
Tag 281 - Dem Starkregen entkommen
Fahrrad-Weltreise: Pontirossi nach San Severino
09.03.2025
Das Rauschen des Baches neben uns weckt uns gegen 7 Uhr. Zahlreiche Vögel zwitschern und kündigen den Sonnenaufgang an. Ansonsten ist es still, sehr still. Ein perfekter natürlicher Klang, um zu erwachen. Doch wir sind noch müde und müssen uns motivieren aufzustehen. Also gibt es erstmal Frühstück. Müsli mit reichlich Milch, seit Monaten unser Begleiter am Morgen. Dabei entdecken wir, dass unser Zelt fast zur Tropfsteinhöhle geworden ist. Durch den Bach ist die Luftfeuchtigkeit so hoch, dass unser Außenzelt von innen komplett nass ist. Durch die neue Imprägnierung von außen perlt das Wasser dort super ab, aber von innen zieht sich der Stoff weiter mit Wasser voll. Da müssen wir uns noch eine Lösung einfallen lassen. Aber nun geht es los. Wir rollen mit den Rädern zur Straße zurück und klettern um den Schlagbaum. Anschließend lassen wir uns zunächst halbwegs entspannt rollen. Es geht soweit flach daher und der Küste entgegen. Wir machen zwei kurze Pausen zum Kette ölen und einkaufen, dann geht es weiter. Obwohl wir die Küste erreichen, sehen wir sie nicht. Häuser, Bäume und sonstiges versperren die Sicht, zudem geht es für uns nun wieder bergauf. Michi, der plötzlich leicht Nasenbluten bekommt, kündigt eine kurze Pause an. Wir finden einen Parkplatz bei einem Friedhof, auf halber Höhe. Da heute Sonntag ist, ist ordentlich was los. Zahlreiche italienische Familien fahren den Hügel hinauf, kaufen Blumen und gehen auf den Friedhof. Auf dem Rückweg winken uns alle freundlich, während wir Brote naschen. Da es in der Sonne bereits ziemlich warm ist und wir von der anstrengenden Auffahrt durchgeschwitzt sind, wird uns im Schatten plötzlich ziemlich kalt. Also lieber schnell wieder aufs Rad und kräftig treten, dann wird einem warm.



Und tatsächlich, keine 5 Meter später ist uns nicht mehr kalt. Ganz im Gegenteil, der Schweiß läuft uns hinunter, doch wir haben es geschafft. Oben angekommen, fahren wir durch die Stadt Asces und lassen uns anschließend in die Tiefe rollen. Beim Genießen der Abfahrt sehen wir bereits die Straßen, die auf der anderen Seite der Schlucht erneut hoch führen. Eine Brücke führt uns auf die andere Seite, direkt geht es hinauf. Zunächst noch angenehm, dann erneut leicht runter und plötzlich… “Was ist das?” staunt Kyra laut. Wir steuern auf eine Wand zu. Das Schild zeigt 12 %, doch das ist eindeutig mehr. Michi muss sich vorne zusammenreißen, nicht zu lachen, denn nun geht es hoch. Wir schätzen auf 30 %, wenn nicht mehr. Sofort müssen wir im Stehen fahren. Mit aller Kraft versuchen wir die Pedale runter zu treten… Es geht nur langsam voran… Zentimeter für Zentimeter kämpfen wir. Dann ist die Hälfte geschafft und der Weg ist kurz eben, doch danach geht es noch steiler hinauf. Zuerst steigt Kyra von Emil ab und dann Michi von Elias. Es ist einfach zu steil und das mag schon was heißen… Wir fahren Steigungen zwar nicht schnell hoch, aber mittlerweile schaffen wir doch einige Prozente. Selbst das Schieben ist hier eine Qual. Michi bekommt Elias noch so gerade alleine hoch, doch dann kommt er Kyra zur Hilfe. Als wir oben stehen, sehen wir die Umgebung. Wahnsinn!



