Tag 317 - Glühwürmchen an der Grenze

Fahrrad-Weltreise: Saranda nach Alekos

14.04.2025

Lesedauer ca. 6 min

„Quaaaark“, „quark“ macht es draußen um unser Zelt. Am frühen Morgen sind die Enten bereits gut aktiv, doch das ist uns wesentlich lieber als Hunde um unser Zelt zu haben. Wir machen kurz die Augen auf und schließen sie direkt wieder. Noch ist es dunkel und wir können noch ein bisschen weiter schlafen. Erst als bereits die ersten Sonnenstrahlen unser Zelt berühren, stehen wir langsam auf. In der Nacht hatte es leicht geregnet, doch zum Glück ist unser Zelt bereits wieder fast vollständig getrocknet. Michi springt sofort unter die Dusche und Kyra baut währenddessen ab. Unsere deutschen Nachbarn mit Wohnmobil bringen uns netterweise kochendes Wasser raus. Perfekt, denn wir haben kaum noch Benzin. Als Sparfüchse möchten wir erst in Griechenland unsere Flaschen voll tanken, denn dort sind die Preise etwas günstiger, als sie hier in Albanien sind oder in Italien waren. Während wir unseren Tee trinken, meldet sich Thierry, dass er gegen 9 Uhr am Campingplatz sein wird. Es ist genau in diesem Zeitpunkt eine Minute nach 9 Uhr und wir schreiben ihm, dass wir soweit startklar sind. Kurz darauf, kommt er die Straße hinunter gerollt. Unsere spanischen, niederländischen und deutschen Nachbarn vom Campingplatz sind bis dahin bereits verschwunden und neben uns steht nur noch ein Wohnwagen auf dem Platz. Zu diesem gehört ein großer wuscheliger Hund, den wir nach kurzem Gespräch und Fragen gründlich kraulen. Dann verabschieden wir uns von der Inhaberin und machen uns gemeinsam auf den Weg. Das erste Ziel für heute ist, einen Supermarkt zu finden und anschließend irgendwo, wo es schön ist, eine Pause zum Frühstücken einzulegen. Ein Supermarkt ist schnell gefunden und wir zahlen in Bar, damit wir unser albanisches Geld los werden. Nun sind wir wieder gut ausgestattet für den heutigen Tag. Entspannt fahren wir zu dritt die Küste entlang und halten nach einem Ort zum Frühstücken Ausschau, doch die Straße führt sanft einen Hügel hinauf und somit befindet sich neben dieser kein Platz zum Anhalten. Kurz überlegen wir, ob wir hier frühstücken sollen, doch Thierry war hier bereits einmal und weiß, dass wir wahrscheinlich nur noch im nächsten Ort (Ksamil) die Möglichkeit haben, in ein Restaurant zu gehen. Dies würden wir unheimlich gerne machen. Nicht nur, um unser Bargeld vor der Grenze auszugeben (wir haben nur circa umgerechnet 10 €), sondern auch viel mehr, um die albanische Küche kennenzulernen. Die letzte Möglichkeit liegt nun jedoch nur noch 20 min entfernt. Somit entscheiden wir ganz spontan zu dritt, das Frühstück ausfallen zu lassen und gleich nach einem Restaurant fürs Mittagessen zu suchen. Direkt am Eingang der Stadt finden wir etwas.

Es gibt Salat und Fisch, dazu Wasser, als Nachtisch Feigen und wir probieren Raki. Alles zusammen für 10 € pro Person. Unglaublich! Der Fisch haut uns beide komplett um. Er schmeckt so großartig, dass Kyra mit Vergnügen feststellt, dass es der beste Fisch ist, den sie je gegessen hat. Zudem ist der Besitzer herzlich nett. Er ist immer ein halbes Jahr in Griechenland und das andere in Albanien. Aus Albanien kommt er gebürtig. Den Raki hat er selbst gemacht, aus Weintrauben. Als wir zahlen wollen, gibt er uns plötzlich mehr Wechselgeld wieder, als er müsste und sagt “is okay”. Scheinbar hat er kein passendes Wechselgeld, da er uns nach Kleingeld anfragt. Doch da es sich um unseren und Thierrys letzten Schein handelt, können wir leider nicht aushelfen. Als wir die Situation verstehen, runden wir jedoch mit Trinkgeld auf. Somit sind wir alle zufrieden. Was für eine schöne, spontane Idee, hier essen zu gehen! Nun wird es jedoch Zeit weiterzufahren.

Wir haben bisher kaum Kilometer gemacht und wollen heute auf jeden Fall noch über die Grenze nach Griechenland. Unser Weg führt uns weiter die Straße entlang. Es geht leicht berauf und ab, jedoch nie steil. Schließlich gelangen wir an den Nationalpark “Parku Kombetar i Butrintit”. Hierbei handelt es sich um eine Ausgrabungsstätte mit griechischen, römischen und mittelalterlichen Überresten von Butrint. Wir werfen jedoch nur im Vorbeifahren ein Blick drauf und nehmen direkt die kleine Fähre, die eine Pünkte ist, auf die andere Flussseite. Die Überfahrt kostet 2 € pro Person mit Rad. Nun ist es bis zur Grenze nicht mehr weit, doch Elias macht auf den letzten Metern Probleme. Seine Hinterradnabe quietscht. Nicht, dass diese kaputt geht? Michi zieht das Laufrad etwas fester und wir fahren weiter. Zu dritt strampeln wir uns den letzten Hügel auf albanischer Seite hinauf und erreichen schließlich die Grenze.

