
Tag 279 - Traumhafte Küstenstraße
Fahrrad-Weltreise: Punta Campanella nach Salerno
07.03.2025
Nach einer kurzen Nacht wachen wir auf. Der Himmel ist zugezogen, aber es ist trocken und nicht allzukalt. Wir fahren, schieben und tragen unsere Drahtesel den Weg hinauf. Nach einer Weile treffen wir auf einen Mann, der seinen Hang gerade von wuchernden Pflanzen befreit. Als er uns sieht, grüßt er freundlich und geht einen Schritt zur Seite. Er spricht uns auf italienisch an, doch leider verstehen wir ihn nicht so ganz. Er ruft seiner Frau, die oben im Hang steht, etwas zu und kurz darauf kommt sie mit zwei Salatköpfen herunter.


Wir unterhalten uns mit ein paar Brocken Italienisch, Englisch, Händen und Füßen sowie dem Smartphone als Dolmetscher bei schwierigen Passagen bestens. Die beiden haben drei Kinder, der jüngste ist gerade 15, die Tochter liegt dazwischen und der älteste Sohn fliegt Jets in der italienischen Luftwaffe. Stolz zeigt er uns ein Video des Sohnes im Cockpit. Michi ist hellauf begeistert. Wollte er früher doch selbst Jets in Deutschland fliegen. Pascuale und Caroline freuen sich sehr für uns, unsere Reise und besonders, dass wir diese gemeinsam bestreiten. In ihren Flitterwochen waren sie selbst in ganz Italien mit dem Motorrad unterwegs. Sie machen hier sogar Myrtenmarmelade selbst. Wir bewundern erneut den Blick rüber nach Capri. Pascuale erzählt, dass das Nachbarhaus mit kleinerem Grundstück 700.000 € kosten würde. Für später träumen beide von einem B&B, einer Kuh… doch bis dahin wohnen der Polizist der Polizia Penitenziaria und seine Frau am Hang des Vesuvs in di boscoreale Napoli. Doch das wird schon gut gehen. Er steigt in den Hang. Wor nutzen die Zeit, um schnell zwei Teebeutel zu zücken, damit wir wenigstens ein wenig zurückgeben können. Mit Rosmarin und Bohnen kommt er strahlend zurück. Wir nehmen die frischen Kräuter und das Gemüse entgegen und erklären, was es mit dem Tee auf sich hat. Sie bedanken sich und wir reden über unsere Route.



Auf einmal zaubern sie Panini mit eingeladen.hervor hervor und teilen diese mit uns. Wir möchten den guten Käse von gestern beisteuern, aber nein… Den sollen wir an einem anderen Tag essen. Dann verabschieden wir uns. Pascuale holt noch einen Glücksbringer. Eine Karte des Giuseppe Moscati, ein Heiliger, der als Arzt insbesondere den Armen und Sterbenden half. Wir bedanken uns und legen die Karte in die Fronttasche und verabschieden uns. Wir fahren den Wanderweg hinauf und heben die Fahrräder erneut durch die Absperrung. Es passt auf den Millimeter. Dann kommt eine steile Passage über holprige Steine und wir gelangen zurück auf den Asphalt. Oben im Dorf angelangt wartet bereits der ehemalige Barkeeper mit seiner Frau. Wir bestellen zwei Cappuccino und ein kleines Blätterteiggebäck mit Limonencreme. Die Cappuccini schmecken leider nicht gut und sind lauwarm, das Gebäck hingegen schmeckt sehr gut. Danach geht es für uns weiter den Hügel hinauf. Bei strahlendem Sonnenschein erhaschen wir immer wieder Blicke zurück auf den Golf von Neapel und den Vesuv. Doch dann geht es rasant bergab und wir rauschen hinein in die traumhafte Straße entlang der Almalfiküste. Auf halber Höhe entdeckt Michi eine kleine Plattform mit Bänken und einem sagenhaften Blick zu kleinen Inseln und aufs weite Meer. Wir rasten und essen den frischen, knackigen Salat mit Tomaten, Essig, Öl und natürlich frischem Rosmarin. Dazu gibt es etwas von dem geräucherten Käse. Lecker! Wir laden unsere Elektronik mit den Solarpanelen und beobachten ein paar Eidechsen beim Sonnen sowie der etwas groben Balz. Dann wollen wir gerade los, als ein Auto neben uns hält. Es sind Erwin und seine Tochter Jolien aus Belgien. Begeistert betrachtet er die Räder und erkundigt sich ein wenig nach der Tour. Er selbst war Rennrad-Profi und kennt sich entsprechend mit dem Radfahren aus. Nach einem kurzweiligen Gespräch verabschieden wir uns. Doch als wir gerade den Hügel etwas runter sind, dreht Michi noch einmal um. „Vielleicht haben sie ja Interesse an unserem Blog?“, sagt er und radelt den Hügel wieder hinauf. Gerade rechtzeitig erwischt er die beiden noch beim Losfahren. „You cycled all the way up again? You’re crazy!“, sagt Erwin überrascht. Sie machen ein Foto von der Warnweste und unsere Wege trennen sich.



