wildschweine und dort zelten wo bekanntlich Wildschweine sind, mag sie schon gar nicht. Also setzen wir uns erneut auf Emil und Elias und fahren etwas weiter. Inzwischen ist es fast komplett dunkel, weshalb uns keine Wahl bleibt. Nur circa 2 km weiter fahren wir etwas in den Nadelwald hinein und bauen das Zelt auf. Auch hier können wir Wildschweinspuren entdecken. Aus diesem Grund baut Michi eine kleine Barrikade aus Ästen, damit Kyra sich beruhigt fühlt. Es klappt. Wir verkriechen uns im Zelt und essen sogar noch eine Kleinigkeit. Alle Lebensmittel verstauen wir anschließend gut, damit nichts herumliegt und Tiere anlockt. Als wir Blog schreiben und online stellen wollen, müssen wir erneut feststellen, dass wir kein Internet haben. Aus diesem Grund wird aus dem Vorhaben erneut nichts. Wir schreiben etwas offline weiter und gehen schlafen. Gute Nacht!