Der Blick ist einfach unglaublich. Hinter uns liegt das blaue Meer. Es leuchtet richtig und der ebenfalls blaue Himmel strahlt darüber. Wow! Einfach unglaublich. Wir machen ein paar Fotos, bevor wir weiterfahren. Nun bleibt es zum Glück erstmal flach. Es geht nur minimal immer im Wechsel hoch und runter, doch niemals so, dass wir ins Schwitzen kommen. Nach zahlreichen Kurven sehen wir die Stadt Pisciotta. Sie thront hoch auf den Klippen und an den Häuserwänden geht es steil direkt hinunter zum Meer. Es sieht atemberaubend aus. Unser Weg führt uns genau auf die Stadt zu und wir fahren einmal hindurch. Danach geht es weiter hinauf, doch auf einem Parkplatz in der Kurve sehen wir einen deutschen Camper mit dem Kennzeichen “SE”. Wir rufen entgegen “Einen schönen Tag!” und der Mann erwidert: „Wäre es gemein euch das auch zu wünschen?”, da wir gerade angestrengt den Hügel hinauf fahren. “Es hat uns ja niemand gezwungen”, lacht Michi und Kyra ergänzt ebenfalls lachend: “Noch nicht!”. Wir bleiben kurz stehen und es entwickelt sich ein nettes Gespräch. Die beiden scheinen im Winter häufiger im warmen Süden zu sein, sie genießen das Wetter mit kleinen Fahrradtouren und Spaziergängen. An Deutschland vermissen sie nicht, dass so viele immer nur meckern, wie schlecht es ihnen geht. Sie selbst haben durchs reisen eher gemerkt, wie gut es uns in Deutschland geht. Was für einen hohen Standard wir haben, an Straßen, Häusern und Jobs. Wir können zustimmen, denn auch uns ging es immer gut. Wir reden noch kurz über den Müll und über unsere bisherigen Reiserouten. Dann wird es auch schon wieder Zeit sich zu verabschieden. Die beiden fahren nun weiter in den Norden und wir wünschen Ihnen besseres Wetter als angesagt, denn ab Morgen soll es richtig schlecht werden. Insbesondere hier und weiter nördlicher, weshalb wir uns gestern spontan für den Süden und nicht Osten entschieden hatten. “Noch 20 km bis zu dem möglichen Schlafplatz, den du gefunden hast”, sagt Michi und führt fort: “das sollte gut zu schaffen sein.” Wir winken den beiden zum Abschied und fahren weiter die Steigung hinauf.



Doch zu unserem Überraschen sind wir bereits nach wenigen Metern oben. Es geht nun rasant hinab. Wir lassen uns treiben und genießen die Abfahrt. Es ist eine so angenehme Steigung hinab, dass wir kaum bremsen müssen. Wir fahren durch die touristische Region bei Caprioli und können den ein oder anderen schönen Blick aufs Meer erhaschen. Kurz hinter Palinuro biegen wir ab und die Straße führt uns wunderschön ins Landesinnere. Wir folgen dem Fiume Mingardo, einem glasklaren breiten Bach. Er ist so kalt, dass er in seine Umgebung Kälte abgibt. Im Sommer bestimmt eine willkommene Abkühlung. Er hat eine Schlucht in die Berge geformt, der wir nun folgen. Die Schlucht wird immer enger und zahlreiche kurze Tunnel führen uns durch den Berg. Vor uns entdecken wir bereits hohe Berge, deren Spitzen noch mit Schnee bedeckt sind. Dann sind wir plötzlich da. Neben der Straße ist eine kleine Haltebucht, von der ein Weg mit vereinzelten Stufen hinunter zum Bach führt. Wir schieben die Esel hinunter und machen uns dabei bereits Gedanken, wie wir sie morgen wieder hoch kriegen sollen. Dann kochen wir Nudeln und genießen die Ruhe. Muchi zaubert zudem aus den zerbrochenen Zwieback, Butter, Erdnussbutter, Kakao, Bananen und Zucker einen leckeren Nacjtisch. Trotz zahlreicher Wildschweinspuren hoffen wir auf einen ruhigen Abend und bauen als es bereits dunkel wird, das Zelt auf. Die alte Eisenbahnbrücke über uns wird dabei schön angeleuchtet. Hoffentlich sieht uns keiner… Gute Nacht!