Michi schließt zu Kyra auf und wir rauschen hinab. Wir jagen die herrlich verspielten Kurven an der Steilküste entlang und können uns nicht nur einmal von Kurve zu Kurve zuwinken. Dann überholen uns die beiden hupend und winkend. Wir schlängeln weiter an der Küste entlang und erreichen das malerische Positano. Die strahlenden Häuschen scheinen sich im Hang festzuklammern, so steil sind sie dicht an dicht von oberhalb der Straße, bis hinab zu den Wogen des tiefblauen Meeres gebaut. Voller Freude nehmen wir auch Anstiege, bis auf einmal zwei bekannte Gesichter auf der Straße stehen und sich fotografieren lassen. Erwin und Jolien winken uns.



Er spendiert uns einen Saft am nahen Obststand. Zitrone-Orange, sauer, voller Vitamin C und sooooo lecker! Wir unterhalten uns etwas über das Radfahren, er erzählt, dass er ganz gut durch Stürze und damit verbundene Verletzungen gekommen sei. Ja sogar eine hübsche Tochter hat noch geklappt. Keine Selbstverständlichkeit im professionellen Radrennsport. Er möchte noch eine 3-stündige Wanderung in Amalfi unternehmen und somit machen sich die beiden erneut auf. Wir bedanken uns für alles und folgen Ihnen langsam nach. Über Praiano und Conca dei Marini erreichen wir schließlich Amalfi. Der Ort ist bereits gut mit Touristen gefüllt und wir rauschen mit einem dänischen Campervan vor uns hindurch. Er hat einen Nordkap-Aufkleber auf seinem Wagen. Auch unsere Drahtesel ziert ein mittlerweile gut ausgeblichener Aufkleber vom berühmten Kap in Norwegen. Wir sind gespannt, welche auf unserer Fahrrad-Weltreise noch dazukommen. Atrani, Minori, Maori… jeder Ort hat seinen Charme an den steilen Klippen. In manchen liegen Sitzmöglichkeiten der Hotels direkt unten am Wasser, sodass diese beinahe von den unentwegt gegen die Klippen schlagenden Wellen überspült werden. Weniger kritisch ist eine solche spontane Dusche in den auf selber Höhe liegenden Pools, die in der Nebensaison jedoch zumeist unbefüllt sind. Bei uns beginnt so langsam die Schlafplatzsuche. Allerdings sind die Bedingungen denkbar schlecht. Steile Hänge zur linken und rechten Seite der Straße, einzig unterbrochen durch die kleinen Örtchen. Alle Campingplätze entlang der Strecke sind geschlossen… Wir fragen einen Motorradfahrer. Er überlegt, weiß aber auch nicht weiter. Wir bedanken uns und versuchen es noch ein paar Kilometer, während Salerno näher und näher rückt. Schlussendlich hilft es nichts… Wir müssen ein Zimmer nehmen. Erstaunlicherweise sind diese relativ preiswert und Kyra telefoniert kurz mit einem B&B. Die Entscheidung steht fest. Wir nehmen es. Dann rollen wir in die Dämmerung der Stadt entgegen. In Windeseile geht es den Hang hinab über die Panoramastraße auf eine Bundesstraße. Überall stehen Schilder, die das Radfahren verbieten und die Autobahn ausweisen. Einen kurzen Moment denken wir, dass wir nicht weiterkommen, falsch sind und jeden Moment im rasenden Verkehr der Autobahn landen. Doch es geht alles gut. Die Bundesstraße wird zur Nebenstraße und schon sind wir in den engen Gassen der Stadt, eingereiht in zahllose rote Rückleuchten. Noch eine Kurve und unser unscheinbares B&B liegt vor uns. Wir klingeln, die Tür geht auf und wir manövrieren unsere Räder hindurch und die Treppen hinauf. Erschöpft fallen wir ins Bett. Gute Nacht!



