
Tag 311 - Trulli
Fahrrad-Weltreise: Gioia del Colle nach Brindisi
08.04.2025
Die Sonne steigt langsam über den Horizont und taucht alles in ihr goldgelbes Licht. Doch vermag sie es nicht die Luft zu erwärmen. So weht uns beim Öffnen des Zeltes ein eisiger Wind entgegen. Das Thermometer zeigt 3,8 °C. “Brrrr”, macht Kyra als sie gerade die Zeltstangen zusammenklappt. Wir bepacken, wie sooft auf unserer Fahrrad-Weltreise unsere Drahtesel “Emil” und “Elias”, schwingen uns auf sie und radeln unter dem blauen Himmel auf dem Schotterweg vorbei an einem alten Trullo zurück zur asphaltierten Straße. Ein Hund bellt uns von hinter der hüfthohen Steinmauer an, um seine Schafe zu verteidigen. Wir radeln schnell weiter und vergraben unsere Hände in den Handschuhen. Es ist wahrlich Handschuhwetter. Fröstelnd rauschen wir zwischen alten Steinmauern an grünen Wiesen und Blumen vorbei.



Dann gelangen wir auf eine alte Bahntrasse. Wir lieben alte Bahnstrecken, denn meist sind sie gut ausgebaut, weitgehend flach und ziemlich direkt, ohne dabei den Charme eines Fahrradweges inmitten der Natur zu verlieren. Doch bereits nach wenigen hundert Metern ist Schluss… eine Schranke versperrt uns den Weg. Leider ist der Radweg noch nicht fertig oder marode. Ganz genau verstehen wir es auch nicht. Somit verlassen wir notgedrungen den schönen Weg zwischen Feldern und geben uns ganz dem Charme einer Bundesstraße hin. Autos rasen an uns vorbei und manche würden uns am Liebsten auf den vermeintlich perfekten Bahndamm hupen. Auch wir wären gerne dort, doch leider ist er wahlweise mit Bauzäunen und Metallschranken versperrt. Wir folgen weiter der Bundesstraße durch kleine Örtchen und immer wieder an alten und schön hergerichteten Trulli vorbei.



Über kleine Nebenstraßen erreichen wir eine ganz weiße Stadt. Es duftet nach Pfannkuchen, doch wir widerstehen der Verlockung und rollen weiter.






Wenig später erreichen wir… Alberobello und sind vollauf begeistert. Etliche Trulli drängen sich dicht an dicht, säumen den ganzen Hang zur linken und zur rechten. Manche Dächer zieren zudem Schutzzeichen, die auf magische Weise die Häuser schützen sollten. Vom großen Platz schlendern wir eine Gasse hinauf, um einen Überblick zu erhaschen. Tatsächlich gelingt es uns und wir sehen durch ein Tor eine Treppe hinab auf zahlreiche Trulli-Dächer. Eine Leichtigkeit liegt in der Luft und wir radeln weiter durch kleine Gassen und bestaunen die hübschen Häuschen, verweilen noch etwas im Sonnenschein. Wir saugen den Moment ein und dann geht es hinaus aus der Stadt und hinein in die Natur. Auch hier treffen wir immer wieder auf sehr hübsch renovierte Trulli sowie ursprünglich belassenen, die meist ungenutzt vom Wetter gezeichnet und der Natur zurückerobert werden.



Wir gleiten durch die Landschaft in die nächste Kleinstadt. Über Kopfsteinpflaster ruckeln wir durch die italienischen Gässchen, Wäsche baumelt über uns auf den Leinen, Roller pesen an uns vorbei und die Kirche läutet den Abend ein. Unverhofft geht es bergab und vor uns liegt eine Landschaft aus Olivenhainen, Sträuchern und… „Da ist das Meer!“, ruft Michi freudig. „Juhuuu“, jauchzt Kyra und wir rasen hinab, der Küste entgegen. Auf einer kleinen Straße fahren wir parallel zur Autobahn an der Küste entlang. Links liegt ein großes Naturschutzgebiet. Nach diesem beginnt die Schlafplatzsuche. Doch alles ist zu einsehbar oder der Strand ist abgesperrt und die z.T. vor Jahren verlassenen Stranhotels, Bars sowie Clubs und Parkplätze sind uns doch etwas zu gruselig. Nach einer Weile stoßen wir auf eine kleine Buschreihe, hinter der scheinbar auch manchmal Camper stehen. Die großen Warnschilder zur abbrechenden Küste ignorieren wir halb. Ein kleiner Weg führt tiefer hinab zu den Klippen über dem Meer. Zur Sicherheit erkunden wir ein wenig die Umgebung. Der sandige Boden gibt bestimmt dann und wann bei Regen nach und… Müll ist ein Problem, sogar hier an entlegenen absturzgefährdeten Brücken findet sich alle mögliche an häuslichem Unrat. Wir entscheiden uns dennoch zu bleiben. Zudem gibt es heute noch selbstgemachte Pizza vom Campingkocher. Schnell sind die Zutaten vermischt, geknetet, gegangen, geschnitten, garniert und in der Pfanne. Buon Appetito! Es schmeckt uns köstlich und die Sonne macht dem Mond Platz. Rasant fällt die Temperatur und wir fallen ins Bett. Morgen heißt es Ciao Italia, doch nun erstenmal Buona Notte!