In dem Moment, wo wir die Passkontrolle noch auf albanischem Grund erreichen, beginnt es leicht zu regnen. Passend zu Thierrys Stimmung, der nach fast 3 Monaten Albanien unglaublich traurig ist, dieses wunderschöne, herzliche, gastfreundschaftliche Land verlassen zu müssen. Er wäre gerne noch länger geblieben, auch um sein Knie zu schonen, doch ein Aufenthalt ist für EU-Bürger*innen “nur” 90 Tage Visumfrei möglich. Ein Auto nach dem Anderen fährt zum kleinen Häuschen vor und rollt durch die Passkontrolle, doch das Auto neben uns bleibt etwas verwirrt stehen. Der Mann hinterm Steuer möchte uns vor lassen. Wir winken ihm zu, dass er fahren kann, doch… Er steht noch immer und winkt uns vor. War er nicht zuerst da? Lächelnd lässt er die Scheibe runter und Kyra erklärt ihm: “We only stood next to you so we could stand under the canopy because it was raining. We didn’t want to push in front of you.” Der Fahrer muss lachen: “Oh! And now, out of courtesy, I wanted to let you go first, since you have a more strenuous route by bike.” Wir winken ihm ein letztes Mal als Zeichen, dass er vorfahren darf und schwupps fährt er vor uns durch die Kontrolle. Zum Abschied winken wir uns noch einmal lächelnd zu. Nachdem sich noch eine Frau vor uns gedrängelt hat, erreichen auch wir die Passkontrolle und dürfen das Land verlassen.

Am Länderschild von Griechenland machen wir noch schnell ein paar Fotos und sehen bereits die große EU-Flagge vor uns flattern. Ein letztes Mal reisen wir in die EU ein! Wir können es noch kaum glauben, dass wir nun bereits hier stehen. In Griechenland! In unserem letzten EU-Land! Wir freuen uns auf all das, was noch vor uns liegt, doch müssen wir auch bereits jetzt an den Abschied von all dem Bekannten denken. Nicht nur von der Währung, sondern auch, von gemeinsamen Regeln und einer doch uns verbindenden Kultur innerhalb von Europa und insbesondere innerhalb der Europäischen Union. Aber nun, liegt Griechenland erstmal vor uns. Wir fahren an der großen Flagge vorbei und passieren die griechische Passkontrolle. Auf griechischer Seite angekommen springt Kyra schnell auf Toilette und wir naschen ein paar Brote. Dabei beobachten wir einen griechischen Abschlepper. Dieser fährt rasant mit einem albanischen Auto hinten drauf an die Grenze, lässt das albanische Auto runter und fährt dieses auf einen albanischen Abschlepper, der sich in Richtung Albanien auf den Weg macht. Etwas schmunzelnd raten wir, aus welchem Grund dies so gemacht wird, denn das Auto schien fahrtüchtig zu sein. Wir werden es wahrscheinlich nicht herausfinden und somit konzentrieren wir drei uns nun auf die Traumhafte Abfahrt von der Grenze hinunter zum Meer. Wir erhaschen viele wunderschöne Ausblicke auf die Insel Korfu, den felsigen Berg und das kristallklare Meer. Als wir unten angelangen, sehen wir einige Wohmobile direkt am Strand stehen. Ist das vielleicht schon der perfekte Spot für heute Abend? Ein schneller Blick auf Google Maps zeit, bis Igoumenitsa ist es noch ein Stück und ab hier wird die Schlafplatzsuche schwer, denn die weitere Strecke ist von viel Landwirtschaft geprägt. Somit entscheiden wir uns spontan zu dritt, hier zu bleiben und uns zu den Campern am Strand zu stellen. Bevor wir unsere Zelte aufschlagen, haben wir noch ein nettes Gespräch mit einem Ehepaar aus Nordhorn und ihrem Hund Flo. Zum Abschied bekommen wir von ihnen Schokolade Geschenkt und den Tipp, dass wir doch eine Kurve weiter zelten können, denn dort sollen wir komplett für uns sein. Wir bedanken uns und nehmen den Tipp dankend an. Ein paar Schritte weiter finden wir eine super Rasenfläche zum Aufbau der Zelte. Während wir noch gemeinsam kochen und die Sonne langsam hinter Korfu untergeht, sehen wir kleine helle Punkte durch die Luft fliegen. Glühwürmchen! Aber nicht nur eins oder zwei, wir sehen hunderte kleine helle Lichter fliegen. Was für eine Überraschung und was für ein traumhafter erster Abend in Griechenland. Ganz verzaubert, satt und müde machen wir uns auf den Weg ins Zelt und schlafen schnell mit zahlreichen Eindrücken ein. Gute Nacht!